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Zwei Experten wagen Vorschau auf das Jahr 2041
Mit einer umfangreichen Schrift wagen der international bekannte Experte für Künstliche Intelligenz (KI) Kai-Fu Lee und der mehrfach prämierte Science-Fiction-Autor Qiufan Chen einen visionären Ausblick auf die Welt im Jahr 2041. KI, verstanden als intelligente Soft- und Hardware, die in der Lage ist, Aufgaben zu erfüllen und Entscheidungen zu treffen, die normalerweise menschliche Intelligenz erfordern, wird das Leben künftig stark prägen. Kai-Fu Lee ist ein an der amerikanischen Carnegie Mellon University promovierter bekannter KI-Protagonist, der in leitender Funktion für Microsoft und Apple arbeitete und als Manager Googles Chinageschäft maßgeblich mit aufbaute. Heute lebt er als KI-Wagniskapital-Unternehmer in Peking und hat insofern zweifellos auch ein großes Eigeninteresse an der Durchdringung von Wirtschaft und Gesellschaft mit solchen Technologien. Der zweite Autor Qiufan Chen arbeitete in China für Baidu und Google und ist in der Zwischenzeit zu einem sehr bekannten Science-Fiction-Autor avanciert. Das sich perfekt ergänzende Duo hat die Zeit des rigorosen Lockdowns in China genutzt, um ein originelles und inspirierendes Buch über den von ihnen erwarteten weiteren Siegeszug der KI-Technologien und die damit verbundenen gravierenden Veränderungen in Wirtschaft und Gesellschaft zu verfassen.
Nach Überzeugung der beiden Autoren wird die intensive KI-Nutzung in immer mehr Lebensbereiche drängen. Der Optimismus der beiden KI-Freaks ist nicht unbegründet, tendieren doch die Grenzkosten der Skalierung von KI gegen null. Es ist - so ihr Mantra - die Schlüsseltechnologie zu einer besseren Welt. KI sei schon in den letzten fünf Jahren zur gefragtesten Technologie der modernen Welt geworden. Die führenden Plattformkonzerne Amazon, Apple, Google, Meta und Microsoft setzen nicht ohne Grund voll auf solche neuen Technologien. Schon heute ist die Technik Bestandteil von sehr vielen Apps.
Gleichwohl ist für die Mehrzahl der Unternehmen festzustellen, dass KI-Forschungsergebnisse bisher nur langsam in praktische Anwendungen umgesetzt wurden. Die meisten Unternehmen sind noch weit entfernt von den großen Umbrüchen, die die beiden Autoren propagieren. Fortschritte gibt es insbesondere in der robotergestützten Prozessautomatisierung. Fachleute zweifeln nicht daran, dass KI-Anwendungen die digitale Transformation stark vorantreiben werden. Das konnte man nicht zuletzt bei der diesjährigen Hannover-Messe hautnah besichtigen.
Die beiden Autoren geben mit ihrem aus dem Englischen weitestgehend gut übersetzten Buch schon einmal einen Ausblick auf das, was nach ihrer Einschätzung mit 80 Prozent Wahrscheinlichkeit in den nächsten zwanzig Jahren geschehen wird. KI-Anwendungen werden Medizin und Bildung revolutionieren. Quantencomputer werden riesige Rechnerkapazitäten bereitstellen. Es werden sich neue Formen der Kommunikation herausbilden: Dabei wird es aber auch zu mehr Konflikten zwischen dem Schutz personenbezogener Daten und Lebenszufriedenheit kommen.
Die beiden technologiegläubigen Autoren wollen in ihrer Schrift die Ingredienzien einer progressiven KI-Agenda anschaulich und substanziell fundiert präsentieren. Sie haben hierfür ein originelles Format gewählt: Qiufan Chen verfasste zehn fiktionale Kurzgeschichten (nicht Science-Fiction!), in denen er die Nutzung von KI fiktiv fortspinnt und die Leser dabei an unterschiedliche Orte der Welt führt. Die zehn Geschichten decken wichtige Lebensbereiche ab. Mal geht es um die (berührungslose!) Liebe, mal um die persönliche Zufriedenheit, aber auch darum, wie die Menschen in der nahen Zukunft lernen werden, sich fortbewegen, Verträge abschließen und arbeiten werden. Die durchweg unterhaltsam zu lesenden Geschichten zeigen auf, was in 20 Jahren möglich ist: So erhalten die Leser ein Zukunftsbild, basierend auf Technologien, die dann - so die Erwartung der Autoren - mit hoher Wahrscheinlichkeit zum Alltag gehören.
Kai-Fu Lee führt für jede der fiktionalen Kurzgeschichten den technologiebasierten Realitätscheck durch. Erfreulicherweise setzt er dabei nicht nur die Brille des Informatikers auf, sondern bezieht auch gesellschaftliche und gesamtwirtschaftliche Aspekte mit ein. Negative Effekte, die Kai-Fu Lee als Externalitäten bezeichnet, spart er nicht aus. Sie lassen sich aber - so seine diskutierbare Meinung - durch Regulierung und staatliche Aufsicht handhaben. Er geht ausführlich auf die zu erwartenden Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt ein, denn KI-Anwendungen werden die Menschen von Routinearbeiten befreien und Arbeitsplätze vernichten. In Anbetracht der rasch voranschreitenden Roboterisierung müssten die Regierungen rechtzeitig flankierende Maßnahmen - etwa Grundeinkommen - ergreifen. Ausgespart wird von Kai-Fu Lee das Verhältnis Individuum und Staat in der neuen Welt. So findet man nicht ganz überraschend nichts über die Nutzung von KI für die Überwachung der Bürger durch den Staat. Indessen werden die neuen Risiken, die KI-getriebene autonome Waffen beinhalten, dargelegt. Dies lässt erschaudern.
Die Lektüre des Buches bietet Inspirationen und Denkanstöße für die Welt von morgen. Die breite Anwendung von KI kann sich als Fluch oder Segen erweisen. Dies hängt entscheidend davon ab, wie die Menschen damit umgehen. Auch wenn man den beiden Autoren eine Prise naiven Fortschrittsglauben attestieren muss, darf man ihre Schrift als Aufforderung verstehen, das Beste aus den Technologien rauszuholen. ROBERT FIETEN
Kai-Fu Lee, Qiufan Chen: KI 2041 - Zehn Zukunftsvisionen. Campus-Verlag, Frankfurt, New York 2022, 534 Seiten, 26 Euro.
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
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