'Kiki dominated the era of Montparnasse more than Queen Victoria ever dominated the Victorian era' ERNEST HEMINGWAY
Though many have never heard her name, Kiki de Montparnasse was the 'it' girl of Paris between the wars. She was a painter, a ground-breaking performer -- whose cabarets and art shows were always sold out -- and a bestselling memoirist. She was also the lover and the muse of a little-known American photographer, Man Ray.
In Kiki Man Ray, Mark Braude explores how this genius of 1920s Paris came to be forgotten. Following Kiki in the years between 1921 and 1929, when she lived and worked with Man Ray in Paris, this is the story of their turbulent love affair and how, while Man Ray went on to become one of the most famous photographers of the twentieth century, Kiki's legacy was lost . . . until now.
Though many have never heard her name, Kiki de Montparnasse was the 'it' girl of Paris between the wars. She was a painter, a ground-breaking performer -- whose cabarets and art shows were always sold out -- and a bestselling memoirist. She was also the lover and the muse of a little-known American photographer, Man Ray.
In Kiki Man Ray, Mark Braude explores how this genius of 1920s Paris came to be forgotten. Following Kiki in the years between 1921 and 1929, when she lived and worked with Man Ray in Paris, this is the story of their turbulent love affair and how, while Man Ray went on to become one of the most famous photographers of the twentieth century, Kiki's legacy was lost . . . until now.
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 22.04.2023Stepptanzprotest auf dem Cafétisch
Ein Reality-Star in surrealistischen Zeiten: Mark Braude beschreibt das Leben der Kiki de Montparnasse und präsentiert sie als souveräne Künstlerin.
Von Maria Wiesner
Wenn man heute von einer Frau hört, die aus ihrem Leben ein öffentliches Kunstwerk macht, denkt man schnell an eine der vielen Influencerinnen. Doch solche Lebensentwürfe gab es schon lange vor dem Internet. So jedenfalls argumentiert der kanadischen Autor Mark Braude in seiner Biographie "Kiki Man Ray", in der er Leben und Wirken der Malermuse, Sängerin und Schauspielerin Kiki de Montparnasse erzählt: "Kiki war ein Reality-Star in surrealistischen Zeiten. Sie hat die Ära nicht beherrscht. Sie hat nach einem ihr genehmen Zeitplan eine eigene Ära erschaffen." Sie tat das im Paris der Zwanzigerjahre, wo sie Künstlern wie Moise Kisling, Tsuguharu Foujita und natürlich Man Ray Model stand und, so Braudes These, einen nicht unwichtigen Anteil daran hatte, dass die dabei entstandenen Bilder noch heute berühmt sind. Auf ihnen blickt die junge Frau mit dem schwarzen Bobschnitt mal melancholisch, mal verführerisch, mal geheimnisvoll den Betrachter an. Kiki faszinierte die Künstler, doch war sie mehr als eine Muse? Braude nimmt für seine Argumentation einen Gedanken der Schriftstellerin Djuna Barnes als Ausgangspunkt, die sagte, ein kühnes Modell könne die Kunstwelt mehr prägen als der Maler selbst. Den Ehrgeiz, genau das zu tun, entwickelte Kiki schon früh. Geboren wurde die spätere "Königin von Montparnasse" 1901 als Alice Ernestine Prin in einem Dorf in Burgund. Sie wuchs in Armut auf. Ihre Mutter hatte das uneheliche Kind bei der Großmutter gelassen, als sie nach Paris ging, um als Drucksetzerin Geld zu verdienen. Im Alter von zwölf Jahren setzte die Großmutter das Mädchen in einen Zug; Kiki hörte erst auf zu weinen, als Paris vor dem Fenster auftauchte. Sie fand schnell Gefallen an der Großstadt, sah hier die Chance, ihr Leben neu zu erfinden. Mit der Mutter brach sie schon kurz darauf und schlug sich mit allerhand Gelegenheitsjobs durch, mit vierzehn stand sie zum ersten Mal einem Bildhauer Modell. Drei Jahre später lernte sie den Maler Maurice Mendjizky kennen, der sie in sein Zimmer im Künstlerviertel Montparnasse einziehen ließ und ihr den Spitznamen "Kiki" gab, unter dem sie in den Pariser Boheme-Kreisen berühmt werden soll. In den Künstlerkneipen suchte sie neue Aufträge, besonders im berühmten Café "Rotonde" wollte sie unbedingt ins Hinterzimmer eingeladen werden, wo die wichtigen Künstler verkehrten, wo Aufträge und Ruhm lockten. Doch der Besitzer des Cafés verwehrte ihr mit Blick auf ihre ärmliche Kleidung den Zutritt. Aus Stoffresten nähte sie sich für den nächsten Besuch eine Bluse und dekorierte einen ausladenden Hut mit buntem Chenillegarn, das Outfit wurde ihre Eintrittskarte. Wenn sie nun als Stammgast das "Rotonde" besuchte, fertigte sie Zeichnungen ihrer Gesprächspartner an. Solche Einzelheiten hebt Braude hervor, um die Frau, die man auf den Bildern der Künstler nur als Objekt sah, zum Subjekt ihrer eigenen Geschichte zu machen. Mit Sinn für Details nimmt er seine Leser mit in das Boheme-Leben, lässt sie an der Seite Kikis in den Cafés auf Autoren wie Ezra Pound und Ernest Hemingway oder Künstler wie Jean Cocteau und den Dada-Mitbegründer Tristan Tzara treffen. Oder er begleitet sie zu Hypnose-Séancen im Apartment des Surrealisten André Breton, in dem die Künstler Inspiration aus ihrem Unbewussten zu ziehen versuchten, dabei jedoch zumeist die Traumata des Ersten Weltkriegs offenbarten, die in ihnen schlummerten. All diese Künstler haben zahlreiche Aufzeichnungen hinterlassen. Braude schöpft aus ihnen, reiht Anekdoten aneinander, die nicht nur etwas über die Frau, sondern immer auch viel über die Zeit erzählen. Eine der einprägsamsten ist das erste Treffen mit Man Ray in einem Café, das Kiki mit einer Freundin besuchte: "Beide traten auf wie französische Gangsterliebchen, mit schmalen Röcken und stark geschminkten Gesichtern. Zudem trugen sie keine Kopfbedeckung, um ihren Kurzhaarschnitt zur Schau zu stellen, in jener Zeit eine Provokation, fast schon eine Revolution." Der Wirt lehnte es ab, sie zu bedienen, ohne Kopfbedeckung halte man sie für Prostituierte, so seine Begründung. Kiki beschimpfte den Lokalbesitzer, kletterte auf den Tisch, vollführte einen Stepptanz und lachte ihn aus. Dann rief sie die Gäste zum Boykott der Bar auf. Der Tumult legte sich erst, als die russische Künstlerin Marie Vassilieff die beiden Frauen an ihren Tisch am anderen Ende des Lokals einlud, an dem eben auch der Amerikaner Man Ray saß. Er war von dieser jungen Frau, die sich nicht einschüchtern ließ, sofort angetan, doch blieb er schweigsam. Braude interpretiert das als Zeichen der Sprachbarriere, Man Rays Französisch sei damals dürftig gewesen. Kiki hielt den wortkargen Künstler für geheimnisvoll, und schon bald sollte sie bei ihm einziehen. Bei allen Bemühungen, Kiki als eigenständige Künstlerin darzustellen, bekommt Man Ray, auf dessen Bildern Kiki am hellsten strahlt, nicht weniger Platz in diesem Buch. Braude zeichnet die Lebenswege des Künstlerpaares parallel nach, blickt also auch ausführlich auf die Kindheit Man Rays, auf seine ersten Malversuche in New York, auf Begegnungen mit Marcel Duchamp und die Reise nach Frankreich. Die Beziehung blieb aber nicht ohne Drama. Eifersucht und Neid auf ihre Erfolge findet der Autor in Man Rays Memoiren. Die Schwierigkeit, auseinanderzudividieren, wer in diesem engen Verhältnis wen beeinflusste, thematisiert der Autor ebenso wie die Lücken, vor die ihn die Quellenlage mitunter stellt. Zwar haben sowohl Man Ray als auch Kiki ihre Erinnerungen in Büchern veröffentlicht, doch zugleich sparen sie bewusst so manches private Detail aus. Braude behilft sich mit Ehrlichkeit ("Was hatte Man Ray an? Wir wissen es nicht") und gleicht mit anderen Fakten aus (im Falle der Kleidung nennt er sogar Kragenweite und Ärmellänge der Künstlergarderobe). Mitunter malt er so vor allem das Bild einer Ära und verliert im weiten Fokus die Frau, um die es gehen soll, ein wenig aus dem Blick. Gleichwohl scheint dieses Panorama gemäß seiner These, dass Kiki ihre eigene Ära erschuf, nur folgerichtig. Mark Braude: "Kiki Man Ray". Kunst, Liebe und Rivalität im Paris der 20er Jahre. Insel Verlag, Berlin 2023. 350 S., Abb., geb., 26,- Euro.
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Ein Reality-Star in surrealistischen Zeiten: Mark Braude beschreibt das Leben der Kiki de Montparnasse und präsentiert sie als souveräne Künstlerin.
Von Maria Wiesner
Wenn man heute von einer Frau hört, die aus ihrem Leben ein öffentliches Kunstwerk macht, denkt man schnell an eine der vielen Influencerinnen. Doch solche Lebensentwürfe gab es schon lange vor dem Internet. So jedenfalls argumentiert der kanadischen Autor Mark Braude in seiner Biographie "Kiki Man Ray", in der er Leben und Wirken der Malermuse, Sängerin und Schauspielerin Kiki de Montparnasse erzählt: "Kiki war ein Reality-Star in surrealistischen Zeiten. Sie hat die Ära nicht beherrscht. Sie hat nach einem ihr genehmen Zeitplan eine eigene Ära erschaffen." Sie tat das im Paris der Zwanzigerjahre, wo sie Künstlern wie Moise Kisling, Tsuguharu Foujita und natürlich Man Ray Model stand und, so Braudes These, einen nicht unwichtigen Anteil daran hatte, dass die dabei entstandenen Bilder noch heute berühmt sind. Auf ihnen blickt die junge Frau mit dem schwarzen Bobschnitt mal melancholisch, mal verführerisch, mal geheimnisvoll den Betrachter an. Kiki faszinierte die Künstler, doch war sie mehr als eine Muse? Braude nimmt für seine Argumentation einen Gedanken der Schriftstellerin Djuna Barnes als Ausgangspunkt, die sagte, ein kühnes Modell könne die Kunstwelt mehr prägen als der Maler selbst. Den Ehrgeiz, genau das zu tun, entwickelte Kiki schon früh. Geboren wurde die spätere "Königin von Montparnasse" 1901 als Alice Ernestine Prin in einem Dorf in Burgund. Sie wuchs in Armut auf. Ihre Mutter hatte das uneheliche Kind bei der Großmutter gelassen, als sie nach Paris ging, um als Drucksetzerin Geld zu verdienen. Im Alter von zwölf Jahren setzte die Großmutter das Mädchen in einen Zug; Kiki hörte erst auf zu weinen, als Paris vor dem Fenster auftauchte. Sie fand schnell Gefallen an der Großstadt, sah hier die Chance, ihr Leben neu zu erfinden. Mit der Mutter brach sie schon kurz darauf und schlug sich mit allerhand Gelegenheitsjobs durch, mit vierzehn stand sie zum ersten Mal einem Bildhauer Modell. Drei Jahre später lernte sie den Maler Maurice Mendjizky kennen, der sie in sein Zimmer im Künstlerviertel Montparnasse einziehen ließ und ihr den Spitznamen "Kiki" gab, unter dem sie in den Pariser Boheme-Kreisen berühmt werden soll. In den Künstlerkneipen suchte sie neue Aufträge, besonders im berühmten Café "Rotonde" wollte sie unbedingt ins Hinterzimmer eingeladen werden, wo die wichtigen Künstler verkehrten, wo Aufträge und Ruhm lockten. Doch der Besitzer des Cafés verwehrte ihr mit Blick auf ihre ärmliche Kleidung den Zutritt. Aus Stoffresten nähte sie sich für den nächsten Besuch eine Bluse und dekorierte einen ausladenden Hut mit buntem Chenillegarn, das Outfit wurde ihre Eintrittskarte. Wenn sie nun als Stammgast das "Rotonde" besuchte, fertigte sie Zeichnungen ihrer Gesprächspartner an. Solche Einzelheiten hebt Braude hervor, um die Frau, die man auf den Bildern der Künstler nur als Objekt sah, zum Subjekt ihrer eigenen Geschichte zu machen. Mit Sinn für Details nimmt er seine Leser mit in das Boheme-Leben, lässt sie an der Seite Kikis in den Cafés auf Autoren wie Ezra Pound und Ernest Hemingway oder Künstler wie Jean Cocteau und den Dada-Mitbegründer Tristan Tzara treffen. Oder er begleitet sie zu Hypnose-Séancen im Apartment des Surrealisten André Breton, in dem die Künstler Inspiration aus ihrem Unbewussten zu ziehen versuchten, dabei jedoch zumeist die Traumata des Ersten Weltkriegs offenbarten, die in ihnen schlummerten. All diese Künstler haben zahlreiche Aufzeichnungen hinterlassen. Braude schöpft aus ihnen, reiht Anekdoten aneinander, die nicht nur etwas über die Frau, sondern immer auch viel über die Zeit erzählen. Eine der einprägsamsten ist das erste Treffen mit Man Ray in einem Café, das Kiki mit einer Freundin besuchte: "Beide traten auf wie französische Gangsterliebchen, mit schmalen Röcken und stark geschminkten Gesichtern. Zudem trugen sie keine Kopfbedeckung, um ihren Kurzhaarschnitt zur Schau zu stellen, in jener Zeit eine Provokation, fast schon eine Revolution." Der Wirt lehnte es ab, sie zu bedienen, ohne Kopfbedeckung halte man sie für Prostituierte, so seine Begründung. Kiki beschimpfte den Lokalbesitzer, kletterte auf den Tisch, vollführte einen Stepptanz und lachte ihn aus. Dann rief sie die Gäste zum Boykott der Bar auf. Der Tumult legte sich erst, als die russische Künstlerin Marie Vassilieff die beiden Frauen an ihren Tisch am anderen Ende des Lokals einlud, an dem eben auch der Amerikaner Man Ray saß. Er war von dieser jungen Frau, die sich nicht einschüchtern ließ, sofort angetan, doch blieb er schweigsam. Braude interpretiert das als Zeichen der Sprachbarriere, Man Rays Französisch sei damals dürftig gewesen. Kiki hielt den wortkargen Künstler für geheimnisvoll, und schon bald sollte sie bei ihm einziehen. Bei allen Bemühungen, Kiki als eigenständige Künstlerin darzustellen, bekommt Man Ray, auf dessen Bildern Kiki am hellsten strahlt, nicht weniger Platz in diesem Buch. Braude zeichnet die Lebenswege des Künstlerpaares parallel nach, blickt also auch ausführlich auf die Kindheit Man Rays, auf seine ersten Malversuche in New York, auf Begegnungen mit Marcel Duchamp und die Reise nach Frankreich. Die Beziehung blieb aber nicht ohne Drama. Eifersucht und Neid auf ihre Erfolge findet der Autor in Man Rays Memoiren. Die Schwierigkeit, auseinanderzudividieren, wer in diesem engen Verhältnis wen beeinflusste, thematisiert der Autor ebenso wie die Lücken, vor die ihn die Quellenlage mitunter stellt. Zwar haben sowohl Man Ray als auch Kiki ihre Erinnerungen in Büchern veröffentlicht, doch zugleich sparen sie bewusst so manches private Detail aus. Braude behilft sich mit Ehrlichkeit ("Was hatte Man Ray an? Wir wissen es nicht") und gleicht mit anderen Fakten aus (im Falle der Kleidung nennt er sogar Kragenweite und Ärmellänge der Künstlergarderobe). Mitunter malt er so vor allem das Bild einer Ära und verliert im weiten Fokus die Frau, um die es gehen soll, ein wenig aus dem Blick. Gleichwohl scheint dieses Panorama gemäß seiner These, dass Kiki ihre eigene Ära erschuf, nur folgerichtig. Mark Braude: "Kiki Man Ray". Kunst, Liebe und Rivalität im Paris der 20er Jahre. Insel Verlag, Berlin 2023. 350 S., Abb., geb., 26,- Euro.
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A lively study of [Kiki de Montparnasse] who exemplified [a] cocktail of high spirits and a heedless self-destruction. The Times