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Erstdruck: Berlin (Ernst Rowohlt) 1931.

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Produktbeschreibung
Erstdruck: Berlin (Ernst Rowohlt) 1931.

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Autorenporträt
Joachim Ringelnatz (1883 - 1934) hieß bürgerlich Hans Bötticher und war Schriftsteller, Maler und war ein sehr bekannter und populärer deutscher Lyriker des 20. Jahrhunderts. Das Gymnasium musste er abbrechen und so ging er als Schiffsjunge und Matrose zur See. Später, nach dem Abschluss einer kaufmännischen Lehre, arbeitete er in verschiedenen Berufen, zuletzt als Bibliothekar der gräflichen Familie Yorck von Wartenburg in Schlesien. Zum Ersten Weltkrieg meldete er sich freiwillig und erlebte ihn zunächst als Maat und später als Leutnant zur See und Kommandant eines Minensuchbootes. 1920 erschien sein Gedichtband 'Turngedichte', mit dem der Dichter und Vortragskünstler bekannt wurde. 1923 knüpfte er an diesen Erfolg mit seinem Gedichtband 'Kuttel Daddeldu' an. 1928 erschien 'Als Mariner im Krieg', 1931 dann das 'Kinder-Verwirr-Buch'. Sehr populär wurde Joachim Ringelnatz durch seine unkonventionelle und spielerische Lyrik. Eine Mischung aus Seemannsgarn, Moritaten, sanfter Verzweiflung, Nichtsnutz-Erkenntnissen und bitterer Zeitkritik traf das Lebensgefühl der 1.-Weltkriegs-Generation. Ringelnatz' tiefer Ernst wurde über die spaßigen Dichtungen jedoch vielfach nicht wahrgenommen. Nach der Machtergreifung der Nazis erhielt Ringelnatz 1933 Auftrittsverbot, seine Veröffentlichungen wurden beschlagnahmt und seine Bilder fielen unter die Kategorie 'entartete Kunst'. Schwer an Tuberkulose erkrankt verstarb er verarmt im Jahre 1934 in Berlin.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 07.06.2008

Wie man die Oma verhauen kann

"Dass Onkel Ringelnatz bisweilen / Ein herzbetrunkenes Kind gewesen", wie der Dichter selbst schreibt, das zeigt uns Norman Junge mit seinen Illustrationen zu einem Ringelnatz-Bilderbuch auf die schönste Weise.

Die Preisfrage: Bekommen Sie diesen Band noch? Denn die Auslieferung des Aufbau-Verlags könnte wegen des Insolvenzverfahrens ja irgendwann stocken, wie es schon die Auszahlung an die Autoren tut. Also los, in die Buchhandlungen und kaufen, was noch lieferbar ist von Norman Junges neuem Bilderbuch, auch wenn der Zeichner erst mal auf sein Geld wird warten müssen.

Uns aber nutzt der Kauf sofort. Denn man erwirbt ein Vergnügen. Das wird jeder wissen, der sich an andere Illustrationsbände des siebzigjährigen Künstlers erinnert. An "Fünfter sein" nach dem Gedicht von Ernst Jandl, zu dem Junge auch gleich noch einen zauberhaften Trickfilm produziert hat; diese Erinnerung ist auch noch nach elf Jahren frisch. Oder an Jandls "Immer höher" und "Ottos Mops", an Morgensterns "Schnupfen" oder an Junges Beitrag zum "Geheimen Kinder-Spielbuch" nach Texten von Joachim Ringelnatz. Und Ringelnatz, der liefert auch diesmal die Vorlagen ab: zum "Kinder-Verwirr-Buch". Und diesmal sind alle Zeichnungen von Norman Junge.

Verwirrbuch ist ein guter Name für diese Textauswahl, die überwiegend Gedichte, aber auch einen Nonsens-Rätseltext (in dem man lernt, für welches Wort die Buchstabenfolge "OOOO" steht) und ein Märchen mit dem kapriziösen Titel "Vom andern aus lerne die Welt begreifen" enthält. Nun, kapriziös ist Ringelnatz ganz sicher. Aber auf die beste Weise: indem er uns in seinen zugespitzt-verspielten Formulierungen all die bittersüßen Wahrheiten über das Kinder- und das Erwachsenendasein vorführt.

Dabei gibt es zwei entscheidende Faktoren, die sich strukturell ähneln: die kindliche Neugier und das erwachsene Kontrollbedürfnis (bezeichnenderweise nicht sich selbst, sondern eben den Kindern gegenüber). "Den Unterschied bei Mann und Frau / Sieht man durchs Schlüsselloch genau", dichtet Ringelnatz, und Junge zeichnet dazu ein winziges Mädchen, das auf den Zehenspitzen balanciert, um einen Blick ins golden aufleuchtende Schlüsselloch zu werfen. Dann in furchtbarer Lakonie: "Was du verschweigst, / Was du den andern nicht zeigst, / Was dein Mund spricht / Und deine Hand tut, / Es kommt alles ans Licht. / Sei ohnedies gut." Zu diesem bissigen Moralappell lässt Junge einen riesigen Augapfel über einem schlafenden Kind baumeln.

Aber Ringelnatz hat auch Trost parat: "Kinder, ihr müsst euch mehr zutrauen! / Ihr lasst euch von Erwachsenen belügen / Und schlagen! - Denkt mal: fünf Kinder genügen. / Um eine Großmama zu verhauen." Und Junge zeichnet in blauem Buntstift eine sichtlich geplagte Oma, auf der fünf winzige rote Blagen herumklettern. Aber von Prügeln keine Spur, sie lärmen bloß.

Das ist die Kunst von Norman Junge: dass er Ringelnatz nicht ab-, sondern ausbildet. Das Buch bietet illustrierte Interpretationen zu den Texten. Und wenn auch der Tod, der hier eine große Rolle spielt, nicht direkt dargestellt wird, so ist doch der leere Sessel des Großvaters, auf dem noch Brille und Hut liegen und neben dem zwei Krückstöcke lehnen, eindrucksvoll genug - zumal oben rechts noch ein Rauchkringel verweht. Ist das die Seele oder nur der letzte Rest der großväterlichen Zigarre?

Um Missverständnisse zu vermeiden: Die Texte und Bilder sind eher frech als melancholisch - und kongenial. Kannten wir Ringelnatz bisher so? Nein, kannten wir nicht. Sollten wir aber schleunigst kennenlernen.

ANDREAS PLATTHAUS

Joachim Ringelnatz: "Kinder-Verwirr-Buch". Mit Illustrationen von Norman Junge. Aufbau Verlag, Berlin 2008. 56 S., Abb., geb., 19,95 [Euro]. Ab 8 J.

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