Willi Kraus ist nicht nur ein Kriegsheld, dekoriert mit dem Eisernen Kreusz, sondern auch Berlins bester Ermittler, doch auf Grund seiner jüdischen Abstammung wird er von Kollegen und Vorgesetzten schikaniert und ignoriert. Als in der Kanalisation Knochen von Kindern gefunden werden, wird ihm der
Fall jedoch entzogen und er selbst wird mit einem Fall von verdorbener Wurst mehr oder weniger aufs…mehrWilli Kraus ist nicht nur ein Kriegsheld, dekoriert mit dem Eisernen Kreusz, sondern auch Berlins bester Ermittler, doch auf Grund seiner jüdischen Abstammung wird er von Kollegen und Vorgesetzten schikaniert und ignoriert. Als in der Kanalisation Knochen von Kindern gefunden werden, wird ihm der Fall jedoch entzogen und er selbst wird mit einem Fall von verdorbener Wurst mehr oder weniger aufs Abstellgleis geschoben. Doch Kraus läßt sich von einer einmal aufgenommenen Spur nicht so leicht abbringen, zumal auch sein Fall mit Bakterien verseuchter Wurst im Lauf der Ermittlungen einen Hinweis zu den Kindermorden gibt.
Paul Grossmann ist mit seinem historischen Krimi eine bedrückende Momentaufnahme Berlins vor der Machtübernahme der Nazis gelungen. Auf sehr intensive Weise schildert er an Krauses Werdegang bei der Polizei, wie sich die Situation für die jüdischen Mitbürger recht rapide verschlechterte und wie die Not durch die Wirtschaftskrise, die antijüdische Propaganda der Nazis noch verstärkte. Hier sind Krauses Nachbarn stellvertretend für viele auf der Strecke Gebliebene ein gutes Beispiel. Insgesamt wird hier viel Zeitgeist und eine gute Einsicht in das gesellschaftliche Leben vermittelt, zu einem guten historischen Krimi gehört aber mehr!
So atmosphärisch und überzeugend der historische Hintergrund geschildert wurde, so muß man leider sagen, dass er zu Lasten des Krimifalles geht. Gerade am Anfang liest sich das Buch mehr wie eine Beschreibung des Zeitgeistes der 1930ger Jahre als wie ein Krimi und so gern ich auch ausführliche Beschreibungen von historischen Orten und Plätzen mag, so war es mir hier doch an einigen Stellen etwas arg viel. Paul Grossmann füllt Seiten über Seiten mit Beschreibungen vom Schlachthof und seinen Abläufen und so interessant es auch sein mag, weniger wäre hier mehr gewesen, denn die epischen Beschreibungen gehen deutlich zu Lasten der Spannung und insgesamt fand ich die Ausgewogenheit zwischen Krimifall und der gesellschaftlichen Lage nicht so gut ausgewogen. Zu einem historischen Krimi gehört eben auch der Krimianteil und der rückt leider in den ersten 2 Buchdritteln deutlich in den Hintergrund. Dafür „peppt“ der Autor die Mordserie an den Kindern dann mit immer grauenvolleren und schrecklicheren Details auf und auch hier muß man sich fragen, ob das unbedingt notwendig ist. Immer ekligere Schilderungen vom Schlachthof sorgen für weitere Ekelattacken, dabei hätte sich der Autor besser auf den Spannungsaufbau konzentriert, denn der fehlt über weite Strecken und der gesamte Plot des Krimifalles wirkt einfach überkonstruiert. Zum Ende hin wird es dann doch noch spannend und allein die Dimension des Ganzen erzeugt einen ziemlichen Gruseleffekt.
Leider gibt es noch einen kleinen Kritikpunkt, Paul Grossmann hat es leider wie viele amerikanische Autoren nicht so sehr mit der Detailtreue, was gerade bei einem historischen Krimi ärgerlich ist, dass z.B. Brahms nur 4 Sinfonien geschrieben hat, weiß auch ich als relativ Unkundige in Bezug auf klassische Musik, wenn also Kraus mit seiner Frau im Radio die 7. Sinfonie von Brahms hört, wundert man sich schon. Sicher nur ein kleines Detail, dass man aber wie einige andere hätte vermeiden können.
FaziT: ein stimmiges und bedrückendes Zeitgemälde aus dem Berlin der 1930ger Jahre, allerdings fehlt dem Buch die richtige Ausgewogenheit zwischen historischem Hintergrund, Krimi und einem durchgängigen Spannungsbogen.