Die fetten Jahre? Gibt’s nur in Geschichten. Zumindest für die Ich-Erzählerin. Weder auf dem Land zu Abi-Zeiten noch in der Studi-Großstadt ist das Leben laut, bunt und aufregend. Stattdessen gibt’s nur Apfelschorle in der Kneipe, ruhige WG-Abende, Geburtstagsbrunch statt wilder Reinfeier – und
genau zur einzigen richtig-wichtigen Party einen grippalen Infekt. Soll das so? Vermutlich. Denn das…mehrDie fetten Jahre? Gibt’s nur in Geschichten. Zumindest für die Ich-Erzählerin. Weder auf dem Land zu Abi-Zeiten noch in der Studi-Großstadt ist das Leben laut, bunt und aufregend. Stattdessen gibt’s nur Apfelschorle in der Kneipe, ruhige WG-Abende, Geburtstagsbrunch statt wilder Reinfeier – und genau zur einzigen richtig-wichtigen Party einen grippalen Infekt. Soll das so? Vermutlich. Denn das ist, mit Freddie Mercury-Stimme gesungen, the real life.
Ilona Hartmann war vor Jahren ja eine der gehypten Twitter-Autorinnen. Leider aber auch ein gutes Beispiel, dass launige Tweets nicht auch launige Bücher bedeuten. Ihr Debütroman „Land in Sicht“ war zu bemüht, zu konstruiert und insgesamt eher langweilig. Die gute Nachricht: All das hat sie in „Klarkommen“ abgestreift.
Ihr neues Buch ist authentisch, gut geschrieben, nicht mit berufsjugendlichen Buzzwords vollgeknallt. Der Ton passt ideal zur Geschichte. Kurze, nur wenige Worte oder Zeilen lange Kapitel, eher Gedankenfetzen, wechseln sich mit Erlebnissen der Protagonistin ab. Mein Handy war nach der letzten Seite voller Fotos von Zitaten. Nicht unbedingt pointiert, aber nachfühlbar und selbst erlebt. Ein Beispiel für einen dieser schönen Sätze: „Jedes Mal, wenn wir freiwillig oder zufällig Nachrichten gelesen hatten, beschlich uns das beklemmende Gefühl, dass wir uns mit dem Aufblühen beeilen mussten.“ Übrigens ist das auch das ganze Kapitel mit der passenden Überschrift „Druck“.
Und genau dieses Nachvollziehbare, dieses Echte ist das Alleinstellungsmerkmal von „Klarkommen“: Der Roman ist kein wilder Road-Trip durch Jugend- und Studijahre, keine Dauerparty, kein Coachella-Insta-Life. Keine Realitätsflucht in andere Leben, die so viel bunter, glamouröser und aufregender sind als das einzige. Stattdessen ein Spiegel des eigenen Großwerdens und dadurch auch ein klares „Dein Leben ist in Ordnung, auch wenn du denkst, du verpasst was, denn anderen geht es genau wie dir.“-Statement. Coming-of-Age ist eben mehr Magerkost als Vollfettware, egal was alle behaupten. Und genau das macht Ilona Hartmanns 2024er Buch zu einem ersten Highlight des noch jungen Lesejahres.