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Wer sich rasch und zugleich vom erstrangigen Platonspezialisten über die Werke Platons orientieren möchte, ist mit diesem Band bestens ausgerüstet. Dieses kleine Werklexikon verbindet die konzise Wiedergabe von Inhalt und Stimmung der Werke Platons mit einer ungewöhnlichen Fülle an Detailinformation und Daten. Der lexikalische Teil ist eingebettet in einen Rahmen, der den engeren Entstehungs- und Überlieferungskontext erschließt sowie Verständnishilfen und zusätzliche Nachschlagemöglichkeiten bereitstellt.

Produktbeschreibung
Wer sich rasch und zugleich vom erstrangigen Platonspezialisten über die Werke Platons orientieren möchte, ist mit diesem Band bestens ausgerüstet. Dieses kleine Werklexikon verbindet die konzise Wiedergabe von Inhalt und Stimmung der Werke Platons mit einer ungewöhnlichen Fülle an Detailinformation und Daten. Der lexikalische Teil ist eingebettet in einen Rahmen, der den engeren Entstehungs- und Überlieferungskontext erschließt sowie Verständnishilfen und zusätzliche Nachschlagemöglichkeiten bereitstellt.

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Autorenporträt
Prof. Michael Erler ist Ordinarius für klassische Philologie (Gräzistik) an der Universität Würzburg. Seine Forschungsschwerpunkte sind neben Platon, Platonismus, Epikur und Epikureismus, die griechische Tragödie und die kaiserzeitliche Literatur.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 27.02.2008

Der Dogmatiker war krank
Michael Erler bringt den dialogischen Platon in Lehrbuchform
Der „Ueberweg” ist das deutschsprachige Kompendium der Philosophiegeschichte. Geboren aus der Not des mittellosen Privatdozenten Friedrich Ueberweg, der 1862-66 einen dreibändigen „Grundriß der Geschichte der Philosophie” verfasste, um sich einen Namen zu machen, ist der „Ueberweg” längst ein renommiertes Standardwerk geworden. Die moderne Neubearbeitung macht aus drei Bänden über vierzig; allein die Philosophie der Antike umfasst sechs. 25 Jahre trennen den vorbildlichen Band zu Aristoteles und dessen Schule, herausgegeben von Hellmut Flashar, von der neuen Darstellung Platons.
Betrachtet man den schleppenden Gang der Überarbeitung der Philosophiegeschichte der Antike insgesamt, von der immer noch zwei Bände ausstehen, dann kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass die Abfassung von Handbüchern nicht zu den beliebtesten akademischen Tätigkeiten gehört; Grund dafür ist wohl nicht zuletzt die geringe Bewertung dieser anspruchsvollen Arbeit bei der Deutschen Forschungsgemeinschaft und in Berufungskommissionen. Selbst der gute Handbuchautor sieht sich selten mit Lorbeeren bekränzt; doch macht er seine Arbeit schlecht, ist ihm allenthalben Geringschätzung sicher, da er die Forschung weit zurückwirft. Über dieses Missverhältnis sollte man an entsprechenden Stellen nachdenken.
Seit der letzten (zwölften) Auflage des Ueberweg durch Karl Prächter hat sich der Umfang der Platon-Darstellung um ein Vielfaches vergrößert: waren dies 1926 noch gute 150 Seiten, so benötigt der Würzburger Gräzist Michael Erler nun 900 Seiten, wobei rund 200 Seiten für die 6500 Literaturtitel entfallen, die hier aufgeboten werden.
Der Platon-Band ist etwas Besonderes. Für Ueberweg und Prächter bildete er das Zentrum der antiken Philosophiegeschichte. An Platon haben sich immer wieder die Geister geschieden, Platonfreunde wie -feinde; und heftig tobt gerade in Deutschland der Streit der Freunde um den je „eigenen” Platon. Nun soll ein Grundriss reduzieren, informieren, übersichtlich machen. Weitverzweigte Gelehrtendiskussionen kommen auf den Punkt, und wenn dabei auch noch neue Wege der Forschung aufgezeigt werden können, dürfen Laien und Gelehrte jubeln. Michael Erler bemüht sich bei der Forschungsdiskussion um ein entschiedenes Einerseits-Andererseits; öfters löst sich solche Dissonanz auch im harmonischen Schlussakkord von Erlers eigener Publikation. Platons Philosophie wird aus dem Blickwinkel der Sekundärliteratur betrachtet, was ohne Zweifel den Erfordernissen rascher Information entspricht; der besonderen Denkbewegung Platons jedoch kann damit natürlich kaum nachgegangen werden.
Erler weiß dies. Er schickt daher seiner Doxographie ein Kapitel über Platon als Autor voraus. Denn wie sollen wir über Platons Philosophie eigentlich sprechen? Da ist ein historisch fassbarer Sokrates, der in den Dialogen Platons auftritt. Aus der modernen Literaturwissenschaft wissen wir, dass es eine Stimme, eine Persona ist, die hier zu Wort kommt. Weder darf sie, bei aller Sympathie, die Platon ihr zollt, mit ihm selbst schlicht identifiziert werden, noch darf man Rückschlüsse auf den historischen Sokrates, den Lehrer Platons ziehen. Wenn dieser platonische Sokrates nun auch noch ironisch wird, dann fragt man sich, was wir als fixe Aussage für ein inhaltsbezogenes Kompendium extrahieren dürfen.
Philosoph, Dramaturg, Stilist
Wenn also etwa Timaios, ein fiktiver Philosoph aus Lokri, eine physikalische Theorie der Welt entwirft, die zahlreiche Parallelen zu dem sonst von Platon gänzlich verschwiegenen Demokrit bietet: Akzeptiert damit Platon Aspekte der atomistischen Physik als „wahrscheinliche Rede” oder stellt er sie nur zur Diskussion?
Hier wie auch sonst entzieht sich uns der Autor immer wieder – die eine der beiden einzigen Erwähnungen Platons in seinen Dialogen ist symptomatisch: „Platon, glaube ich, war krank”, sagt Phaidon, als er vom letzten Gespräch des Sokrates im Gefängnis berichtet. Ein Fiktionalitätssignal? Aber wie weit leuchtet so ein Signal? Manches in den Dialogen wirkt geradezu aberwitzig, beispielsweise die These, dass die Kunst deswegen gefährlich sei, weil der Maler weniger Fachwissen habe als der Fachmann: Der Schuster, der die Vorlage von Van Goghs Bild fertigte, wisse also mehr von Schuhen als Van Gogh. Zugegeben – doch wie steht es um die ästhetische Präsenz des Bildes? Kann denn ein Schuster auch so gut Schuhe malen wie Van Gogh? Wir könnten, insistiert Sokrates, von solchen Bildern nichts lernen, weil sie uns ja nur Drittklassiges präsentieren, absteigend von der göttlichen Idee, dem Artefakt bis zum mimetisch dargestellten Gegenstand: Der Seinsgrad nimmt so sehr ab, dass wir schließlich in diesen Schuhen nicht einmal mehr laufen können!
In der Platonliteratur mangelt es zwar nicht an Kritik solcher Positionen, aber an intelligenten Versuchen, die Intention des Autors hinter solchen Spielchen zu rekonstruieren. Wird Platon hier nicht unter Niveau preisgegeben? Die Frage scheint sich Michael Erler nicht zu stellen. A propos Kunst: Erler betont zu Recht das literarische Talent des Philosophen, als Dramaturgen und Stilisten. Damit avancierte Platon als Schriftsteller der „Sokratischen Reden” – einer literarischen Sonderform, inspiriert von den daily talks des Sokrates auf der Athener Agora – zu jenem Könnertum, das alle anderen „Sokratischen Reden” verdrängte. Das macht die Rekonstruktion des unmittelbaren literarischen Umfeldes so schwierig, die uns jedoch bei der Frage nach der Kommunikationsstruktur der Texte weiterhelfen könnte. Die literarische Exzellenz verbindet Platon mit Homer, der bereits in der Antike zum Analogon wurde: Platon, der Homer der Philosophen. Wie sich alle Dichtung immer wieder auf Homer beziehe, sei alles Philosophieren Adnotat zu Platon – Whiteheads berühmtes Diktum verlängert hier nur den zeitlichen Rahmen um weitere 1500 Jahre.
Diese Wirkungsmacht, die Erler allenthalben hervorhebt, macht Platon auch zu einem wichtigen Autor des akademischen Lehrbetriebs. Für diesen stellt dieses Handbuch ein ausgezeichnetes Instrument dar, die Dialoge in ihrem thematisch-formalen Aufbau nachzuvollziehen und Einblicke in die Grundfragen der Platonforschung zu erhalten. Viel Sorgfalt ist auf eine Dokumentation der Quellen gelegt worden, die die Lektüre zwar mitunter schwierig werden lässt, aber dem hochkonzentrierten Lesen den Nachvollzug erleichtert. Die Forschungsliteratur ist gemäß dem Reihenformat thematisch eingeteilt; und bei den heiklen Fragen der Platonforschung wie etwa der sogenannten „Ungeschriebenen Lehre” bemüht sich Erler stets, die Diskussion ausgewogen zu halten.
Was war denn nun die „Lehre”?
Die Beschäftigung mit dieser Ungeschriebenen Lehre hat zu einem neuen Interpretationsparadigma geführt. Alles begann in einem Privatissimum des Tübinger Gräzisten Wolfgang Schadewaldt. Der Philologe Konrad Gaiser und der Philosoph Hans Krämer hielten in ihren Qualifikationsarbeiten die antiken Nachrichten über die Ungeschriebene Lehre neben Platons Dialoge und suchten nach Hinweisen, die auf eine Lehre deuteten, die nicht explizit mitgeteilt würde. Anknüpfungspunkte geben die Kritik an der Schrift im Dialog „Phaidros” und im Siebten Brief, wonach nicht alle philosophischen Inhalte mit jedermann zu untersuchen seien und die Verschriftlichung stets mit der Gefahr des Missverständnisses kämpfe. Hinzu kommen Nachrichten bei Aristoteles und Schülern Platons zur ungeschriebenen Platonischen Prinzipienlehre.
Man traute sich in der „Tübinger Schule”, Platon wieder als Dogmatiker zu sehen. Nun hatte ein dogmatisches Verständnis bereits der Neuplatonismus praktiziert, und in seiner Tradition stand die weitere Interpretationsgeschichte. Friedrich Schleiermacher war es, der Anfang des 19. Jahrhunderts diesem Umgang durch seine Konzentration auf die Form des Dialogs Einhalt gebot.
Erler betont, dass die Tübinger Lesart ihrerseits auf dem von ihr abgelehnten Schleiermacher fuße, da auch sie die Form des Dialoges als wesentlich für die Interpretation der darin mitgeteilten Inhalte ansehe. Allerdings stehe der Dialog nicht mehr als Kunstwerk für sich, sondern verweise auf das Lehrgebäude, das Platon seinem inneren Kreis vorbehalten habe. Im Einzelnen sind praktisch alle von den Tübingern herangezogenen Belege aus den Dialogen strittig und werden auch jetzt noch von den Parteien wie von jungen Hunden hin- und hergezerrt. Hier mahnt der Handbuchautor zur Besonnenheit: Ist die ungeschriebene Prinzipienlehre vielleicht nur ein flüchtiges Modell, das zu verfestigen die Tübinger Gefahr laufen? Zeigt sich in den Dialogen nicht immer wieder die Gefahr des allzu fixen Wissens? Das Wissen und dessen Erwerb müsse in Bewegung gehalten werden!
Das ist nun leichter gesagt als getan angesichts eines gewichtigen Platonbuches, das von der Biographie, über eine detaillierte Werkbeschreibung bis hin zur Darstellung der strittigen Lehre das lebendige Gespräch der Dialogpartner in einen systematischen Aufriss bringt, wie es freilich ein „Grundriss” verlangt. Mutet das nicht wie eine Art Vivisektion an? Eine moderne Dialogtheorie, die dieses Problem angemessen darstellen könnte, scheint Michael Erler nicht so wichtig zu sein. Konnte Hellmut Flashar den Lesern seines Aristoteles-Bandes im Ueberweg noch die kontinuierliche Lektüre von 100 Seiten „Lehre” empfehlen, wird man auf der 200 Seiten langen Straße im entsprechenden Abschnitt des Platon-Bandes wohl nur kürzere Etappen reisen wollen, um beim nächsten Quellenverweis in die unterhaltsame und lebendige Umgebung eines platonischen Dialoges abzuzweigen. Der Handbuchautor wird einem das nicht verübeln, sondern begrüßen, denn kompetent wieder zum Original zu führen, das muss ja sein Anliegen sein. THOMAS SCHIRREN
MICHAEL ERLER: Platon. Grundriss der Geschichte der Philosophie, begründet von Friedrich Ueberweg. Die Philosophie der Antike, Band 2/2. Schwabe Verlag, Basel 2007. 792 Seiten, 112 Euro.
Raphael zeichnete Platon (427 bis 347 v. Chr.) als Buchgelehrten – trotz aller Schriftkritik. Foto: bridgemanart.com
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