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Matthias Heine ermöglicht einen einfachen Zugang zu gebildeter und gehobener Sprache und nimmt uns mit auf eine Kulturgeschichte der Bildungssprache. Wörter wie "Ambiguität", "Chimäre", "eruieren" und "genuin" werden erklärt in ihrer Geschichte, ihren aktuellen Verwendungsweisen und den damit verbundenen Fallen. Was ist problematisch an "Narrativ" und an "Taxonomie" und wann sind "redundant" oder "latent" passend einzusetzen? Dieser Ritt durch die interessantesten Wörter der deutschen Bildungssprache ermöglicht es die eigene Sprache aufzubessern und Spannendes über sie zu erfahren.

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Produktbeschreibung
Matthias Heine ermöglicht einen einfachen Zugang zu gebildeter und gehobener Sprache und nimmt uns mit auf eine Kulturgeschichte der Bildungssprache. Wörter wie "Ambiguität", "Chimäre", "eruieren" und "genuin" werden erklärt in ihrer Geschichte, ihren aktuellen Verwendungsweisen und den damit verbundenen Fallen. Was ist problematisch an "Narrativ" und an "Taxonomie" und wann sind "redundant" oder "latent" passend einzusetzen? Dieser Ritt durch die interessantesten Wörter der deutschen Bildungssprache ermöglicht es die eigene Sprache aufzubessern und Spannendes über sie zu erfahren.

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Autorenporträt
Matthias Heine, 1961 geboren, arbeitet als Journalist in Berlin. Seit 2010 ist er Kulturredakteur der »Welt« . Zuletzt erschien von ihm »Verbrannte Wörter. Wo wir noch so reden wie die Nazis und wo nicht« (2019), »Krass. 500 Jahre deutsche Jugendsprache« (2021) und »Kaputte Wörter? Vom Umgang mit heikler Sprache.« (2022)
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension

Rezensent Paul Jandl liest gern Matthias Heines Wörterbuch, das Ausdrücke versammelt, die für das Bildungsbürgertum typisch sind. Wenn Heine sich mit Worten wie "sibyllinisch" oder "ephemer" beschäftigt, geht es ihm freilich nicht darum, sich über das Bildungsbürgertum lustig zu machen, stellt Jandl klar. Vielmehr zeichne er die Herkunft und Gebrauchsgeschichte, aber auch Nuancen in der Bedeutung der jeweiligen Worte nach. Viele davon entstammen, lernt Jandl, dem Französischen oder Griechischen. Das ist oft sehr lehrreich, freut sich der Rezensent, der auch lernt, dass manche Modewörter, etwa "misogyn", älter sind, als man für gewöhnlich denkt.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 04.05.2024

Hinfort mit den hirnlosen Tintenklecksern
Eigenheiten eines elaborierten Codes: Matthias Heine sondiert den deutschen Bildungswortschatz

Vor sechzig Jahren stellte der Soziologe Basil Bernstein eine sprachliche Zweiteilung fest: Für die kommunikativen Bedürfnisse des Alltags, so sein Befund, verwendeten die Menschen einen "restringierten Code", der mit einem überschaubaren Wortschatz und einfachen grammatischen Strukturen auskam. Für die Subtilitäten abstrakter Gedankengänge hingegen komme ein "elaborierter Code" zum Einsatz, über den die Mittel- und Oberschicht verfüge, nicht aber die - damals noch sogenannte - Arbeiterklasse.

Durch einen Aufsatz im "Kursbuch" gelangten Bernsteins Thesen 1971 nach Deutschland. "Restringiert" und "elaboriert" wurden nun auch im elaborierten Code des linksakademischen Bürgertums deutscher Sprache zu Schlüsselwörtern der Sozialkritik. Das Adjektiv "elaboriert" ist selbst gewissermaßen ein Aufsteiger aus der Arbeiterklasse: Seine Wurzel ist "laborare", lateinisch für 'arbeiten'. Eine intellektuelle Prägung erhielt das Wort in der frühen Neuzeit, als Geistliche ihre Predigten zu "elaborieren" begannen. Seitdem wurde allerdings auch manch ödes "Elaborat" zusammengeschustert. Heute signalisiert das Wort, dass man sich - von der "elaborierten Küche" bis zur "elaborierten Preisformel" - in den Sphären gehobener Komplexität bewegt.

"Elaboriert" ist eines von 160 "klugen Wörtern", deren Geschichten Matthias Heine recherchiert und aufgeschrieben hat. Die Begriffe, die er von "ab ovo" über "idiosynkratisch" und "sardonisch" bis "Zerberus" nebst gelehrt anmutenden Vor- und Nachsilben wie "dis-" oder "-lateral" versammelt hat, gehören zum deutschen "Bildungswortschatz". Der ist, neben einigen grammatischen und stilistischen Merkmalen, das entscheidende Element ebendessen, was einst "elaborierter Code" hieß.

Diese Stil- und Kommunikationsform, angesiedelt zwischen der Familiarität der Alltagssprache und dem Spezialistentum der Fachsprachen, bedarf in Zeiten des digitalen Schreibsprechs, der Leichten Sprache und eines anspruchsloser werdenden Deutschunterrichts offenbar der Stützung. Heines Buch nämlich ist bereits das zweite, das innerhalb weniger Jahre zum Thema "Bildungswortschatz" erschienen ist. Das erste, das der Linguist Gerhard Augst 2019 herausbrachte, bietet einen systematischen Überblick über 2000 Bildungswörter und -wendungen.

Ein solch umfassendes Nachschlagewerk will Heine mit seinem Buch nicht liefern. Dort findet man keine streng gegliederten Wörterbuchartikel, sondern wortbiographische Miniaturen. In einem angenehm lesbaren Bildungsdeutsch geschrieben, führen sie durch die Sprach- und Kulturgeschichte des Deutschen und der Sprachen, in denen viele dieser Wörter wurzeln: Das sind vor allem Griechisch und Latein sowie der Latein-Nachfolger Französisch.

Für Heine ist die Herkunft aus diesen einstigen Bildungssprachen sogar ein Definitionskriterium, das den Bildungswortschatz von Wörtern des "gehobenen" Sprachgebrauchs wie "Brodem" oder "anheimgeben" abgrenzt. Solche Ausdrücke gehören seiner Einschätzung nach mehrheitlich dem deutschen Stammwortschatz an. Diese Unterscheidung leuchtet nicht recht ein: Es gibt keinen Grund, deutschstämmige Wörter wie "Spannungsbogen", "Zeitgeist", "Scherbengericht", "Sinngebung" oder "bildungsnah" und halbdeutschstämmige wie "Streitkultur", "Leitmotiv" oder "Hiobsbotschaft" nicht auch zu den Bildungswörtern zu zählen. Letztlich spielen solche Definitionsfragen aber keine entscheidende Rolle, denn Heines Buch zielt ohnehin nicht auf Vollständigkeit, sondern auf Wörter, die besonders erklärungsbedürftig oder kulturgeschichtlich interessant sind.

Die Auswahl ist gelungen: Auf das Wort "sybaritisch" zum Beispiel ist der Rezensent eingestandenermaßen hier zum ersten Mal gestoßen. Er wird es in Zukunft aber gern als Attribut für genusssüchtige Menschen benutzen. Dies umso lieber, als er auch die Namensgeber kennengelernt hat, die Bewohner von Sybaris. Diese griechische Kolonie, in Kalabrien gelegen, hatte in der Antike den Ruf eines Schlaraffenlandes. Zu dem, was den Sybariten nachgesagt wurde, gehört die Erfindung des Nachttopfs, um sich nicht von den Gelagen erheben zu müssen.

Aber auch über alte Bekannte erfährt man Neues, zum Beispiel über den "Kanon", der seit Jahrzehnten für Kontroversen in der Bildungspolitik sorgt. Er ist zwar etymologisch mit der "Kanone" verwandt, aber der Spruch "unter aller Kanone" geht auf einen studentensprachlichen Ulk zurück, bei dem die lateinische Formel "sub omni canone" / 'unterhalb allen Kanons' absichtlich falsch übersetzt wurde.

Die Bildungssprache ist ein heikles Terrain; Verwechslungen - "Intention" und "Intension", "Rezession" und "Rezension" - drohen allerorten. Diesen Tücken ist wohl selbst Arthur Schopenhauer, der grimmige Eiferer wider "hirnlose Tintenkleckser" und "feile Zeitungsschreiber" zum Opfer gefallen: In seinen Anmerkungen "Über Schriftstellerei und Stil" höhnt er über die "Stumpfheit und Schlafmützigkeit" der ausladenden deutschen Satzperioden, die "den Ausländern alle deutsche Schreiberei verhaßt macht", aber "unsern Landsleuten kongenial zu seyn scheint". Folgt man Heine, hat Schopenhauer hier "kongenial" / 'geistig ebenbürtig' mit "congenital" / 'angeboren' verwechselt. Passen würden beide Bedeutungen, aber dass der grantige Besserwisser sich auch mal verhauen haben soll, liest der Rezensent als feiler Zeitungsschreiber natürlich gern.

Das Potential des Englischen als Spender bildungssprachlicher Ausdrücke hält Heine für begrenzt. Anglizismen würden von sprachbewussten Menschen häufig als dümmlich oder verschleiernd empfunden. Ausgenommen seien grammatisch angepasste Fremdwörter wie "redundant" oder "dysfunktional", die über die Zwischenstation des Englischen aus dem Griechischen und Lateinischen ins Deutsche gelangt sind. Ob diese - um es bildungssprachlich auszudrücken - Distinktion tragfähig ist, steht allerdings infrage. Ausdrücke wie "Gender" oder "Wokeness" entstammen den Theorien eines akademisch geprägten Milieus. Es sind politisch aufgeladene Reiz- und Fahnenwörter, gewiss. Aber gehören sie deshalb nicht zur Bildungssprache? Darüber ist das letzte Bildungswort noch nicht gesprochen. WOLFGANG KRISCHKE

Matthias Heine: "Kluge Wörter". Wie wir den Bildungswortschatz nutzen können - und wo seine Tücken liegen.

Dudenverlag, Berlin 2024. 288 S., geb., 24,- Euro.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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"Dort findet man keine streng gegliederten Wörterbuchartikel, sondern wortbiographische Miniaturen. In einem angenehm lesbaren Bildungsdeutsch geschrieben, führen sie durch die Sprach- und Kulturgeschichte des Deutschen und der Sprachen, in denen viele dieser Wörter wurzeln." Frankfurter Allgemeine Zeitung