Als sich Clemens Brentano und Luise Hensel 1816 in Berlin kennen lernten, war dies der Beginn einer langjährigen Beziehung, die auf persönlicher Ebene zwischen erotischer Spannung, keuscher Ehephantasie und platonischer Freundschaft wechselte. In literarischer Hinsicht wirkte sie sich aber immens produktiv aus, entwickelten sich doch zwischen dem 38-jährigen katholischen Schriftsteller und der 18-jährigen protestantischen Pfarrerstochter vielfältige Formen literarischer Zusammenarbeit, die in der Werkbiographie der zwei Autoren beispiellos sind. Ihre Gedichte wurden wechselseitig ausgetauscht, vom jeweils anderen weiter geschrieben oder miteinander verflochten. Beeinflusste Hensel Brentanos Neuorientierung zum Katholizismus und damit seine Hinwendung zu religiöser Lyrik, sorgte Brentano mit der Publikation von Hensels Texten für eine größere Bekanntheit ihrer Lieder, die zumindest mit dem Abendgebet »Müde bin ich, geh’ zur Ruh’…« bis heute anhält. Obwohl beide ihre literarische Zusammenarbeit nicht explizit beschlossen haben, verbindet die beiden doch ein gemeinsames künstlerisches Schaffen. Zwischen Hensel und Brentano fand sozusagen ein Werkdialog statt, der im vorliegenden Buch in seinem gesamten Ausmaß rekonstruiert wird.