Der menschliche Körper war lange Zeit nur von Interesse, weil er eine beobachtbare abhängige Größe abgab, nicht weil ihm eine Eigenmächtigkeit zugesprochen wurde. Die Unhintergehbarkeit des menschlichen Körpers als Ort der Selbst- und Weltdeutung postuliert hingegen mehr: nämlich dass der menschlichen Körper eine zentrale Kategorie menschlicher Sinndeutung und Handlungsorientierung ist. Die Chiffre Körper steht also auch für mehr als Geschlechtlichkeit – wie sie zu füllen wäre, diskutieren die Autorinnen und Autoren dieses Bandes unter Einbeziehung von Anstößen aus der Geschlechtergeschichte, der Historischen Verhaltensforschung, der Historischen Anthropologie und der Psychologie. Ausgangspunkt ist die Beobachtung des geschichtlichen Wandels der Körperkonzepte, in denen sich das zeitgebundene "Wissen" (verstanden als in der Gesellschaft umlaufender Legitimationsvorrat des Umgangs mit dem Körper) verdichtet. Institutionalisierung, Weitergabe und Wandel von Körpervorstellungen treten damit in eine Zentralstellung menschlicher Geschichte.