Spätestens seit dem "emotional turn" in den Kulturwissenschaften zu Anfang dieses Jahrhunderts ist die Leibphänomenologie von Hermann Schmitz kein Geheimtipp mehr. Die Zahl der Studien, die sich mit ihr auseinandersetzen, ist heute kaum überschaubar. Der Band versucht nach knapp einem halben Jahrhundert Wirkungsgeschichte eine Art Zwischenbilanz zu ziehen. Er fragt, inwiefern und in welchen Kontexten sich die von Schmitz erarbeiteten Kategorien des eigenleiblichen Spürens bewährt haben. Die Beiträge erörtern die gespürte Leiblichkeit in ihrer Verflechtung mit Sachverhalten wie Geschichte, Kultur, Person, Geschlecht sowie als Aktionsfeld leiblicher Kommunikation und zeugen davon, dass das von Schmitz begonnene Projekt über die Philosophie hinaus auch von anderen Wissenschaften stetig ergänzt und weiterentwickelt wird. Vor dem Hintergrund eines sich am Leitmodell des sicht- und tastbaren Körpers orientierenden Denkens konnten sprachliche Ausdrücke für leibliches Erleben nur als "Skandal der Metapher" (Strub) begriffen werden. Die Leibphänomenologie bietet dagegen einen alternativen Zugang, dem aber der Körper, wie Schmitz sagt, zum "Skandal" wird. Diesem schwierigen Verhältnis von Leib und Körper geht der Band nach, um das "Skandalöse" theoretisch einzuholen. Mit Beiträgen von Kerstin Andermann, Undine Eberlein, Thomas Fuchs, Ute Gahlings, Robert Gugutzer, Christian Julmi / Ewald Scherm, Steffen Kammler, Gudula Linck, Gesa Lindemann, Isabella Marcinski, Jan Slaby, Hermann Schmitz und Jens Soentgen.