Diplomarbeit aus dem Jahr 2010 im Fachbereich Germanistik - Linguistik, Note: gut, Universität Wien (Deutsche Philologie), Sprache: Deutsch, Abstract: Die vorliegende Arbeit befasst sich mit empirischen Methoden, die man auf dem Gebiet der Literaturwissenschaft anwenden kann. Die Geistes- und Literaturwissenschaften sehen großteils von der psychologischen Grundvoraussetzung von Erzählungen ab, ebenso von psycho-affektiven Funktionen. Neue Erkenntnisse der Biologie, der Hirnforschung und der Psychologie zeigen uns, dass die Zweiteilung der Wissenschaften in Natur- und Geisteswissenschaften nicht mehr angebracht ist. Die Untersuchung von Literaturprozessen muss heutzutage unter Berücksichtigung unseres Wissens über Struktur und Funktionsweise der menschlichen Kognition erfolgen. Daher findet man im 1. Teil der Arbeit einen kleinen Exkurs auf das Gebiet der kognitiven Psychologie, der Neurobiologie und der Hirnforschung. Die Begründung eines neuen Literatursystems und der Paradigmenwechsels im Sinne einer kognitiven Wende auf dem Gebiet der Literaturwissenschaft durch Siegfried J. Schmidt, dessen Name eng mit dem interdisziplinären Forschungsprogramm des Radikalen Konstruktivismus verbunden ist, werden im 2. Teil der Arbeit beschrieben. Vor allem geht es dabei um den empirischen Leser, mit all seinen biologisch-psychischen, historisch-kulturellen Voraussetzungen, der den impliziten Leser ablöst. Im 3. Teil sodann werden die Ergebnisse eigener empirischer Forschungen präsentiert. Es handelt sich dabei um Reproduktionsexperimente, die sich vor allem auf gestaltpsychologische und dynamische textlinguistische Methoden stützen, mittels derer die Gefordertheiten der Texte und deren Wirkung auf die kognitiven Operationen der Rezipienten bei der Reproduktion untersucht werden. Ähnliche Experimente wurden bereits in den 80er Jahren durchgeführt, allerdings lassen sich die Ergebnisse von damals nur bedingt bestätigen. Die angewandten Methoden mögen vielleicht bei sehr kurzen, emotional eher unverfänglichen und wenig komplexen Texten ihre Berechtigung haben, bei längeren, komplexeren Texten, sowie bei sprachexperimenteller Prosa zeigen sich bereits Schwierigkeiten.
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