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29 Kundenbewertungen

Mario wurde nicht einmal 14 Jahre alt. Wieso, das erzählt er von seinem Grab aus: Wie zwei Gruppen sich in unterirdischen Katakomben ihr eigenes Reich bauen, um das sie kämpfen bis zum Tod, von Freundschaft und einem phänomenalen Boxkampf zwischen seinem besten Freund Rajko und einer Gang Neonazis. Mit viel schwarzem Humor, aber auch voller Hoffnung und Liebe berichtet Mario von Gewalt, Außenseitertum und dem trostlosen Dasein zwischen Plattenbauten, wo Eltern genau so abwesend sind wie eine Zukunft. Dieser wortgewaltige Roman entfaltet einen un-heimeligen Sog, dem man so nur selten begegnet -…mehr

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Produktbeschreibung
Mario wurde nicht einmal 14 Jahre alt. Wieso, das erzählt er von seinem Grab aus: Wie zwei Gruppen sich in unterirdischen Katakomben ihr eigenes Reich bauen, um das sie kämpfen bis zum Tod, von Freundschaft und einem phänomenalen Boxkampf zwischen seinem besten Freund Rajko und einer Gang Neonazis. Mit viel schwarzem Humor, aber auch voller Hoffnung und Liebe berichtet Mario von Gewalt, Außenseitertum und dem trostlosen Dasein zwischen Plattenbauten, wo Eltern genau so abwesend sind wie eine Zukunft. Dieser wortgewaltige Roman entfaltet einen un-heimeligen Sog, dem man so nur selten begegnet - vielleicht sogar nie. Genau wie den Erwachsenen im Plattenbau.

Dieser Download kann aus rechtlichen Gründen nur mit Rechnungsadresse in A, B, BG, CY, CZ, D, DK, EW, E, FIN, F, GR, HR, H, IRL, I, LT, L, LR, M, NL, PL, P, R, S, SLO, SK ausgeliefert werden.

Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 24.04.2023

Himbeereis und Beton
Jugend in der Platte und das Leben danach

Marios kurzes Leben spielt sich in Vierecken ab: auf dem Hinterhof der Plattenbausiedlung, im Klassenraum, in dem nutzlosen Sandkasten, in dem er fast seine Liebe gesteht, dem Boxring, in dem er stirbt, und dem Grab, auf dem er seitdem sitzt. Schon von der ersten Seite an weiß man, dass der dreizehnjährige Erzähler ums Leben kommt, als er seinem Freund Rajko im Kampf gegen Neonazis helfen will.

Wie es nach dem Tod weitergeht, ist ernüchternd: Als Schatten seiner selbst hockt man nach der Tortur im Kühlhaus und Sarg auf dem eigenen Grabstein und muss sich mit pedantischen Beamten rumschlagen oder wer auf einem deutschen Friedhof so neben einem liegt. Unterhalten kann man sich nämlich nur mit den unmittelbaren Grabnachbarn. In Marios Fall ist das ein Typ namens Hoffmann, der auch nach dem Tod noch über Bauordnungen und Aktenordner redet. Mario glaubt, "das war so etwas wie sein Leben".

Vom Grab aus erinnert sich Mario an seine jäh abgebrochene Jugend in der Plattenbausiedlung im Dunstkreis von Berlin. Die Mutter hat studiert, der Vater war vor der Wende Schweißer und nach der Wende Alkoholiker. Doch die Eltern spielen keine große Rolle in Marios Leben. Seine Bezugspersonen sind die anderen Teenager aus den Blocks. Sie spielen und kämpfen im Hof, Draufgänger gegen Außenseiter. Der einzige Ausweg aus der Jugend im Hinterhof ist der titelgebende "Kollektorgang" unter der Erde: ein enger Korridor mit unverputzten Wänden und Versorgungsrohren. Eine Linie, kein Viereck. Hier finden die Jugendlichen für kurze Zeit Frieden. Sie hören Grunge und Balkanrock aus einem alten Radio, trinken den Alkohol der Eltern, hoffen auf den ersten Kuss. Doch dann bricht eine neue Form der Gewalt in ihren Alltag, und der Gang unter den Blocks wird zum Austragungsort eines tödlichen Boxkampfs.

David Blum erzählt von rechter Gewalt und vom Leben nach dem Tod mit einer Leichtigkeit, die einem genervten Teenager gerecht wird. "Ich bin nie auf einer Trauerfeier gewesen, nur auf meiner eigenen", sagt Mario. Der nüchterne Tonfall nimmt der Erzählung die Tragik, nicht den Ernst. Er stellt trocken fest, was das Leben ausmacht: Freundschaft, Mut, Angst und Liebe.

Eine Jugend in der Platte Anfang der Neunzigerjahre bedeutet ein Aufwachsen ohne Handys und Computerspiele. Stattdessen leben Mario und die anderen in einer Welt der Zündplättchen und Wasserpistolen, Flummis und Jo-Jos, Brausepulver und Kaugummis. Im Sommer gibt es warmes Eis und aufgeschlagene Knie und Baggerseen. Romantisiert der Autor das Leben im Beton? Nein, er zeigt, dass es wie die meisten Leben beides ist, schön und hässlich. Mario fährt mit der Mutter zum Erdbeerhof, darf den Schaum vom Bier abtrinken, und wenn er krank ist, gibt es Jägerschnitzel mit Feuerwehrsoße. Der trinkende Vater ist ihm relativ egal. Eindeutig als böse markiert wird nur die rechtsradikale Gewalt, die in die Kinderwelt einbricht. Mario sagt an einer Stelle, dass an seinem Tod nicht die schwierigen Familienverhältnisse schuld waren, "sondern allein der Hass auf den, der anders ist".

Das Politische wird nur angedeutet: in den Messerschnitten im Fahrradsattel des Ausländers Rajko und den Springerstiefeln, die sich in Marios Rücken bohren. Erst als Anmerkung am Schluss erfährt man, dass der Fiktion eine echte Person vorausging: Johann Wilhelm "Rukeli" Trollmann war Sinto und Boxer. Er wurde zum "arischen Faustkampf" gezwungen und 1944 im KZ zu Tode geprügelt. Das Jugendbuch basiert lose auf dieser Figur. Es wurde jüngst mit dem Peter-Härtling-Preis ausgezeichnet.

Auffällig ist der feinsinnige und humorvolle Umgang mit dem Jenseits. Wie es weitergeht, nachdem es weitergeht, bleibt auch für die Toten ein Rätsel. Sie erzählen sich von der "Linie" und hoffen auf Erlösung durch ihre Liebsten. Mario hält das für ein Hirngespinst. Doch insgeheim wartet auch er auf Ema: "Ein Mädchen, so schön wie Himbeereis und so klug wie dreizehn Taschenrechner." HELENA SCHÄFER

David Blum: "Kollektorgang". Roman.

Beltz & Gelberg, Weinheim 2023. 128 S., br., 14,- Euro. Ab 14 J.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Rezensentin Christine Knödler lässt sich von David Blum in eine Unterwelt führen - einen Ort, an dem sich alles sammelt und verbirgt, was an der Oberfläche keinen Platz hat: Freiheit, Nähe, Zuflucht und erste scheue Zukunftspläne, aber eben auch Verdrängtes, Angestautes wie Wut, Hass und rechte Gewalt. Die Oberfläche, so Knödler, das ist eine Plattenbausiedlung der Nachwendezeit, die Blum mitsamt ihrer Tristesse, der allgemeinen Perspektivlosigkeit, der Fremdenfeindlichkeit, Armut und dem Alkohol eindrücklich zu beschreiben weiß. Der Untergrund, das sind die titelgebenden Kollektorgänge, die die einzelnen Häuser der Siedlung miteinander verbinden - ein Labyrinth aus verborgenen Tunneln, in denen sich ein Großteil dieser Geschichte abspielt. Erzählt wird sie von einem Toten - Mario - der im Kampf für seinen Freund gestorben ist und nun sein kurzes Leben rekapituliert. Sein Erzählen ist ein raffendes wie raffiniertes Erzählen, lobt die Rezensentin, voller Witz und Poesie. Blum beschreibt in seinem Debüt das Elend und den Schmerz, verstört dabei im besten Sinne, ohne jede Spur von Larmoyanz. Durch eine Anmerkung am Ende des Romans gemahnt der Autor indirekt an die Kontinuität rechter Gewalt, so wird aus diesem großartigen und vielschichtigen Porträt eine "literarische Warnung", so die begeisterte Rezensentin.

© Perlentaucher Medien GmbH
»Dieser Text ist eine richtige Sturmflut von Bildern, mit einer dantesken oder sartreschen Grundbefindlichkeit: Der Tod ist im Grunde verschärftes Diesseits.« Edgar Selge, Süddeutsche Zeitung, 11.5.2023 »David Blum hat eine literarisch gelungene, politische und komische Anti-Coming-of-Age-Geschichte geschrieben.« Dina Netz, WDR 5, 5.5.2023 »Umgehauen hat mich, wie David Blum solch eine ernste, politische Geschichte erzählt, die (leider) hochaktuell ist und doch gleichzeitig so unglaublich bewegend, witzig, lakonisch und spannend ist. Unbedingte #leseempfehlung für interessierte Leser*innen ab 14.« Florian Valerius, @literarischernerd »Die literarische Stärke dieses beachtlichen Debüts ist die Balance des Tonfalls zwischen Melancholie und Humor.« Dina Netz, Deutschlandfunk Kultur, 24.03.2023 »David Blum erzählt von rechter Gewalt und vom Leben nach dem Tod mit einer Leichtigkeit, die einem genervten Teenager gerecht wird... Der nüchterne Tonfall nimmt der Erzählung die Tragik, nicht den Ernst. (...). Auffällig ist der feinsinnige und humorvolle Umgang mit dem Jenseits.« Helena Schäfer, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 24.4.2023 »...ein raffiniert inszeniertes und sprachgewaltiges Gesellschaftsporträt, das soziale Milieus, erste Liebe, Andersartigkeit, eine Fluchtgeschichte, Fremdenhass und rechte Radikalisierung differenziert in Szene setzt bzw. nur anklingen lässt. Auch wenn die Zutaten vertraut und drastisch geraten sind, die Mischung und sprachliche Virtuosität sind herausragend.« Robert Elstner, ekz.bibliotheksservice »David Blum schreibt lebendig aus der Perspektive eines Toten. Mit Witz und Gefühl. So lebendig, dass selbst ein vermeintlich unscheinbarer Junge aus irgendeinem Wohnblock in irgendeiner großen Stadt bedeutsam wird.« Wanda Wagner, kreuzer: logbuch, 03/23 »Ein starkes und wortgewaltiges Romandebüt.« Jury 'Die besten 7 Bücher für junge Leser', Juni 2023 »David Blum versteht es ausgezeichnet, durch die Wahl einer singulären Perspektive auf 125 Seiten einen überaus spannenden Text zu präsentieren, der Lesende (auch mit gelegentlichem Augenzwinkern) im Bann hält...« Franz Derlak, 1001 Buch, 3/2023 »Der Erzählton ist nüchtern, trocken, zuweilen sarkastisch, immer glaubhaft und eindringlich. Mit 'Kollektorgang' erzählt Blum für Lesende ab 14 Jahren von Freundschaft und Verrat und zeichnet zugleich ein ernüchterndes Porträt einer Nachwendejugend in einer ostdeutschen Platte.« Marlene Zöhrer, Praxis Deutsch, 301/2023 »David Blum versteht es ausgezeichnet, durch die Wahl einer singulären Perspektive auf 125 Seiten einen überaus spannenden Text zu präsentieren, der Lesende (auch mit gelegentlichem Augenzwinkern) im Bann hält...« Franz Derlak, 1001 Buch, 3/2023 »In wenigen, präzisen Strichen zeichnet David Blum eine Welt zwischen oben und unten, überirdisch und unterirdisch, heimlich und unheimlich, sichtbar und unsichtbar. Das ist raffiniert inszeniert, dem Erzählten entsprechend verstörend, dabei aber trotzdem voller Komik, nie larmoyant, immer poetisch.« Christine Knödler, Süddeutsche Zeitung, 29.12.2023 »[David Blum] schreibt über Kontinuität rechter Gewalt, er schreibt gegen Hass und Fremdenhass an. Herausgekommen ist ein herausragend-'unterirdisches', hochaktuelles Porträt der Jugend zur Nachwendezeit.« Jury Kranichsteiner Kinder- und Jugendliteratur-Stipendium 2024…mehr