1931 entgleist ein Zug bei Jüterbog, wie sich herausstellt, auf Grund eines Attentats. Kommissar Ernst Gennat und seine Mitarbeiter ermitteln, doch zunächst ohne Erfolg. Als der Orientexpress von Budapest nach Wien einen Monat später ebenfalls entgleist, scheint sich ein Zusammenhang zu
ergeben.
Ernst Gennat, ein bekannter und wegbereitender Berliner Kriminalist, ist mir schon in einigen…mehr1931 entgleist ein Zug bei Jüterbog, wie sich herausstellt, auf Grund eines Attentats. Kommissar Ernst Gennat und seine Mitarbeiter ermitteln, doch zunächst ohne Erfolg. Als der Orientexpress von Budapest nach Wien einen Monat später ebenfalls entgleist, scheint sich ein Zusammenhang zu ergeben.
Ernst Gennat, ein bekannter und wegbereitender Berliner Kriminalist, ist mir schon in einigen historischen Kriminalromanen über den Weg gelaufen, es ist mir immer wieder eine Freude, ihn zu treffen. Regina Stürickow nimmt sich echter historischer Kriminalfälle Gennats an, die sie zu Romanen verarbeitet. Es sind bereits mehrere Bände der Reihe erschienen, für mich ist dies der erste. Die Autorin verarbeitet die Ereignisse historisch akurat, neben Gennat treten daher eine ganze Reihe anderer historischer Personen auf, wie etwa Gennats Mitarbeiter Rudolf Lissigkeit. Aber, da dies ein Roman und kein Sachbuch ist, gibt es natürlich auch fiktives Geschehen. So sind auch der zweite Protagonist, Max Kaminski und seine Familie erfunden, auch wenn Max an einen realen Kriminalreporter angelehnt ist, wie wir im interessant zu lesenden Nachwort erfahren.
Leider komme ich den Charakteren, vor allem auch Gennat, nicht sehr nahe, es fehlt ihnen an Tiefe. Gennat und Max sind mir sympathisch, mehr aber auch nicht. Dass Lissy, Max‘ Frau auch „mitermittelt“, kommt mir aufgesetzt vor, sie stört mich eher. Benno, ein Junge, der als blinder Passagier auf der Achse des bei Jüterbog entgleisten Zuges mitfährt, ist nur ein Nebencharakter, aber ein interessanter, leider spielt er keine weitere Rolle, auch wenn sein Schicksal gegen Ende noch aufgeklärt wird.
Etwas aufgesetzt kommen mir auch die Zeugenaussagen vor, die klar und strukturiert und scheinbar ohne Gedächtnislücken scheinen. Psychologisch ist das eher unwahrscheinlich, womöglich wurde hier aus den realen Zeugenprotokollen 1:1 übernommen, was aber nicht unbedingt die tatsächlichen Zeugenaussagen wiederspiegelt.
Erzählt wird sehr nüchtern, auch dadurch kommen wenig Gefühle für die Charaktere auf. Emotionen lediglich in wenigen Situationen auf, wie etwa bei Benno auf der Achse oder nach dem Zugunglück des Orientexpress‘. Manches ist mir auch zu ausführlich bzw. wiederholend. Zu Beginn spielt der historische Hintergrund, vor allem der Volksentscheid am 09.08.1931 eine größere Rolle, später lässt das leider nach. Es ist recht interessant, die Ermittlungen zu verfolgen, die die tatsächlichen wiederspiegeln. Spannung kommt aber leider kaum auf.
Leider hat der Roman meine Erwartungen nicht ganz erfüllt, mir fehlt es bei den Charakteren an Tiefe und bei der Geschichte an Spannung, manches wirkt mir auch zu aufgesetzt. Die gute Recherche dagegen und auch, dass ein echter Kriminalfall Gennats Mittelpunkt ist, gefällt mir. Ich vergebe 3 Sterne. Wer sich für reale historische Kriminalfälle interessiert, kann einen Blick wagen.