Cristina lebt in der Altstadt von Lissabon, in der Nähe des Tejo, hin und wieder aber auch in einer psychiatrischen Klinik, denn sie hört Stimmen, die ihr keine Ruhe lassen. Auch Gegenstände und Pflanzen sprechen zu ihr, aber vor allem sind es ihre frühen Erinnerungen, die sie nicht mehr loslassen. Sie wurde in Luanda, der Hauptstadt Angolas geboren, ihr Vater war Mitglied der MPLA, der marxistischleninistischen Befreiungsbewegung, die nach der Unabhängigkeit des Landes an die Regierung kam. Ihre Mutter, eine weiße Portugiesin, hat er in dem Nachtclub kennengelernt, in dem sie als Tänzerin auftrat. Als es in den späten Siebzigern zu grausamen »Säuberungen« innerhalb der MPLA kam, mit Schnellgerichten, Folterungen und Hinrichtungen, lud er schwere Schuld auf sich und floh später mit seiner Familie nach Portugal. Damals war Cristina fünf Jahre alt. Und doch kann sie nicht vergessen, wie manche der Opfer so lange tanzten, sangen und lachten, bis sie für immer verstummten.
Flirrende Erinnerungen, in denen die Grenzen zwischen Realität und Phantasie verschwimmen, Traumgebilde und Halluzinationen, Wahrheiten und Gegenwahrheiten zeichnen in Lobo Antunes' neuem Roman ein düster leuchtendes Bild Angolas und Portugals, das vielleicht stimmigste Bild einer Zeit, die geprägt war von Schuld und Rache, von Rassismus, Angst und Grausamkeit, einer Zeit, die bis heute nachwirkt.
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