Politische Herrschafts- und Verfassungssysteme sind seit jeher auf bestimmte Praktiken der Kommunikation und Konfliktaustragung angewiesen, um sich selbst zu legitimieren und die Machtansprüche der in ihnen wirkenden Interessenparteien auszubalancieren. Diese Kommunikations- und Konfliktaustragungsmechanismen berühren die kulturelle Relevanz von politischer Herrschaft. Ob in der Vormoderne oder in der Moderne, politische Herrschaft kommt nicht ohne die Ausbildung einer ihr entsprechenden 'Verfassungskultur' aus. Als System der kulturellen Prägung politischer Gemeinwesen auf den Ebenen ihrer Institutionen sowie politischen und kulturellen Öffentlichkeiten ermöglicht das Konzept der Verfassungskultur einen Zugang, der politische Kultur unter der besonderen Perspektive symbolischer Vermittlung bzw. Rezeption von Herrschafts- und Ordnungssystemen konkretisiert und kontextualisiert. Der vorliegende Band, der aus einer Tagung des Historischen Promotionskollegs an der FernUniversität in Hagen entstanden ist, nimmt verfassungskulturell determinierte Praktiken der Kommunikation und Konfliktaustragung in besonderen Krisenmomenten in den Blick, in denen entweder Gegenentwürfe oder alternative Modelle die Legitimität staatlicher oder vorstaatlicher Ordnungssysteme in Frage stellen. Im Einzelnen untersuchen die Studien den spezifischen Beitrag spätmittelalterlicher, frühneuzeitlicher und moderner Verfassungskulturen zur Lösung von Problemen der Identität und der Partizipation sowie von Krisen im Zusammenhang mit Außen-, Transfer- bzw. Netzwerkbeziehungen. Das Konzept der Verfassungskultur eröffnet somit eine epochen- und disziplinenübergreifende Forschungsperspektive.
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