Erfinder, Staatsmann, Gründervater: Über einen, der unser Land prägte wie kaum ein Zweiter Konrad Adenauer hat die Bundesrepublik Deutschland geprägt wie kaum ein Zweiter. Er setzte die soziale Marktwirtschaft durch, söhnte Deutschland mit Frankreich aus und verankerte den Bonner Staat im Westen. Werner Biermann erzählt dieses Jahrhundertleben, das von Bismarck bis zu den Beatles reichte. Auf der Grundlage bisher nicht beachteter Quellen, jahrelanger Recherchen sowie ausführlicher Gespräche mit der Familie schildert er den ebenso faszinierenden wie dramatischen Lebensweg Adenauers, seine Ideen und Ziele, seine Schwächen und Ängste. Besonderes Gewicht legt Biermann dabei auf das Leben vor der Kanzlerschaft: den politischen Aufstieg im Kaiserreich, die steile Karriere als Kölner Oberbürgermeister und prominenter Reichspolitiker in der Weimarer Republik und nicht zuletzt den jähen Absturz während des «Dritten Reiches» - der ihn beinahe das Leben gekostet hätte, als er 1944 verhaftet wurde. Dabei wird eines klar: Ohne sein in der Literatur bisher vernachlässigtes Vorleben ist der legendäre Kanzler nicht zu begreifen. Ein grandios geschriebenes Porträt - und ein fesselndes Panorama deutscher Geschichte von der Kaiserzeit bis zum Kalten Krieg.
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 18.04.2017Schlüssel in der Schublade
Adenauer-Biographien
Zum 50. Todestag von Konrad Adenauer am 19. April sind neue Biographien erschienen. Sie zehren von großen Studien, die Hans-Peter Schwarz und Henning Köhler vor einem Vierteljahrhundert publizierten. Dem Journalisten Werner Biermann (1945-2016) gelingt im ersten Teil seines Buches - "Der treue Sohn seines Vaters" - eine einfühlsam-dichte Schilderung des Aufstiegs der Adenauers in Köln aus kleinsten Verhältnissen und Konrads Blitzkarriere in der Domstadt: 1906 als Dreißigjähriger Beigeordneter, 1917 Oberbürgermeister: "Sein Führungsstil ist autoritär und wird es jetzt für immer bleiben." Über das am 13. März 1933 von Nazis abgesetzte Stadtoberhaupt heißt es: "Am Abend zuvor ist er noch einmal in seinem Dienstzimmer gewesen, ganz allein. (. . .) Er hat die privaten Dinge aus dem Schreibtisch genommen, hat mit dem Schlüssel des Oberbürgermeisters unten die große Rathaustür abgeschlossen - und den Schlüssel eingesteckt. Bis zu seinem Tod 1967 wird er ihn in einer kleinen, mit Samt ausgeschlagenen Schachtel in seiner Schreibtischschublade aufbewahren, als Symbol dafür, dass er, und nur er, der rechtmäßige Herr im Kölner Rathaus ist."
Nicht immer auf der Höhe der Forschung, aber fesselnd erzählt, geht es im zweiten Teil weiter: "Kanzler im Kalten Krieg". Über Verhandlungen mit der FDP infolge der "Spiegel"-Affäre 1962 schreibt Biermann: "Es ist ein Sieg, aber nur noch ein ganz knapper, glanzloser Sieg, zustande gekommen durch Trickserei, Täuschung und Lügen." Nüchterner urteilt die Zeithistorikerin Marie-Luise Recker. Nur 100 Seiten benötigt sie für ihr vorzügliches Porträt. Adenauer habe als Bundeskanzler bis Herbst 1963 seine Richtlinienkompetenz extensiv ausgelegt und sein Umfeld gern drastisch gemaßregelt. Er sei kein Erzieher zur Demokratie gewesen, sondern ein "großer Polarisierer". Der "gravierendste Makel" seiner Regierungszeit sei "ohne Frage das Ausbleiben eines öffentlichen Diskurses über die NS-Vergangenheit" gewesen; dabei hätten "auch taktische Überlegungen eine Rolle" gespielt.
RAINER BLASIUS
Werner Biermann: Konrad Adenauer. Ein Jahrhundertleben. Rowohlt Verlag, Berlin 2017. 614 S., 29,95 [Euro].
Marie-Luise Recker: Konrad Adenauer. Leben und Politik. Verlag C. H. Beck, München 2017. 112 S., 8,85 [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Adenauer-Biographien
Zum 50. Todestag von Konrad Adenauer am 19. April sind neue Biographien erschienen. Sie zehren von großen Studien, die Hans-Peter Schwarz und Henning Köhler vor einem Vierteljahrhundert publizierten. Dem Journalisten Werner Biermann (1945-2016) gelingt im ersten Teil seines Buches - "Der treue Sohn seines Vaters" - eine einfühlsam-dichte Schilderung des Aufstiegs der Adenauers in Köln aus kleinsten Verhältnissen und Konrads Blitzkarriere in der Domstadt: 1906 als Dreißigjähriger Beigeordneter, 1917 Oberbürgermeister: "Sein Führungsstil ist autoritär und wird es jetzt für immer bleiben." Über das am 13. März 1933 von Nazis abgesetzte Stadtoberhaupt heißt es: "Am Abend zuvor ist er noch einmal in seinem Dienstzimmer gewesen, ganz allein. (. . .) Er hat die privaten Dinge aus dem Schreibtisch genommen, hat mit dem Schlüssel des Oberbürgermeisters unten die große Rathaustür abgeschlossen - und den Schlüssel eingesteckt. Bis zu seinem Tod 1967 wird er ihn in einer kleinen, mit Samt ausgeschlagenen Schachtel in seiner Schreibtischschublade aufbewahren, als Symbol dafür, dass er, und nur er, der rechtmäßige Herr im Kölner Rathaus ist."
Nicht immer auf der Höhe der Forschung, aber fesselnd erzählt, geht es im zweiten Teil weiter: "Kanzler im Kalten Krieg". Über Verhandlungen mit der FDP infolge der "Spiegel"-Affäre 1962 schreibt Biermann: "Es ist ein Sieg, aber nur noch ein ganz knapper, glanzloser Sieg, zustande gekommen durch Trickserei, Täuschung und Lügen." Nüchterner urteilt die Zeithistorikerin Marie-Luise Recker. Nur 100 Seiten benötigt sie für ihr vorzügliches Porträt. Adenauer habe als Bundeskanzler bis Herbst 1963 seine Richtlinienkompetenz extensiv ausgelegt und sein Umfeld gern drastisch gemaßregelt. Er sei kein Erzieher zur Demokratie gewesen, sondern ein "großer Polarisierer". Der "gravierendste Makel" seiner Regierungszeit sei "ohne Frage das Ausbleiben eines öffentlichen Diskurses über die NS-Vergangenheit" gewesen; dabei hätten "auch taktische Überlegungen eine Rolle" gespielt.
RAINER BLASIUS
Werner Biermann: Konrad Adenauer. Ein Jahrhundertleben. Rowohlt Verlag, Berlin 2017. 614 S., 29,95 [Euro].
Marie-Luise Recker: Konrad Adenauer. Leben und Politik. Verlag C. H. Beck, München 2017. 112 S., 8,85 [Euro].
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Werner Biermanns Adenauer-Biographie ist eine Bereicherung. Wer Details wissen möchte, besonders über die Frühzeit der Bundesrepublik, der wird sich rasch an ihr festlesen. Deutschlandradio