Studienarbeit aus dem Jahr 2011 im Fachbereich Medien / Kommunikation - Interkulturelle Kommunikation, Note: 1,7, Technische Universität Chemnitz (Interkulturelle Kommunikation), Veranstaltung: Alltagskultur und kultureller Wandel in Südostasien, Sprache: Deutsch, Abstract: Am 15. August 1947 erlangte Indien die Unabhängigkeit von Großbritannien. Im Gegensatz zu den in Europa entstandenen Nationalstaaten, zeichnete sich die neue indische Nation jedoch weder durch eine gemeinsame Sprache, noch eine ihre Bürger vereinende Religion oder kulturelle Tradition aus. “India is merely a geographical expression. It is no more a single country than the equator”, beschrieb Winston Churchill diesen Zustand. Auf dem indischen Subkontinent existieren 23 offiziell anerkannte Sprachen und tausende von Dialekten (Tharoor 2008, 77). Alle großen Weltreligionen, der Hinduismus, der Buddhismus, der Islam, das Christentum und zahlreiche weitere Religionen sind vertreten. Dazu praktizieren ethnisch vielfältige aus Indoariern, Draviden, Adivasi, etc. bestehende und verschiedenen Kasten zugehörige Bevölkerungsgruppen vielfältige kulturelle Bräuche. Mit der großen Vielfalt der Gruppenzugehörigkeiten der Bevölkerung ist auch eine Vielzahl konkurrierender Identitäten verbunden (Stietencron 1995, 112). Mit der Entstehung des indischen Staates stellte sich jedoch die Frage, worauf dessen, für seinen Zusammenhalt nötige, kollektive Identität beruhen sollte. Bereits unter der britischen Kolonialherrschaft hatte eine Debatte über eine spezifisch indische Identität eingesetzt (Parekh 2003, 117). Verschiedene nationalistische Bewegungen präsentierten dabei konkurrierende Identitätsentwürfe. Eine der wichtigsten Personen im Kampf für die indische Unabhängigkeit und den Entwurf der neuen Nation war, neben Mahatma Ghandi, dessen engster Vertrauter, Jawaharlal Nehru. Als Präsident der ersten provisorischen Regierung von 1946 und erster Ministerpräsident Indiens von 1947 bis 1964 war Nehru stark an der Konstruktion einer auf eine säkulare, demokratische und liberale Philosophie beruhenden indischen Identität beteiligt (Ebd., 118). Seine mythisch verankerte Idee eines neuen Indiens veranschaulicht er in seiner Rede “Tryst with Destiny” am Vorabend der indischen Unabhängigkeit, die als eine der denkwürdigsten in die indische Geschichte eingegangen ist. Ziel dieser Arbeit ist es, die Konstruktion einer nationalen Identität ab dem 19. Jahrhundert bis zur Entstehung des indischen Staates nachzuzeichnen und die von Jawaharlal Nehru in seiner Unabhängigkeitsrede präsentierte Vision der indischen Identität zu analysieren.