»Ich bezeichne dieses Werk gern als ›Roman über die Erschaffung von Wirklichkeit‹. Und da der Kriminalroman genau das ist – nämlich der Versuch, das Chaos zu organisieren –, hat auch Kosmos ein wenig die Form des Kriminalromans«, so Gombrowicz über seinen letzten Roman. Doch natürlich ist Kosmos kein klassischer Krimi. Witold, der junge Erzähler, und Fuks, Büroangestellter, beide aus Warschau, brauchen dringend Erholung, der eine von seiner Familie und von seinen anstrengenden Studien, der andere von seinem schrecklichen Chef. Aber die Ferienidylle in den Karpaten ist bald getrübt. Es beginnt mit einem Spatzen, mit einem Spatzen an einem Draht: einem erhängten Spatzen. Seltsam, aber vermutlich bedeutet das gar nichts. Allerdings folgen ein erhängtes Hähnchen, auch eine Katze muss dran glauben und schließlich … Witold und Fuks versuchen die Geschehnisse zu enträtseln – aber werden sie Erfolg haben? Oder wird die überbordende »Wirklichkeit« sie verschlingen? Ein aberwitziger Roman, durchsetzt mit reichlich Nonsens und verdrehten Aphorismen, über die Suche nach Sinn in einer kontingenten Welt, die Grenzen des freien Willens, das klapprige Konstrukt des menschlichen Geistes, über Paranoia, Irrsinn und das Nichts. Das wohl schwärzeste und vielschichtigste Buch des Existenzialisten Witold Gombrowicz.
Perlentaucher-Notiz zur Dlf Kultur-Rezension
Rezensent Jörg Plath folgt dem Vorschlag des Autors und liest Gombrowicz' letzten Roman als einen Kriminalroman. Dessen Hauptprotagonist Witold nämlich gleicht in seiner ebenso verzweifelten wie leichtfüßigen Suche nach Indizien und deren Verbindungen wohl nichts mehr als einem Detektiv, lesen wir. Indizien findet er viele - eine verletzte Lippe, eine Teekanne, eine erwürgte Katze, ein Toter im Wald - die Verbindungen indes wollen sich ihm einfach nicht erschließen. "Kosmos" wird somit zur Geschichte über die Suche nach einem gangbaren Weg durch das von frei flottierenden Zeichen erfüllte Tohuwabohu der modernen Welt. Durch dieses "Geröllfeld der Wirklichkeit", so Plath, schlägt sich der polnische Autor mit bizarrer Komik und einer mal angestrengt gefassten, mal orientierungslos wankenden Sprache. Am Ende kommt der Rezensent nicht umhin beeindruckt festzustellen, mit welch rigoroser Ironie und "handstreichartiger Souveränität" man vor über fünfzig Jahren erzählt hat. Hat sich Plath das "noch" hier wohl nur verkniffen?
© Perlentaucher Medien GmbH
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»Durchtrieben, komisch, fesselnd.« Neil Gordon / The New York Times