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Frida Nilsson trifft Ebba und Krähe wieder
Irgendwann ist ein schweres Stück Schwarzbrot durch die Gegend geflogen, an dem ihm zugedachten Ziel abgeprallt und zurück zum Werfer gekommen, der dabei ein Auge eingebüßt hat. Warum Schwarzbrot? Weil sich der Konflikt in einer Bäckerfamilie abgespielt hat und das Brot da eben zur Hand war, aber auch, weil der Werfer endlich ausbrechen wollte, die Backstube verlassen, um als Künstler zu leben, und da ist der harte Laib zugleich ein Symbol für das, womit der Sohn nichts mehr zu tun haben will und das ihn zugleich empfindlich verletzt - was könnte es Schlimmeres für einen Bildhauer geben, als ein Auge zu verlieren?
All das erfahren Ebba und Krähe, als sie sich viele Jahre nach diesem verhängnisvollen Streit auf eine einsame Ostseeinsel bringen lassen, die der Künstler Enok inzwischen bewohnt. Wir kennen die beiden aus Frida Nilssons Kinderbuch "Sommer mit Krähe", das ihre Suche nach Krähes Eltern in Norwegen schildert - am Ende mussten sich die beiden trennen, weil Krähe im Wald bei seiner Familie bleiben wollte und Ebba zurück zu ihren Eltern ins schwedische Örebro reisen musste, den Heimatort auch der Autorin Frida Nilsson.
Der Nachfolgeband "Krähes wilder Piratensommer" spielt ein Jahr später. Ebba vermisst ihren Freund, über dessen Sprechen sich offenbar niemand wundert, und leidet darunter, dass Krähe die Briefe des Mädchens nie beantwortet. Jetzt ruft er sie plötzlich vom Bahnhof in Örebro an, Ebba soll ihn abholen. Dabei hat er ein nagelneues Lastenrad, das ihm seine Eltern geschenkt haben. Und einen Plan: Er will gemeinsam mit Ebba eine Fahrradtour auf den Åland-Inseln zwischen Schweden und Finnland machen. Nur dass ihm das Lastenrad auf der Fähre geklaut wird, wie er glaubt. Sodass die heimliche Urlaubsreise - Ebbas Eltern werden nicht gefragt - unversehens zu einer Mission wird, die das Diebesgut zurückbringen soll.
Frida Nilsson versteht es in jedem ihrer Bücher, eine kindliche Perspektive einzunehmen, die notwendig beschränkt ist und zugleich darüber hinausweist. Immer wieder verhandelt sie dezent moralische Fragen, die sie differenziert oder auch gar nicht explizit beantwortet, wobei sie zu Recht die jeweilige Situation derjenigen miteinbezieht, die sich etwa mit der Bewertung von Diebstahl auseinandersetzen müssen. Darf, wer Hunger hat, stehlen? Ist es verständlich und zu vergeben, wenn einer in der höchsten Erregung, verursacht durch ungerechte Behandlung, mit steinharten Broten um sich wirft?
Es ist Ebba zu verdanken, wenn Krähes unbekümmerte, manchmal schroff verletzende Art am Ende nicht die schlimmsten Folgen nach sich zieht. Zugleich versteht man nur zu gut Ebbas Hingabe an Krähe, ihre abgrundtiefe Trauer, wenn sie fürchten muss, den Rest des Sommers ohne den Freund zu verbringen.
Dass es anders kommt, ist dem traumwandlerisch sicheren Erzählweg Frida Nilssons zu verdanken. Sie führt die losen Enden zusammen, und auch wenn sich der Brotlaibwurf nicht mehr rückgängig machen lässt, trägt er doch zu einer Lösung bei, die sich sehen lassen kann. TILMAN SPRECKELSEN
Frida Nilsson: "Krähes wilder Piratensommer".
Bilder von Anke Kuhl. Aus dem Schwedischen von Friederike Buchinger. Gerstenberg, Hildesheim 2023. 144 S., geb., 15,- Euro. Ab 6 J.
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
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