Studienarbeit aus dem Jahr 2009 im Fachbereich Orientalistik / Sinologie - Japanologie, Note: sehr gut (in CH 6,0), Universität St. Gallen, Veranstaltung: Japan im 21. Jahrhundert, Sprache: Deutsch, Abstract: Statistisch gesehen ist Japan eines der sichersten Länder der Welt. Es existieren unterschiedliche Ansätze, um die Ursache der niedrigen Kriminalitätsrate Japans zu erklären. Einer dieser Erklärungsansätze greift auf eine soziokulturelle Perspektive zurück. Er sieht Besonderheiten in der japanischen Mentalität und in den traditionellen gesellschaftlichen Strukturen als wesentliches Einflussmoment auf deviantes Verhalten in Japan. In dieser Arbeit werden die Argumentationsschritte dieser weit verbreiteten, wohl aber umstrittenen Betrachtungsweise näher erläutert. Es wird auf die japanische Gruppenmentalität und die Rolle des Individuums eingegangen, welche gemäss der hier umschriebenen Theorie eine Abhängigkeit des Individuums von der Gruppe begründet. Die Gruppen in Japan nehmen die Funktion einer sozialen Verhaltenskontrolle ein, welche als traditionelles Regelungssystem vor dem Gesetz Einfluss auf kriminelles Verhalten ausüben. Da nicht nur Devianz, sondern auch Rechtsempfinden und die Effizienz von psychologischen Sanktionen in Japan durch die Bedeutsamkeit der Gruppen gesteuert werden, stehen das Strafgesetz sowie staatliche Instrumente und Institutionen in der Wahrnehmung der japanischen Bürger erst an zweiter Stelle. Ob der soziokulturelle Erklärungsansatz allerdings ein realitätsgetreues und kriminalitätsrelevantes Bild einer japanischen Lebensausrichtung zeichnen kann, wird von Wissenschaftlern beharrlich in Frage gestellt.