Krisenerfahrungen und was wir daraus lernen können. Vor nun über zwei Jahren wurde die Welt, unsere Gesellschaft und auch die politische Bildung durch die Corona-Pandemie in eine völlig neue Situation hineingeworfen: Die Verwundbarkeit vieler Strukturen, globaler Verflechtungen und eingespielter Routinen wurde schonungslos offengelegt; das gesellschaftliche, politische und persönliche Handeln zielte auf die Bekämpfung der Pandemie; von den Regierenden wurde Schutz und Sicherheit erwartet, die Politik reagierte mit Einschränkungen, um die massive Gesundheitskrise zu bewältigen; Wissenschaftler*innen hatten in einer Situation mit vielen Unbekannten enormen Einfluss auf Entscheidungen; eine physische Distanzierung war das probate Mittel, um Infektionen mit Covid-19 einzudämmen; Einrichtungen der politischen Bildung mussten ihre Tätigkeit einstellen und gerieten in eine existenzbedrohende Lage mit einschneidenden Folgen für Mitarbeitende. Nach dieser schwierigen Zeit für die politische Bildung und die Gesellschaft wollen wir in dieser Ausgabe des JOURNAL zurückblicken, eine erste Bilanz ziehen und darüber nachdenken, wie es nach der Pandemie im "neuen" Normal weitergehen könnte. Doch tägliche Meldungen zur Zahl der Infizierten und öffentliche Debatten über eine bevorstehende ,neue Welle' halten Bewusst, dass das Virus keineswegs verschwunden ist. Eher geht es darum, zu überlegen, wie ein Leben mit dem Virus aussieht und sich damit auseinanderzusetzen, welche Entwicklungen und Erfahrungen während der Corona-Zeit die Ausnahme waren und welche ab jetzt dazugehören. Im Vordergrund dieser JOURNAL Ausgabe stehen insbesondere die Folgen der Pandemie für Kinder und Jugendliche und die Frage, wie diese kompensiert werden können und was aus den Erfahrungen zu lernen ist. Es liegen nun zahlreiche Ergebnisse empirischer Forschung vor. Erfahrungen mit Bildungsangeboten unter den Bedingungen räumlicher Distanz wurden reflektiert. Die Beiträge dieser Ausgabe sind Wortmeldungen aus einem Prozess kontinuierlicher Reflexion von Entwicklungen und Erfahrungen und nehmen auf eine umfangreiche Erkenntnis- und Wissensproduktion in zahlreichen empirischen Forschungsprojekten Bezug. Zunächst interessiert, welche Faktoren dazu führen, dass eine Krankheit sich zu einer Gesundheitskrise entwickelt. Nur ein Aspekt dabei ist die drohende Überlastung des Gesundheitssystems. Emotionale Erfahrungen mit Krankheiten und emotional grundierte Erwartungen an den politischen und medizinischen Umgang mit Krankheiten scheinen wesentlich zu einer entsprechenden Wahrnehmung beizutragen. Empirische Studien verdeutlichen, dass Maßnahmen zur Bekämpfung der Pandemie für bestimmte Gruppen zu massiven psychischen Belastungen geführt haben, während andere Gruppen Entlastungen erfahren haben. Deutlich wird, dass die Einschätzung von Krankheiten und die Verarbeitung der Erfahrungen eng mit individuellen psychischen Dispositionen und kollektiver Emotionalisierung zusammenhängen. Die Kooperation mit Schulen sowohl in Hinblick auf Schülerinnen und Schüler als auch auf der Ebene der Lehrkräfte als Multiplikator*innen hat für die non-formale politische Jugend- und Erwachsenenbildung erhebliche Bedeutung. Diese Arbeitsbeziehungen waren in der Zeit der Pandemie stark gestört. Eine erheblich beschleunigte Digitalisierung der Angebot war eine Strategie von Schulen, außerschulischen Bildungsstätten und Einrichtungen der Kinder- und Jugendarbeit mit der Krise umzugehen. Digitalisierung eröffnet die Chance, Kinder, Jugendliche und Erwachsene auch unter Bedingungen von Corona mit schulischen und außerschulischen Angeboten zu erreichen und Kontakte aufrecht zu halten. Auf der anderen Seite wird der private Raum zum Ort organisierten pädagogischen Handelns. Diesen Krisenerfahrungen wird aus empirischer und praktischer Perspektive im Heft nachgegangen. Den Schwerpunkt dieser Ausgabe hat Benno Hafeneger konzipiert.
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