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© BÜCHERmagazin, Ulrich Baron (ub)
Krimis in Kürze: Gerd Zahner, Tom Franklin und Ryan Gattis
Bei einem Buch, in dem nicht Menschen mit Waffen schießen, sondern Waffen auf Menschen, sollte man mit weiteren Ungewöhnlichkeiten rechnen. Der Roman "Goster" (Transit, 144 S., geb., 16.- [Euro]) von Gerd Zahner war nämlich schon ein Film, bevor er als Buch erschien, und wenn er jetzt, zwei Jahre nach dem sehr gelobten Fernsehfilm von Didi Danquart, doch noch herauskommt, ist "Schuld ist etwas für Anfänger - Goster 2" schon seit mehr als einem Jahr auf dem Markt.
Das passt allerdings alles ganz gut zusammen, dieses Spiel von Unordnung und Verkehrung. Goster hat keine Kinder, keine Beziehung, wenig Empathie. Und kaum dass es losgeht, hat er einen Herzinfarkt zur Schusswunde. Ein Toter liegt im Garten, aus einem leeren Zimmer wird auf Goster geschossen. Das ist zu viel. Er berappelt sich und ermittelt. Eine Internetseite gerät ins Visier, wo sich Leute zu Sex in leeren Wohnungen verabreden. Aber es verdichtet sich in Gosters Geist, gestützt durch seltsame Vorkommnisse, dass die Waffen von selbst schießen.
Das ist kein schlechter Einfall für einen Roman, dass die Menschen "passiver als die Dinge" sind und die Dinge "einfach das tun, was sie als Ziel in sich haben". Es ist genau die Dosis Irrsinn, die über 140 Seiten trägt, ohne in hektische Betriebsamkeit umzukippen. Zahner, der Rechtsanwalt ist und auch Theaterkritiker, erzählt lakonisch und pointiert, er hat ein Talent für lustige Neologismen wie "neunackt" für einen, dessen Computer konfisziert wird, und bisweilen auch einen zu ausgeprägten Hang zur Sentenz, der dann so kuriose Sätze produziert wie: "Bedeutung in dieser Zeit war das hysterische Synonym für Schönheit." Das kann man jedoch leicht überlesen, weil sich dieser Roman in Stil und Sprache so deutlich absetzt von der handelsüblichen Gebrauchsanweisungsprosa.
Schreiben und nicht nur irgendwie Spannung erzeugen, das kann auch Tom Franklin, der Mann aus dem tiefen Süden, wo auch all seine Romane angesiedelt sind. "Krumme Type, krumme Type" (Pulpmaster, 406 S., br., 15,80 [Euro]) spielt in Mississippi, der Titel verweist auf das gekrümmte, doppelte "s" im Namen für Fluss und Bundesstaat. Es ist eine Redneckwelt, arm, hart, voller Loser. Auch der junge schwarze Constable Silas, den alle "32" nach der Nummer auf seinem Baseballtrikot nennen, wohnt in einem Trailer. Er war auf dem College, aber ist wieder in das alte Kaff zurückgekehrt. Und er rutscht in etwas hinein, was ihn zurückführt in seine Vergangenheit.
Franklin braucht keine Polizeiroutine oder komplizierte Plotwindungen. Da verschwindet ein Mädchen, da gibt es einen Verdächtigen, den kauzigen Larry, der schon fünfundzwanzig Jahre zuvor ein Mädchen umgebracht haben soll. Beweise gibt es nicht. Es gibt nur die Verbindung zu Silas, beide sind gemeinsam zur Schule gegangen, Freunde waren sie nicht, weil ein schwarzer und ein weißer Junge das in den achtziger Jahren im Süden nicht sein konnten. Während die Erzählung langsam, fast zögerlich voranschreitet, bewegt sie sich zugleich auch immer wieder zurück in die Vergangenheit.
Schicht um Schicht wird etwas freigelegt, drängt an die Oberfläche, bis die beiden Männer es nicht mehr einfach wegdrängen können. Und so steuert dieser starke, düstere Roman unaufhaltsam auf ein Ende zu, von dem man nicht mehr sagen sollte, als dass es nicht ganz so ausfällt, wie man es erwartet hat. Was nur für Franklin spricht - und für den kleinen Berliner Verlag Pulpmaster, der seit vielen Jahren die Bücher herausbringt, die es zu lesen lohnt.
Ein paar Jahre jünger als Franklin ist Ryan Gattis, gerade einunddreißig Jahre alt. Sein Roman über die Riots in Los Angeles von 1992, "In den Straßen die Wut", war ein beeindruckendes Debüt. "Safe" (Rowohlt, 416 S., geb., 20,- [Euro]) ist weniger episch, aber auch voller Tempo, Verzweiflung und Gewalt. Zwei Ich-Erzähler wechseln sich ab, man könnte auch sagen: Sie rasen dabei aufeinander zu. Der ehemalige Junkie Ricky Mendoza, genannt Ghost, begnadeter Safeknacker, inzwischen für die Polizei tätig, ein Toter auf Abruf wegen eines Hirntumors, erfüllt von der Erinnerung an Rose, seine einzige Liebe, die vor zehn Jahren an Krebs starb und ihm ein punkiges Mixtape hinterlassen hat.
Und Rudolfo Reyes, genannt Glasses, der Vertraute des örtlichen Drogenbarons, er hat Frau und Kind, er hat Dinge getan, an die er sich lieber nicht erinnert, er will raus und wird deshalb zum Spitzel für die Polizei.
Der eine will ein neues Leben, der andere nicht mehr leben, aber zuvor noch etwas Gutes tun, beide haben sie Angst. Das treibt Gattis' Parallelmontage voran, bis die Linien sich kreuzen und aus zwei Geschichten eine wird. Geschichten, glaubt Ghost, sind stärker als Kugeln und Messer, "weil Geschichten dich überleben. Geschichten können in andere Menschen eindringen und dort weiterleben." Das kann man so sehen.
PETER KÖRTE
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Perlentaucher-Notiz zur ZEIT-Rezension
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