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Als die neunzehnjährige Tina Rutherford verschwindet, ist jedem in Chabot, Mississippi klar, wer dafür verantwortlich ist. Denn 25 Jahre zuvor war schon die junge Cindy Walker nach einem Date mit dem Nachbarssohn Larry Ott spurlos verschwunden. Für das Verbrechen konnte Larry aus Mangel an Beweisen nie verurteilt werden, wurde aber fortan gemieden und lebte in ritualisierter Einsamkeit. Erneut unter Verdacht, ist sein Haus vermehrt Ziel betrunkener Rednecks; er wird angeschossen und der junge schwarze Constable Silas Jones mit den lästigen Ermittlungen betraut – eine gemeinsame Vergangenheit…mehr

Produktbeschreibung
Als die neunzehnjährige Tina Rutherford verschwindet, ist jedem in Chabot, Mississippi klar, wer dafür verantwortlich ist. Denn 25 Jahre zuvor war schon die junge Cindy Walker nach einem Date mit dem Nachbarssohn Larry Ott spurlos verschwunden. Für das Verbrechen konnte Larry aus Mangel an Beweisen nie verurteilt werden, wurde aber fortan gemieden und lebte in ritualisierter Einsamkeit. Erneut unter Verdacht, ist sein Haus vermehrt Ziel betrunkener Rednecks; er wird angeschossen und der junge schwarze Constable Silas Jones mit den lästigen Ermittlungen betraut – eine gemeinsame Vergangenheit und ein dunkles Geheimnis verbinden ihn mit Larry. Schon Faulkner wusste, dass sich die Vergangenheit nicht beerdigen lässt, und in Franklins Südstaaten-Roman um Freundschaft, Verrat und Alltagsrassismus brechen alte Wunden auf und offenbaren, dass man, getrieben von Furcht und Feigheit, schlimme Fehler begehen kann.
Autorenporträt
Tom Franklin wurde 1963 in Dickinson, Alabama geboren. Mit Jobs in Lagerhäusern, Fabriken und auf einer Sondermülldeponie finanzierte sich der Sohn eines Automechanikers sein Studium und begann zu schreiben. Er wurde mehrfach ausgezeichnet. Sein erster Roman, Die Gefürchteten, erschien hierzulande 2005. 2011 schaffte er es mit Crooked Letter, Crooked Letter auf die Bestsellerliste der New York Times. Bein uns erschien 2017 bereits sein zweiter Roman Smonk. Heute unterrichtet Franklin an der University of Mississippi und lebt mit seiner Frau, der Poetin Beth Ann Fennelly, und den gemeinsamen Kindern in Oxford, Mississippi.
Rezensionen

buecher-magazin.de - Rezension
buecher-magazin.de

Seit vor 25 Jahren die junge Cindy Walker aus dem Ort Chabot in Mississippi verschwunden ist, hat Larry Ott wie ein selbstgenügsamer Aussätziger gelebt. Nun wird die 19-jährige Tina vermisst, und wieder ist er der Hauptverdächtige. Dass Larry sein Haus voller Horrorromane hat, wirkt da nicht gerade entlastend. Als er eines Tages arglos heimkehrt, ahnt er nicht, dass ihn dort ein Monster erwartet. Wie schon in "Smonk" erzählt Tom Franklin eine klassische Südstaaten-Geschichte im Stil des Country Noir. Neben Larry spielen darin ein schwarzer Constable, ein ganzer Straßenzug voller White Trash und ein Mann, den Larry für seinen Freund gehalten hat, tragende Rollen. Nach dem dramatischen Auftakt entwickelt sich die Story in Rückblenden und Perspektivwechseln zu einer Kippfigur, die ihre Gestalten und deren verborgene Beziehungen in immer neuem Licht erscheinen lässt; nicht selten auch im Zwielicht. Dieser Roman ist so mitreißend schön wie ein Frühlingsmorgen am Fluss und so giftig wie die Klapper- und Mokassinschlangen, die an dessen sumpfigen Ufern leben. "Sie haben einen komischen Geschmack, was Freunde angeht", sagt der Chefermittler zu Larry, und der antwortet ihm nicht ohne Bitterkeit: "Ich weiß nicht, ob's Ihnen aufgefallen ist, aber so viel Auswahl hatte ich nicht."

© BÜCHERmagazin, Ulrich Baron (ub)

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 03.09.2018

Geschichten sind stärker als Waffen
Krimis in Kürze: Gerd Zahner, Tom Franklin und Ryan Gattis

Bei einem Buch, in dem nicht Menschen mit Waffen schießen, sondern Waffen auf Menschen, sollte man mit weiteren Ungewöhnlichkeiten rechnen. Der Roman "Goster" (Transit, 144 S., geb., 16.- [Euro]) von Gerd Zahner war nämlich schon ein Film, bevor er als Buch erschien, und wenn er jetzt, zwei Jahre nach dem sehr gelobten Fernsehfilm von Didi Danquart, doch noch herauskommt, ist "Schuld ist etwas für Anfänger - Goster 2" schon seit mehr als einem Jahr auf dem Markt.

Das passt allerdings alles ganz gut zusammen, dieses Spiel von Unordnung und Verkehrung. Goster hat keine Kinder, keine Beziehung, wenig Empathie. Und kaum dass es losgeht, hat er einen Herzinfarkt zur Schusswunde. Ein Toter liegt im Garten, aus einem leeren Zimmer wird auf Goster geschossen. Das ist zu viel. Er berappelt sich und ermittelt. Eine Internetseite gerät ins Visier, wo sich Leute zu Sex in leeren Wohnungen verabreden. Aber es verdichtet sich in Gosters Geist, gestützt durch seltsame Vorkommnisse, dass die Waffen von selbst schießen.

Das ist kein schlechter Einfall für einen Roman, dass die Menschen "passiver als die Dinge" sind und die Dinge "einfach das tun, was sie als Ziel in sich haben". Es ist genau die Dosis Irrsinn, die über 140 Seiten trägt, ohne in hektische Betriebsamkeit umzukippen. Zahner, der Rechtsanwalt ist und auch Theaterkritiker, erzählt lakonisch und pointiert, er hat ein Talent für lustige Neologismen wie "neunackt" für einen, dessen Computer konfisziert wird, und bisweilen auch einen zu ausgeprägten Hang zur Sentenz, der dann so kuriose Sätze produziert wie: "Bedeutung in dieser Zeit war das hysterische Synonym für Schönheit." Das kann man jedoch leicht überlesen, weil sich dieser Roman in Stil und Sprache so deutlich absetzt von der handelsüblichen Gebrauchsanweisungsprosa.

Schreiben und nicht nur irgendwie Spannung erzeugen, das kann auch Tom Franklin, der Mann aus dem tiefen Süden, wo auch all seine Romane angesiedelt sind. "Krumme Type, krumme Type" (Pulpmaster, 406 S., br., 15,80 [Euro]) spielt in Mississippi, der Titel verweist auf das gekrümmte, doppelte "s" im Namen für Fluss und Bundesstaat. Es ist eine Redneckwelt, arm, hart, voller Loser. Auch der junge schwarze Constable Silas, den alle "32" nach der Nummer auf seinem Baseballtrikot nennen, wohnt in einem Trailer. Er war auf dem College, aber ist wieder in das alte Kaff zurückgekehrt. Und er rutscht in etwas hinein, was ihn zurückführt in seine Vergangenheit.

Franklin braucht keine Polizeiroutine oder komplizierte Plotwindungen. Da verschwindet ein Mädchen, da gibt es einen Verdächtigen, den kauzigen Larry, der schon fünfundzwanzig Jahre zuvor ein Mädchen umgebracht haben soll. Beweise gibt es nicht. Es gibt nur die Verbindung zu Silas, beide sind gemeinsam zur Schule gegangen, Freunde waren sie nicht, weil ein schwarzer und ein weißer Junge das in den achtziger Jahren im Süden nicht sein konnten. Während die Erzählung langsam, fast zögerlich voranschreitet, bewegt sie sich zugleich auch immer wieder zurück in die Vergangenheit.

Schicht um Schicht wird etwas freigelegt, drängt an die Oberfläche, bis die beiden Männer es nicht mehr einfach wegdrängen können. Und so steuert dieser starke, düstere Roman unaufhaltsam auf ein Ende zu, von dem man nicht mehr sagen sollte, als dass es nicht ganz so ausfällt, wie man es erwartet hat. Was nur für Franklin spricht - und für den kleinen Berliner Verlag Pulpmaster, der seit vielen Jahren die Bücher herausbringt, die es zu lesen lohnt.

Ein paar Jahre jünger als Franklin ist Ryan Gattis, gerade einunddreißig Jahre alt. Sein Roman über die Riots in Los Angeles von 1992, "In den Straßen die Wut", war ein beeindruckendes Debüt. "Safe" (Rowohlt, 416 S., geb., 20,- [Euro]) ist weniger episch, aber auch voller Tempo, Verzweiflung und Gewalt. Zwei Ich-Erzähler wechseln sich ab, man könnte auch sagen: Sie rasen dabei aufeinander zu. Der ehemalige Junkie Ricky Mendoza, genannt Ghost, begnadeter Safeknacker, inzwischen für die Polizei tätig, ein Toter auf Abruf wegen eines Hirntumors, erfüllt von der Erinnerung an Rose, seine einzige Liebe, die vor zehn Jahren an Krebs starb und ihm ein punkiges Mixtape hinterlassen hat.

Und Rudolfo Reyes, genannt Glasses, der Vertraute des örtlichen Drogenbarons, er hat Frau und Kind, er hat Dinge getan, an die er sich lieber nicht erinnert, er will raus und wird deshalb zum Spitzel für die Polizei.

Der eine will ein neues Leben, der andere nicht mehr leben, aber zuvor noch etwas Gutes tun, beide haben sie Angst. Das treibt Gattis' Parallelmontage voran, bis die Linien sich kreuzen und aus zwei Geschichten eine wird. Geschichten, glaubt Ghost, sind stärker als Kugeln und Messer, "weil Geschichten dich überleben. Geschichten können in andere Menschen eindringen und dort weiterleben." Das kann man so sehen.

PETER KÖRTE

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 31.10.2018

Toter
Winkel
Tom Franklin erzählt in
„Krumme Type, krumme Type“
vom abgehängten Amerika
VON STEFAN FISCHER
Was seine Freunde angehe, habe Larry einen komischen Geschmack, mosert Roy French, der Chefermittler des Gerald County in Mississippi. „Ich weiß nicht, ob’s Ihnen aufgefallen ist“, entgegnet Larry Ott: „Aber so viel Auswahl hatte ich nicht.“
Larry wird seit zwei Jahrzehnten verdächtigt, ein Nachbarsmädchen getötet zu haben. Die beiden hatten ein Date, danach war Cindy verschwunden. Es gibt keine Leiche, keine Beweise. Aber es gibt einige Indizien und daraus resultierend die unbarmherzige Konsequenz sozialer Ächtung. Wobei Larry schon vor diesem unseligen Abend Probleme hatte, Kumpel zu finden. Mit Silas Jones hat ihn als Kind etwas verbunden, dass einer Freundschaft zumindest nahe kam. Bis Larry es verbockt hat. Das komplizierte Verhältnis zwischen Larry, dem weißen Sohn eines Automechanikers und Landbesitzers, und Silas, dem schwarzen Sohn einer unverheirateten Frau aus armen Verhältnissen, steht im Zentrum von Tom Franklins „Krumme Type, krumme Type“.
Als junge Erwachsene haben die beiden sich aus den Augen verloren. Und nachdem Silas wieder nach Chabot zurückgekehrt ist, sind sie sich aus dem Weg gegangen. Doch jetzt, da wieder eine junge Frau verschwunden ist, kreuzen sich die Wege des einsamen Larry Ott und des trotzigen Constables Silas Jones, nur „32“ genannt, unwillkürlich wieder. Nicht nur auf der Ebene polizeilicher Ermittlungen.
Im Original heißt dieser Noir-Krimi „Crooked Letter, Crooked Letter“. Der Titel bezieht sich auf einen Reim, der Schülern in Mississippi als Eselsbrücke dient, um den Namen ihres Bundesstaates richtig zu buchstabieren. Mit dem verbogenen Buchstaben ist das „s“ gemeint. Crooked heißt auch verwachsen, unehrlich. Zuschreibungen, die durchaus auf Larry und Silas zutreffen – und auf eine stattliche Reihe weiterer Figuren: Menschen, die in den Vorurteilen der Eltern gefangen sind, die deren Verletzungen erben und die ein Ventil suchen für ihre Scham, für die vielen Demütigungen. Die es zum Teil besser machen wollen und nicht wissen, wie das geht. Und darüber unehrlich sich selbst gegenüber werden. „Krumme Type, krumme Type“ ist eine clevere Übertragung des Titels.
Franklin beschreibt einen heruntergekommenen Winkel der USA. Unkraut wächst durch die Risse der Bürgersteige, viele Häuser stehen leer und verfallen, die meisten Läden wurden irgendwann aufgegeben. Ein Bekleidungsgeschäft, das noch existiert, hat so wenige Kunden, dass es „ein Geschäft für Vintage-Mode geworden war, ohne sein Sortiment zu ändern“. Auch die weiße Bevölkerung ist längst unten angekommen. „32 Jones“ muss mit einem Schrotthaufen von Jeep herumfahren, so klamm ist die Gemeinde. Larry lebt davon, das Land seines Vaters Hektar für Hektar an das Sägewerk zu verkaufen, den einzigen Arbeitgeber am Ort. Andere dealen, und wenn sie Hunger haben, schießen sie Eichhörnchen. Hinterwalddunkel hatte Silas’ Mutter die Gegend manchmal geschmäht.
Der Blick, den Tom Franklin auf dieses Milieu wirft, ist weder voyeuristisch noch diffamierend. Mit seiner klaren, lakonischen Sprache macht er die Dinge nicht größer, als sie sind. Denn sie sind ohnehin schlimm genug, haben sie doch die Kraft, Menschen zu verbiegen, klein zu halten, normale Leben zu verhindern. Dem gewinnt Franklin eine kraftvolle Literatur ab. Er kennt kein Mitleid mit seinen Figuren, lässt keine mildernden Umstände gelten – empfindet aber nichts desto trotz eine starke Empathie für sie. Damit reiht Franklin sich in die stolze Tradition der Südstaaten-Literatur ein. Und präsentiert doch vor allem ein aktuelles Bild. Es zeigt ein abgehängtes Amerika, wie es in „Tief im Süden“ auch Paul Theroux malt, oder, im Norden am Beispiel der Neuengland-Staaten, Castle Freeman in seinen herrlich maulfaulen Thrillern.
„Krumme Type, krumme Type“ endet mit einem Vorsatz. Der kann die Wende zum Besseren bringen. Oder am Beginn einer neue Lebenslüge stehen.
Tom Franklin: Krumme Type, krumme Type. Aus dem Amerikanischen von Nikolaus Stingl. Verlag Pulp Master, Berlin 2018. 406 Seiten, 15,80 Euro.
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Perlentaucher-Notiz zur ZEIT-Rezension

"Große Literatur" nennt Rezensent Tobias Gohlis Tom Franklins "Krumme Type, krumme Type". Und wenn große Literatur aus den USA kommt, bemerkt Gohlis, handelt sie auffallend oft von kleinen Jungen. Die zwei Buben in Franklins Roman heißen Larry und Silas - der eine weiß, der andere schwarz. Ihre Familien verbindet ein altes Geheimnis, das tief vergraben liegt im ewigen Schweigen, lesen wir. Überhaupt sei "Krumme Type, Krumme Type" von den verschiedensten Arten des Schweigens erfüllt. Jeder scheint seine eigene zu haben - auch Silas, der 30 Jahre nachdem er und Larry beinahe Freunde geworden wären, gegen diesen ermitteln muss. Ein Mädchen ist verschwunden - genau wie damals. Und wieder wird Larry verdächtigt, das Opfer entführt zu haben. Es ist eine grandiose Geschichte, eine spannende Geschichte, hervorragend übersetzt von Nikolaus Stingl, die die Zustände in Mississippi beschreibt, wo schwarze und weiße Kinder schon längst Freunde werden können und trotzdem eine "dunkle Wolke" aus "Armut, Verzweiflung und Hass" ihre Schatten über das Land wirft, schließt Gohlis.

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