Einen ungewöhnlich offenen Einblick in den Alltag der Nationalen Volksarmee bieten die hier versammelten Briefe eines Wehrpflichtigen aus seiner 18-monatigen Dienstzeit an der Wende der Ulbricht-Ära zur Honecker-Zeit. Ohne Rücksicht auf eine mögliche Zensur wird darin nicht nur von stumpfsinnigem Drill, willkürlichen Bestrafungen, Inkompetenz beim Personal und störanfälliger Technik berichtet, sondern auch von der Ausbildung für einen Angriff auf die Bundesrepublik. Die authentischen Texte zeigen symptomatisch, dass der Dienst in einer Mot.-Schützen-Einheit für manchen Abiturienten einen Kulturschock bedeutete, da er eine Seite der DDR offenbarte, die viele bis dahin nicht für möglich gehalten hatten. Eine vorbehaltlose Identifikation mit der DDR und ihrem politischen System war danach kaum noch möglich.