Von 1951 bis in die 1990er-Jahre hinein führte die DAK etwa 450.000 Kinderkuren durch. Kinder, die »unterernährt«, »blutarm«, »krankheitsanfällig« oder »tuberkulosegefährdet« schienen, wurden zur Erholung in eines der kasseneigenen Heime - »Schuppenhörnle« im Schwarzwald, »Haus Hamburg« in Bad Sassendorf und »Haus Quickborn« in Westerland auf Sylt - geschickt oder in anderen Einrichtungen untergebracht. Gedacht als Maßnahme zur Gesundheitsvorsorge, wurden die Kinderkuren ganz unterschiedlich erlebt. Manche der verschickten Kinder im Alter von vier bis vierzehn Jahren haben sie in guter Erinnerung, andere litten in den Kurheimen unter Einsamkeit, Heimweh, Verlustängsten und einer strengen Behandlung. Der damals gängigen »schwarzen Pädagogik« folgend, kam es in einigen Fällen zu körperlichen Züchtigungen und anderen demütigenden Strafen, manchmal sogar zu sexuellen Übergriffen. Das Buch nimmt erstmals die Kinderkuren eines großen Trägers systematisch in den Blick, untersucht die quantitative Dimension und die organisatorischen Abläufe und rekonstruiert anhand von Interviews mit Zeitzeuginnen und Zeitzeugen den Alltag in den Heimen. Dr. Hans-Walter Schmuhl, apl. Prof. für Neuere Geschichte an der Universität Bielefeld, selbstständiger Historiker. Forschungsschwerpunkte: Geschichte des Nationalsozialismus, Medizin- und Wissenschaftsgeschichte, Diakoniegeschichte.
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»Das Schicksal der Verschickungskinder - Als erste Krankenkasse hat die DAK es jetzt aufgearbeitet. In einer 300-seitigen Studie wird ihr Leid ausführlich beschrieben.« ARD, Tagesschau 26.4.2023, 17 und 20 Uhr »So bestätigen Schmuhls im Fazit formulierten acht Hauptergebnisse die (begründeten) Annahmen, die bisher schon über die 'Verschickungen' nach 1945 im Gespräch waren: Die 'körperliche Integrität' der Kinder wurde im Kuralltag ständig verletzt. Sie mussten erleben, wie 'ihre Körper zu einem leblosen Objekt degradiert' wurden. Persönlichen Raum gab es nicht, ebenso wenig wie persönliche Dinge, beispielsweise geliebte Stofftiere, was zu Verunsicherung führen konnte. Als Gruppe wurden die Kinder vielfach sozial degradiert, in den Heimen herrschte ein 'entwürdigender Kommunikationsstil'. Dazu gehört, dass viele Kinder mit den Betreuern, vorwiegend Frauen übrigens, nicht offen sprechen konnten. Schließlich legten es die Erzieherinnen vielfach darauf an, die Gefühle der ihnen anvertrauten Kinder zu verletzen.« Sven Felix Kellerhoff, Die WELT »Erstmals entschuldigt sich jetzt eine Krankenkasse für die katastrophale Behandlung von Kindern in Kurheimen der alten Bundesrepublik ... Die neue Studie beleuchtet, was Kinder in kasseneigenen Heimen wie dem 'Schuppenhörnle' im Schwarzwald erlebten. 'Bin ein kleiner Klecks von Mensch. Allein, hilflos', schrieb ein damaliges Kurkind in einem Gedicht über diese Zeit. Allein sind die Kinder von damals, nach Jahrzehnten des Tabus, heute nicht mehr.« Caroline Fetscher, Tagesspiegel »... ein erstrangiger Beitrag zur Aufarbeitung des Themas Verschickungskinder« Südkurier »Der Ansatz ist schon mal positiv: Es wurde ein unabhängiger Fachmann beauftragt, anstatt dies vom Konzern selbst aufzuarbeiten und dort möglicherweise aus Imagegruünden etwas herunterzuspielen. Der Autor setzt sich kritisch mit Theorie und realen Auswirkungen auseinander, es ist kein Persilschein für eine Schönfärbung des Konzernes.« scharf-links.de »Es ist die bisher einzige wissenschaftliche Untersuchung über die Zustände in den Kinderkurheimen der DAK zwischen 1950 und 1990.« Deutschlandfunk »Sprachlich gewandt und vom Aufbau sich an dem Ablauf einer Kur orientierend, wird dieses Buch - in bestem Sinne - zu einer wissenschaftlich fundierten, theoretisch unterfütterten Erzählung. Die Grenzen der Methode und eine Kritik an den Quellen zeigen gleichzeitig auf, wo und wie weitergeforscht werden sollte ... Dieses Buch ist eine wegweisende Arbeit, an der sich weitere Studien zum Thema Verschickungskinder in der BRD in den Jahren 1945 bis 1990 orientieren werden. Die zentralen Themen von Gewalt werden benannt und eingeordnet. Den Betroffenen wird sehr deutlich und auf wissenschaftliche und zugleich empathische Weise Gehör verschafft.« Gudrun Silberzahn-Jandt, social.net