Unter seiner Präsidentschaft gewann der FC Bayern 1932 seine erste Deutsche Meisterschaft. 1933 wird er als Jude gezwungen zurückzutreten, 1938 nach Dachau deportiert; später kann er in die Schweiz fliehen. Viele seiner Geschwister kommen im Holocaust um. Doch nach dem Krieg kehrt er nach München zurück, auch zum Verein - denn Fußball ist sein Leben.
Von Kurt Landauers Privatleben war bislang nur wenig bekannt. Er war seit 1927 mit Maria Baumann, der Haushälterin seiner Familie, liiert. Ein Verhältnis, das lange geheim blieb. Trotz der drohenden Denunziation nach den sogenannten Nürnberger Rassegesetzen hielt sie als Nicht-Jüdin an der Liebesbeziehung fest, auch während Landauers Emigration riss der Kontakt nie ab. Aus der Schweiz schrieb er der Geliebten einen langen Brief, seinen »Lebensbericht«, in dem er ihr Rechenschaft gibt über ihre Beziehung und sie bittet, ihn zu heiraten.
Dieser »Lebensbericht« und andere Briefe des Paars bis 1948, als sie wieder zusammen in München leben, zusammen mit den aufschlussreichen Kommentaren der Herausgeberinnen sowie vielen privaten Fotos und Dokumenten, zeichnen das eindrückliche Bild einer deutsch-jüdischen Beziehung bis in die Nachkriegszeit.
Von Kurt Landauers Privatleben war bislang nur wenig bekannt. Er war seit 1927 mit Maria Baumann, der Haushälterin seiner Familie, liiert. Ein Verhältnis, das lange geheim blieb. Trotz der drohenden Denunziation nach den sogenannten Nürnberger Rassegesetzen hielt sie als Nicht-Jüdin an der Liebesbeziehung fest, auch während Landauers Emigration riss der Kontakt nie ab. Aus der Schweiz schrieb er der Geliebten einen langen Brief, seinen »Lebensbericht«, in dem er ihr Rechenschaft gibt über ihre Beziehung und sie bittet, ihn zu heiraten.
Dieser »Lebensbericht« und andere Briefe des Paars bis 1948, als sie wieder zusammen in München leben, zusammen mit den aufschlussreichen Kommentaren der Herausgeberinnen sowie vielen privaten Fotos und Dokumenten, zeichnen das eindrückliche Bild einer deutsch-jüdischen Beziehung bis in die Nachkriegszeit.
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Rezensent David Lindenfeld freut sich über den von J. Fleckenstein und R. Salamander herausgegebenen Band mit dem "Lebensbericht" Kurt Landauers und seiner Korrespondenz mit seiner Geliebten Maria Baumann. Dass der Jude Landauer, der 1933 ins Exil gehen musste, eine der wichtigsten Figuren für den FC Bayern war, erfährt Lindenfeld hier allerdings nur am Rand. Im Vordergrund steht im Band sein Privatleben, die Flucht und damit laut Lindenfeld ein "wichtiges" Stück Zeitgeschichte.
© Perlentaucher Medien GmbH
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 22.09.2021Erst die Liebe, dann der Sport
Ein Buch über Kurt Landauer, ehemaliger Präsident des FC Bayern
Wer war Kurt Landauer? Das ist eine Frage, die vor allem für den FC Bayern relevant ist. Umso erstaunlicher, dass ihr der Münchner Fußballklub bei der Aufarbeitung der eigenen Geschichte lange wenig Platz eingeräumt hat. Dem Spiegel sagte der ehemalige Bayern-Präsident Willi Otto Hoffmann über die Zeit nach Landauers Tod im Jahr 1961: "Wir mussten damals kämpfen ums nackte Überleben, wir waren alle so eingespannt - etwa in der neuen Bundesliga -, dass für die Pflege der Tradition kein Raum mehr war."
So wurde eine der prägendsten Figuren der Vereinsgeschichte beinahe vergessen. Den erinnerungskulturellen Stein ins Rollen brachten jedenfalls die Fans der Münchner. Sie zeigten Landauers Konterfei 2009 bei einem Spiel in einer Choreographie. Der Klub ernannte ihn 2013 posthum zum Ehrenpräsidenten. 2015 wurde der Platz vor der Allianz Arena nach ihm benannt. Denn Landauer, sagen nicht wenige, ist mitverantwortlich dafür, dass der FC Bayern der Klub ist, der er heute ist.
Viermal war er Präsident. 1932 gewannen die Münchner unter ihm erstmals die Deutsche Meisterschaft. Doch 1933 sah er sich als Jude gezwungen, sein Amt aufzugeben. Er flüchtete ins Exil und kehrte nach dem Krieg als einer von 57 der vielen geflohenen Münchner Juden in seine Heimatstadt zurück.
Dass inzwischen mehr über Landauers Privatleben bekannt ist, verdankt sich Jutta Fleckenstein, Historikerin und stellvertretende Direktorin am Jüdischen Museum München, und der Publizistin Rachel Salamander. Mit ihrem Buch erinnern sie an ein wichtiges Stück Zeitgeschichte. Es enthält unter anderem einen Lebensbericht von Landauer, den er aus dem Genfer Exil an seine Geliebte Maria Baumann schrieb, und die Korrespondenz des Paares, das aufgrund der Herrschaft der Nationalsozialisten acht Jahre lang voneinander getrennt lebte.
Eine Nichte von Baumann übergab die Dokumente 2017 an das Jüdische Museum in München. Dort hatten sich die beiden 1927 kennengelernt. Sie Protestantin, er Jude. Damals begann die 27 Jahre alte Maria Baumann als Haushälterin bei den Landauers zu arbeiten, wo sie ihm zufolge das "Vermoderte aufhellte". Landauer war 43 Jahre alt, hatte früher als Torwart in der zweiten Mannschaft des FC Bayern gespielt und war schon vor dem Ersten Weltkrieg dessen Präsident gewesen.
Doch darum geht es stets nur am Rande. Im Zentrum stehen die Flucht vor den Nationalsozialisten, das Leben im Exil und vor allem Landauers Liebe zu Maria Baumann. Ihr hat er einiges mitzuteilen. 77 Seiten lang ist sein Lebensbericht, weil zwischen dem Paar "so viel Unausgesprochenes, so viel Ungeklärtes" ist.Das liegt auch an Maria Klopfer, einer Jüdin, in die sich Landauer vor dem Ersten Weltkrieg verliebt hatte und die ihn rettete. Durch sie gelangte er ins Exil, wo er auf ihre Kosten lebte.
Diese Abhängigkeit war schwer zu ertragen für Landauer, der dem Tod gerade noch entkommen war: "Leider, leider ist man damals zu kurzsichtig gewesen, leider, leider war man immer der Meinung gewesen, dies oder jenes könne nicht geschehen." Vier seiner Geschwister wurden von den Nationalsozialisten ermordet. Landauer, der 1938 selbst nach Dachau deportiert, als ehemaliger Frontkämpfer des Ersten Weltkriegs aber wieder freigelassen wurde, war im Exil über die Gräueltaten informiert. Er hätte sich, so deutet er mehrmals an, lieber umgebracht, als noch einmal in ein Konzentrationslager zu gehen. Am Leben erhielt ihn in Genf nicht der Fußball, dem er verbunden blieb, sondern vor allem die Briefe seiner Geliebten.
Der FC Bayern hat Landauer viel zu verdanken. Der Münchner organisierte Testspiele gegen ausländische Vereine, trat ein für Unfallversicherungen, Massageräume und Gehälter für die Spieler. Er modernisierte und professionalisierte den Klub, wurde nach dem Krieg abermals Präsident und nahm ehemalige Nationalsozialisten wieder als Mitglieder auf. Doch der Fußball war nicht die treibende Kraft für seine Rückkehr, wie er seiner Geliebten schreibt: "Der Bayern wegen komme ich ja nicht, da ist schon ein ganz anderer Anziehungspunkt!!" DAVID LINDENFELD
J. Fleckenstein und R. Salamander (Hrsg.): "Kurt Landauer". Der Präsident des FC Bayern. Lebensbericht und Briefwechsel mit Maria Baumann.
Insel Verlag, Berlin 2021. 379 S., geb., 28,- Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Ein Buch über Kurt Landauer, ehemaliger Präsident des FC Bayern
Wer war Kurt Landauer? Das ist eine Frage, die vor allem für den FC Bayern relevant ist. Umso erstaunlicher, dass ihr der Münchner Fußballklub bei der Aufarbeitung der eigenen Geschichte lange wenig Platz eingeräumt hat. Dem Spiegel sagte der ehemalige Bayern-Präsident Willi Otto Hoffmann über die Zeit nach Landauers Tod im Jahr 1961: "Wir mussten damals kämpfen ums nackte Überleben, wir waren alle so eingespannt - etwa in der neuen Bundesliga -, dass für die Pflege der Tradition kein Raum mehr war."
So wurde eine der prägendsten Figuren der Vereinsgeschichte beinahe vergessen. Den erinnerungskulturellen Stein ins Rollen brachten jedenfalls die Fans der Münchner. Sie zeigten Landauers Konterfei 2009 bei einem Spiel in einer Choreographie. Der Klub ernannte ihn 2013 posthum zum Ehrenpräsidenten. 2015 wurde der Platz vor der Allianz Arena nach ihm benannt. Denn Landauer, sagen nicht wenige, ist mitverantwortlich dafür, dass der FC Bayern der Klub ist, der er heute ist.
Viermal war er Präsident. 1932 gewannen die Münchner unter ihm erstmals die Deutsche Meisterschaft. Doch 1933 sah er sich als Jude gezwungen, sein Amt aufzugeben. Er flüchtete ins Exil und kehrte nach dem Krieg als einer von 57 der vielen geflohenen Münchner Juden in seine Heimatstadt zurück.
Dass inzwischen mehr über Landauers Privatleben bekannt ist, verdankt sich Jutta Fleckenstein, Historikerin und stellvertretende Direktorin am Jüdischen Museum München, und der Publizistin Rachel Salamander. Mit ihrem Buch erinnern sie an ein wichtiges Stück Zeitgeschichte. Es enthält unter anderem einen Lebensbericht von Landauer, den er aus dem Genfer Exil an seine Geliebte Maria Baumann schrieb, und die Korrespondenz des Paares, das aufgrund der Herrschaft der Nationalsozialisten acht Jahre lang voneinander getrennt lebte.
Eine Nichte von Baumann übergab die Dokumente 2017 an das Jüdische Museum in München. Dort hatten sich die beiden 1927 kennengelernt. Sie Protestantin, er Jude. Damals begann die 27 Jahre alte Maria Baumann als Haushälterin bei den Landauers zu arbeiten, wo sie ihm zufolge das "Vermoderte aufhellte". Landauer war 43 Jahre alt, hatte früher als Torwart in der zweiten Mannschaft des FC Bayern gespielt und war schon vor dem Ersten Weltkrieg dessen Präsident gewesen.
Doch darum geht es stets nur am Rande. Im Zentrum stehen die Flucht vor den Nationalsozialisten, das Leben im Exil und vor allem Landauers Liebe zu Maria Baumann. Ihr hat er einiges mitzuteilen. 77 Seiten lang ist sein Lebensbericht, weil zwischen dem Paar "so viel Unausgesprochenes, so viel Ungeklärtes" ist.Das liegt auch an Maria Klopfer, einer Jüdin, in die sich Landauer vor dem Ersten Weltkrieg verliebt hatte und die ihn rettete. Durch sie gelangte er ins Exil, wo er auf ihre Kosten lebte.
Diese Abhängigkeit war schwer zu ertragen für Landauer, der dem Tod gerade noch entkommen war: "Leider, leider ist man damals zu kurzsichtig gewesen, leider, leider war man immer der Meinung gewesen, dies oder jenes könne nicht geschehen." Vier seiner Geschwister wurden von den Nationalsozialisten ermordet. Landauer, der 1938 selbst nach Dachau deportiert, als ehemaliger Frontkämpfer des Ersten Weltkriegs aber wieder freigelassen wurde, war im Exil über die Gräueltaten informiert. Er hätte sich, so deutet er mehrmals an, lieber umgebracht, als noch einmal in ein Konzentrationslager zu gehen. Am Leben erhielt ihn in Genf nicht der Fußball, dem er verbunden blieb, sondern vor allem die Briefe seiner Geliebten.
Der FC Bayern hat Landauer viel zu verdanken. Der Münchner organisierte Testspiele gegen ausländische Vereine, trat ein für Unfallversicherungen, Massageräume und Gehälter für die Spieler. Er modernisierte und professionalisierte den Klub, wurde nach dem Krieg abermals Präsident und nahm ehemalige Nationalsozialisten wieder als Mitglieder auf. Doch der Fußball war nicht die treibende Kraft für seine Rückkehr, wie er seiner Geliebten schreibt: "Der Bayern wegen komme ich ja nicht, da ist schon ein ganz anderer Anziehungspunkt!!" DAVID LINDENFELD
J. Fleckenstein und R. Salamander (Hrsg.): "Kurt Landauer". Der Präsident des FC Bayern. Lebensbericht und Briefwechsel mit Maria Baumann.
Insel Verlag, Berlin 2021. 379 S., geb., 28,- Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
»Dass inzwischen mehr über Landauers Privatleben bekannt ist, verdankt sich Jutta Fleckenstein und Rachel Salamander. Mit [Kurt Landauer] erinnern sie an ein wichtiges Stück Zeitgeschichte.« David Lindenfeld Frankfurter Allgemeine Zeitung 20210922