Schatten der Vergangenheit
Normalerweise würde sich Victor über das unverhoffte Wiedersehen mit seinem ehemaligen Mitschüler Fitzpatrick freuen. Aber ausgerechnet dieser Mann, der behauptet, mit ihm zur Schule gegangen zu sein, bereitet Victor ein ungutes Gefühl. Anstatt Verbundenheit zu spüren,
wächst die Abneigung, denn mit jedem Gespräch kommen lange verdrängte Erinnerungen bei Victor hoch,…mehrSchatten der Vergangenheit
Normalerweise würde sich Victor über das unverhoffte Wiedersehen mit seinem ehemaligen Mitschüler Fitzpatrick freuen. Aber ausgerechnet dieser Mann, der behauptet, mit ihm zur Schule gegangen zu sein, bereitet Victor ein ungutes Gefühl. Anstatt Verbundenheit zu spüren, wächst die Abneigung, denn mit jedem Gespräch kommen lange verdrängte Erinnerungen bei Victor hoch, die mit einem harmlosen Lächeln begonnen haben...
Wenn ich mir den fröhlich lächelnden Jungen auf dem Cover anschaue, der mit ein wenig Schalk im Nacken die Leser:innen dazu einlädt, seiner Geschichte im Buch zu folgen, ist mir noch nicht bewusst, mit welchen schockierenden Ereignissen ich im Verlauf der Lektüre konfrontiert werde.
Doyle reißt nämlich den Mantel des Schweigens auf und ermöglicht seiner Leserschaft, einen Blick hinter die Türen der katholischen Pfarrschule zu werfen. Was dort im Namen der Barmherzigkeit geschieht, ist einfach nur unfassbar. Der Autor bringt den sexuellen Missbrauch an Kindern durch katholische Priester ans Tageslicht und gibt den Betroffenen eine Stimme, um endlich gehört zu werden.
Dabei steht Victor stellvertretend für alle, die in der Kindheit seelischen und körperlichen Missbrauch durch die Bediensteten der katholischen Kirche erfahren haben. Er zeigt den Lesenden, welche negative Macht von den traumatisierenden Vorfällen ausgeht und wie tief die Erinnerung sitzt, denn sie prägen für den Rest des Lebens.
Das Buch ist provokant und aufwühlend zugleich , aber Doyle spricht nie direkt an, sondern umschreibt das Gewesene. Zur endgültigen Aufarbeitung der Ereignisse fehlt mit ein wenig der tiefere Bezug zur Vergangenheit. Das letzte Gespräch zwischen Victor und Fitzpatrick verlangt viel Aufmerksamkeit, bleibt aber für mich etwas zu verwirrend. Der Twist ist ein gelungener Schachzug, aber trotzdem bleiben ein paar Fragezeichen zurück.
Ein wichtiges Buch, um die Missstände in der katholischen Kirche anzuprangern