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Menschen sind Wesen, die mehr sein wollen, als sie sind In einer postmodernen Gesellschaft forscht Eva Menasse nach archaischen Mustern. Sie spürt den sieben Todsünden nach und findet Trägheit und Gefräßigkeit, Wollust und Hochmut, Zorn, Neid und Habgier in den Taten ihrer ganz und gar weltlichen Protagonisten. Wie schon in ihrem Debütroman »Vienna« erzählt sie mit der ihr eigenen Mischung aus Poesie und Komik Geschichten, die einem nicht mehr aus dem Kopf gehen. Auf Gott können wir längst verzichten. Doch haben wir damit auch die Sünde abgeschafft? Anhand der alten Lehre von den sieben…mehr

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Produktbeschreibung
Menschen sind Wesen, die mehr sein wollen, als sie sind In einer postmodernen Gesellschaft forscht Eva Menasse nach archaischen Mustern. Sie spürt den sieben Todsünden nach und findet Trägheit und Gefräßigkeit, Wollust und Hochmut, Zorn, Neid und Habgier in den Taten ihrer ganz und gar weltlichen Protagonisten. Wie schon in ihrem Debütroman »Vienna« erzählt sie mit der ihr eigenen Mischung aus Poesie und Komik Geschichten, die einem nicht mehr aus dem Kopf gehen. Auf Gott können wir längst verzichten. Doch haben wir damit auch die Sünde abgeschafft? Anhand der alten Lehre von den sieben Todsünden widmet sich Eva Menasse den großen Themen der Literatur: Liebe und Hass, Schuld und Vergebung. Denn die Menschen verfehlen einander auch heute aus denselben Gründen wie vor Jahrhunderten. Ein Familienvater ist zu träge, um gegen Töchter und Exfrau ein eigenes kleines Glück durchzusetzen. Ein junges Liebespaar vermeidet die Kompliziertheiten der Sexualität, indem es den einen zum Pfleger, die andere zur Kranken macht. Ein Mann verpasst sein ganzes Leben, weil er sich keine Schwäche leisten will. Und ein geschiedenes Paar bekämpft einander bis ans Grab des gemeinsamen Kindes. Leidenschaftlich und liebevoll geht die Autorin mit ihren Figuren ins Gericht. Hinter den Fassaden, da, wo die Sünden sind, steckt schließlich der menschliche Kern. Und so wie die einzelnen Todsünden einander berühren und ineinander übergehen, tun es auch diese Geschichten. Orte und Figuren tauchen auf und kehren wieder, Zusammenhänge erschließen sich quer durch die Kapitel - wie in »Vienna« erschafft Eva Menasse mit unverwechselbarem Witz und erzählerischer Rasanz ein großes Ganzes.

Dieser Download kann aus rechtlichen Gründen nur mit Rechnungsadresse in A, B, CY, D, DK, EW, E, FIN, F, GR, IRL, I, L, M, NL, P, S, SLO, SK ausgeliefert werden.

Autorenporträt
Eva Menasse, geboren 1970 in Wien, begann als Journalistin und debütierte im Jahr 2005 mit dem Familienroman »Vienna«. Es folgten Romane und Erzählungen (»Lässliche Todsünden«, »Quasikristalle«, »Tiere für Fortgeschrittene«), die vielfach ausgezeichnet und übersetzt wurden. Preise (Auswahl): Heinrich-Böll-Preis, Friedrich-Hölderlin-Preis, Jonathan-Swift-Preis, Österreichischer Buchpreis, Bruno-Kreisky-Preis, Jakob-Wassermann-Preis und das Villa-Massimo-Stipendium in Rom. Eva Menasse betätigt sich zunehmend auch als Essayistin und erhielt dafür 2019 den Ludwig-Börne-Preis. Ihr letzter Roman »Dunkelblum« war ein Bestseller und wurde in neun Sprachen übersetzt. Sie lebt seit über 20 Jahren in Berlin.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 14.11.2009

Der Herrgott wird's schon richten

Standes- und landestypische Gestörtheiten unter Wiener Intellektuellen: Mit "Lässliche Todsünden" hat Eva Menasse einen scharfsichtigen Erzählband geschrieben.

Von Martin Halter

Todsünden sind nach katholischer Lehre schwere, willentlich und wissentlich begangene Verfehlungen, die mit ewiger Verdammnis geahndet werden; auf lässliche Sünden steht nur das Fegefeuer als Strafe. Lässliche Todsünden sind also schwarze Schimmel, ein Oxymoron, und paradoxe Figuren sind auch die armen Sünder Eva Menasses. Weder für Todsünden noch für Ehrenrunden in der Vorhölle geschaffen, verwirken sie mit ihren kleinen, ohne Vorsatz und Not begangenen Fauxpas ihr irdisches Seelenheil.

Die Strafe kommt nicht aus heiterem Himmel: Als Intellektuelle und Österreicher sind sie nachlässig und kommod ironisch bis zur Abstumpfung. Über ihre Dummheiten, ihr schlampiges Gefühlsleben, ihre kaputten Beziehungen und Familien trägt sie ein gewisser "Opferstolz" hinweg, der leicht mit Herzensträgheit oder Hochmut zu verwechseln ist. Gott ist natürlich tot, aber der Herrgott wird's schon richten. Wenn man ihn einen guten Mann sein lässt, darf man schon mal Frau, Kinder, Freunde oder auch sich selbst betrügen.

Für die Wölfe, "Leitzicken" und Streithammel des Wiener Kulturbetriebs - Professoren, Journalisten, Künstler, smarte Unternehmer, abgebrühte Politiker, allesamt mit Patchwork-Familien, Teilzeitgeliebten, gebrochenen Biographien und fragmentarischem Wertekanon ausgestattet - gibt es weder Tragödien noch Todsünden. Alles ist erlaubt und lässlich, solange es nur standesgemäß und stilvoll, nicht zu spießig und nicht zu extravagant ist: Ehebruch, Arroganz, Gefühlskälte, Verrat, kleine Bosheiten, Intrigen und fiese Psychotricks.

Für das Betroffenheits- und "Wohlstandsgerede von Traumatisierung und innerer Bearbeitung" haben die beruflich und sexuell hochtourig drehenden Freigeister nur Hohn übrig. Sie wollen ja nur spielen. Bloß nicht jammern oder sentimental werden, Blößen zeigen oder Verantwortung übernehmen. Selbstironische Laxheit und Lässigkeit im Angesicht tödlichen Ernstes gehört zum guten Ton unter den arrivierten linken Melancholikern, jedenfalls in Wien; so werden selbst schwere Sinn- und Beziehungskrisen, Müdigkeit und Trauer blasiert verdrängt und charmant weggewitzelt. Aber höhnische Distanz macht auf die Dauer auch einsam und verbittert, und eitle Selbstbetrachtung noch beim Kontrollverlust und Scheitern hinterlässt ein schales Gefühl. Ein überentwickeltes "Distinktionsorgan" für Peinlichkeit und Kitsch wirkt manchmal so lähmend wie ein amputiertes Bein oder ein fehlendes Herz.

In "Trägheit" zieht ein müder Frauenheld nach seiner Scheidung erst in eine Männer-WG und dann zu seinen Töchtern: Überall ist es bequemer als bei der starken, neurotischen Frau zu Hause oder der schwachen, infantilen Geliebten. In "Gefräßigkeit" wird die junge, naive Martine von ihrer Lehrerin und großen Liebe bitter enttäuscht: Die taffe Fiona behandelt sie wie eine dumme Schülerin und demütigt sie wegen eines Stückchens Käse. Cajou, Zyniker aus altem Geschlecht, heiratet, der exaltierten Boheme-Luder und anstrengenden "Lebensmenschen" überdrüssig, ein hochadliges Dummchen mit festen katholischen Grundsätzen. Für Marie-Therese nimmt er sogar eine "Ehevorbereitung inklusive Bibellektüre" und die landes- und "standestypischen Gestörtheiten" einer antisemitisch-reaktionären Familie auf sich, aber auf der Mesalliance des Décadents liegt auch kein Segen. "Er war nie ganz bei sich, ein Teil war immer woanders, auf einem ironischen Beobachterposten", und daran scheitert letztlich auch seine hochmütige Selbstkasteiung. In "Wollust", der vielleicht besten Erzählung, lässt sich Rument von den multiplen Allergien und der Hygienehysterie seiner Geliebten zum Eunuchen degradieren. Weil sie überall Scheidenpilze, Urinübersäuerung und Nickelallergien spürt, trägt er ihr Blasentee und Apfelessig ans Bett, fährt sie ins Spital und zur Kräuterhexe und verzichtet sogar auf Sex. Aber weder mit Gewalt noch auf die sanfte Tour dringt er in die verwaisten Feuchtgebiete vor: Ohne "Beischlafoption" ist er nur noch ein kastrierter Krankenpfleger, ein "unklar verletzter, missgelaunter Troll", der seine schmutzigen Phantasien mit kalten Duschen und aufgeschäumtem Cappuccino in Schach halten muss.

Nora, freie Kulturjournalistin mit jüdischen Wurzeln (und wohl auch ein Selbstporträt der Autorin), blamierte sich am Anfang ihrer Karriere bei einem Interview mit Josef Tolomei, einer Größe in der Wiener Kulturmafia. Aus Scham und Schwäche fordert sie kein Honorar, als er sie Jahrzehnte später um eine Gefälligkeit bittet; schließlich geht es um eine "gute Sache" und gegen den Sheriff, einen feschen braunen Politiker vom Schlage Jörg Haiders. Der knausrige Tolomei stürzt dann doch über eine Intrige seiner Parteifreunde, aber Nora kann keine Genugtuung über ihren Sieg empfinden. Der Stich mit der "Nazi-Karte" war zu billig. Ihren Freund, einen Berliner Piefke, macht dieses verschämte Gekungel und Gekabbel fassungslos und wütend.

Die Erzählung steht für die Sünde der Habgier. So diskret und beiläufig wie hier das delikate Motiv des jüdischen Materialismus werden auch die anderen Todsünden verhandelt. "Das Wenigste ist einfach, eigentlich fast nichts, und nie das Interessante." Menasse seziert komplizierte Beziehungsgeflechte mit sprachlicher und psychologischer Raffinesse, mit diskreten Andeutungen, Rückblenden und Querverweisen so subtil und virtuos, dass man die Struktur und den dramatischen Kern ihrer Erzählungen oft erst beim zweiten oder dritten Lesen begreift. Das liegt auch an einem unterkühlten, fast hochmütigen Ton und ruppigen Sarkasmen wie "Mütter kurz vor der Marktuntauglichkeit" oder "dieses Herz auf Beinen, das sich rührenderweise für eine schizophrene Zynikerin hält".

Nicht nur stilistisch steht Menasse in der Tradition der Wiener Moderne; auch ihre nervösen Charaktere und Neurotiker sind echte Wiener Würstchen. Freuds "weibliche Hysterie", die süßen Mädel Schnitzlers und Musils "Mann ohne Eigenschaften" heißen heute anders und sind auch längst nicht mehr geschlechtsspezifisch zuzuordnen. Die Klassengegensätze, die bürgerliche Sexualmoral, die ethnischen und intellektuellen Distinktionen Kakaniens haben sich in feinen Unterschieden aufgelöst. Geblieben ist, gerade in den gebildeten und emanzipierten Ständen, eine Melange aus hochmütigem Dünkel, lächelndem Schmäh und aufreizender moralischer Indolenz. Nach ihrem großen Familienepos "Vienna" zeigt Eva Menasse, dass sie auch die Laster und Sitten, Befindlichkeiten und Empfindlichkeiten der neueren Wiener Intelligenz scharfsichtig und gnadenlos beschreiben kann.

Eva Menasse: "Lässliche Todsünden". Erzählungen. Verlag Kiepenheuer & Witsch, Köln 2009. 253 S., geb., 18,95 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 05.10.2009

Der Reigen der Laster
Wiener Sittenbilder mit Kakanus: Eva Menasses Erzählungsband „Lässliche Todsünden”
„Lässliche Todsünden”, das klingt wie der Versuch einer Provokation, adressiert an glaubensfeste Katholiken. Doch gar so weit ist es damit nicht her, denn der Titel des Erzählbandes von Eva Menasse bezieht sich nicht auf jene Verfehlungen, die im katholischen Katechismus als „peccatum mortiferum” bezeichnet werden und niemals „lässlich” sein können. Die Autorin übernimmt vielmehr eine Begriffsverwirrung, die in der abendländischen Kulturgeschichte eine lange Tradition besitzt – die umgangssprachliche Verwechslung der Todsünden, zu denen im theologischen Verständnis etwa Mord, Ehebruch und bewusste Abwendung von Gott zählen, mit den sieben „Wurzelsünden” oder „Hauptlastern”.
Acedia, Gula, Luxuria, Ira, Superbia, Invidia und Avaritia, bei Menasse übersetzt als Trägheit, Gefräßigkeit, Wollust, Zorn, Hochmut, Neid und Habgier, sind jedoch per definitionem noch keine Vergehen, sondern Charaktereigenschaften oder, wie man heute sagen würde, psychische Dispositionen, die nach spätantik-mittelalterlicher Lehre sowohl lässliche als auch Todsünden, im Extremfall „himmelschreiende” Sünden nach sich ziehen können, mithin die Wurzel allen Übels im menschlichen Zusammenleben sind. Der Soziologe Gerhard Schulze hat in seinem Buch „Die Sünde. Das schöne Leben und seine Feinde” (2006) versucht, diese Kausalität endgültig für nichtig zu erklären, indem er die Laster mit leichter Hand umdeutete zu legitimen menschlichen Regungen und Antrieben, Symptomen einer diesseitigen Glückssuche, die ein repressives religiöses System unseren Vorfahren habe verweigern wollen.
Dabei geht Schulzes Traktat gleich einem anderen System in die Falle, nämlich der spätkapitalistischen Konsumgesellschaft, für deren Funktionieren geradezu konstitutiv ist, was einst als verwerflich galt: „Superbia” bedeutet auch Ruhmsucht und Übermut, „Luxuria” auch Ausschweifung und Völlerei, „Gula” auch Maßlosigkeit, „Acedia” auch Ignoranz. Es wäre aufschlussreich, im Licht des globalen Krisenschocks den alten Lasterkatalog abermals unter die Lupe zu nehmen.
Von solchen Ambitionen ist Eva Menasse, die nach ihrem Romandebüt „Vienna” nun ihr zweites Prosawerk vorlegt, weit entfernt. Sie bleibt in den Grenzen des Privaten, erzählt Beziehungsgeschichten ehelicher, erotischer, familiärer und beruflicher Art und benutzt die fälschlich sogenannten Todsünden als Etikett und Ordnungsprinzip – wohl weil sie weiß, dass die halbwegs gebildete Leserschaft, so durchsäkularisiert sie auch sein mag, jene Begriffswelt noch in ihrer kollektiven Erinnerung gespeichert hat und mehr oder weniger Aufregendes damit verbindet. Der knackige Apfel auf dem Umschlag, der zudem die Assoziation der Erbsünde ins Spiel bringt, verrät, dass es hier eher um Signale geht als um Signifikanz.
Beislwirte und Liebesunordnung
Vorgeführt werden soll, wie menschliche Schwächen, die sich vage den sieben Hauptlastern zuordnen lassen, ganze Lebensläufe prägen können. Die entstehenden Schäden betreffen allerdings nur die individuelle Befindlichkeit von Figuren, die weder scharfe Konturen gewinnen noch besondere Sympathie wecken. Es erfordert einige Geduld, diesen Biographien zu folgen, die sich mit kühnen Zeitsprüngen zum Teil über Jahre und Jahrzehnte dehnen, sind sie doch, ganz wie im literaturfernen Leben, unübersichtlich, vielfach banal und nur selten spannend.
Das Interessanteste an den Geschichten ist die Frage, was die Autorin bewogen haben könnte, sich gerade mit diesen leicht zerzausten Alltagsschicksalen so detailverliebt zu befassen, so lässig in deren Windungen herumzuspazieren, als hätte sie alle Erzählzeit der Welt, ohne Bedenken, dass der Leser dabei ermüden könnte. Kaum eine der Erzählungen besitzt, auf ihre titelgebende „Todsünde” bezogen, so etwas wie Parabelcharakter oder auch nur eine klare, aussagekräftige Struktur. In manchen Fällen kommt es einer Suchbild-Aufgabe gleich, herauszufinden, an welcher Stelle der Handlung sich die „Todsünde” versteckt und welche Funktion sie für das Geschehen hat.
Umso deutlicher springt ins Auge, dass alle sieben Erzählungen in einem bestimmten Wiener Milieu angesiedelt sind, das man im weitesten Sinne als Intellektuellenszene bezeichnen könnte. Dort ist die Verfasserin zu Hause, auch wenn sie schon seit einigen Jahren in Berlin lebt. Es scheint, als habe es sie vor allem gereizt, mit Porträts und Personenkonstellationen aus jenem heimatlichen Umfeld zu spielen. Dass sie im Reich der Regisseure, Redakteure, Professoren, Dichter, frustrierten Französischlehrerinnen, adeligen Unternehmenschefs und überqualifizierten Beislwirte nach Beziehungskrisen und Sexualnot, Ehe-Elend und Elternstress, Missgunst, Missverständnissen und anderweitiger Unordnung nicht lange zu fahnden brauchte, leuchtet ein.
Kurzweilig sind diese Sittenbilder immer dann, wenn bösartiger Wiener Charme und schräge Österreich-Exotismen durchschimmern, doch leider bleiben solche Stellen rar. Am ergiebigsten ist da noch der Einblick in die Adelssphäre, der unter dem standesgemäßen Aufkleber „Hochmut” manches ausplaudert, was die Boulevardpresse verschweigt. Die Liebesverstrickungen des Protagonisten Carl Ludwig, genannt „Cajou” oder auch „Kakanus”, geraten dann schon wieder zu langatmig, um zu fesseln. Dafür prägt sich der Schluss ein, der das Sprichwort „Hochmut kommt vor dem Fall” in ein ebenso elegantes wie melancholisches Bild fasst.
In die letzte Geschichte hat Eva Menasse ihre Erfahrungen als Journalistin einfließen lassen: Die Heldin Nora, Jüdin, Dokumentarfilmerin, hartnäckig bei der Recherche und zunehmend selbstbewusst im Umgang mit neurotischen Künstlern und Kollegen, trägt offenkundig Züge der Autorin. Im Dunkeln bleibt indes, ob die Überschrift „Habgier” dadurch ironisiert werden soll, dass Nora versucht, berechtigte und offenbar maßvolle Honorarforderungen durchzusetzen, oder ob womöglich etwas ganz anderes damit gemeint ist.
Wie auch immer die Lösung lautet – sie rührt jedenfalls nicht an Grundfragen der menschlichen Existenz. „Lässliche Laster” wäre ein passenderer Titel für das Buch gewesen. Auch hätte die Alliteration sich sehr gut gemacht. Aber „Todsünden” sind – wenn das die Kirchenväter noch erlebt hätten! – einfach das bessere Verkaufsargument.
KRISTINA MAIDT-ZINKE
EVA MENASSE: Lässliche Todsünden. Verlag Kiepenheuer & Witsch, Köln 2009. 253 Seiten, 18,95 Euro.
James Ensors Radierung „Die Todsünden vom Tod beherrscht” (Ausschnitt) Foto: akg-images
Eva Menasse Foto: picture alliance
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.sz-content.de
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Die Presse über Eva Menasses Roman Vienna: "Ein Meisterwerk."

"Eine Art Wiener Kaffeehausvariante der 'Buddenbrooks'" -- Focus

"Ein bravouröses Debüt Süddeutsche Zeitung Mit großem Gespür für Sprachwitz und Situationskomik gelingt Eva Menasse mit diesem Debüt ein Stück gut geschriebener, welthaltiger Literatur." -- NDR Kultur

"Mit 'Vienna' macht ein bemerkenswertes Erzähltalent auf sich aufmerksam." -- FAZ

"Ein schillerndes Gesamtkunstwerk Berliner Morgenpost Tief bewegend, herrlich komisch, mit einer neuen, unverbrauchten Stimme Brigitte Ein großartiges Debüt. Die wichtigste Frage bei jedem Buch: Kann man es weglegen? Die Antwort heißt: 'Vienna' nicht." -- Welt am Sonntag

"Ein bedeutsamer, aus der aktuellen Literatur herausragender Roman" -- Die Zeit

Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Warum nur gleich Todsünden? Für Rezensentin Kristina Maidt-Zinke hätten es "Laster" auch getan. Von der tollen Alliteration mal abgesehen. Provokation scheint ihr in diesem Buch von Eva Menasse so manches zu sein. Dahinter kann Maidt-Zinke nichts Fesselndes entdecken, nichts Existentielles, schon gar nichts Todsündiges. Dass Menasses Personal dem Wiener Intellektuellenmilieu entstammt, dass es um Sex- und Ehe- und Elternprobleme geht, dass so mitunter kurzweilige Sittenbilder mit Wiener Charme entstehen, ergibt für die Rezensentin noch nichts von Signifikanz. Den Leser mit individuellen Befindlichkeiten unscharfer Figuren und mit Suchspielen (Wo ist nu die Todsünde?) zu nerven – Sünde, findet Maidt-Zinke.

© Perlentaucher Medien GmbH
»Wenn wir am Ende dieses wahrscheinlich schönsten Erzählbands des Jahres eines bedauern, dann, dass den religiösen Urvätern nur sieben Todsünden eingefallen sind.« Elmar Krekeler Die Welt