Lars von Trier gilt als agent provocateur. Mit seinem schaurigen Kammerspiel Antichrist bricht er mit allen Konventionen. Gezeigt wird ein bildgewaltiger Geschlechterkampf, dessen Exodus in der Auflösung aller Binaritäten mündet. Mann und Frau, Gott und Diabolus, Natur und Zivilisation gehen auf in einer dichotomen Weltanlage, die ihre Schuldhaftigkeit einzig in der völligen Erlösung abzulegen vermag. Psychoanalytische wie religiöse Terminologien konstituieren den Rahmen für das konfliktionäre Geschehen, das der Regisseur in alptraumhafter Bildkulisse zu entfalten weiß. Dass es sich beim Antichrist nicht um eine bloße Horrorszenerie handelt, sondern der Film als ein experimentelles Palimpsest aus unterschiedlichen Traditionslinien der Geistesgeschichte arrangiert ist, bildet den Kerngedanken der vorliegenden Szenenanaylse. Neben symbolischen Bezügen - darunter fällt auch die hochartifizielle filmimmanente Symbolsprache - werden insbesondere die filmtechnischen mittel berücksichtig. Es wird vorgeführt, dass in Lars von Triers dialektischem Verfahren aus Grenzziehung und Grenzüberschreitung eine Bewegung der zunehmenden Irrealisierung festgestellt werden kann und dies zugleich die Grundlage zur Schaffung eines eigenen, neuen Mythos bietet. Entgegen der mehrheitlichen Unterschätzung des Werks innerhalb der Forschung unternimmt der vorliegende Band einen Rettungsversuch, indem er die Bedeutung des Antichrist im Rahmen einer bislang ersten Einzelanalyse des Films für das Gesamtoeuvre Lars von Triers hervorhebt.
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