Entschleunigend, atmosphärisch und mit einer Sprache wie gemalt
Ein Buch der leisen Töne, der Intimität und vor allem der Farben. Der Leser erfährt von Jeanne, die eine lieblose Ehe voller Gewohnheiten und Einsamkeit führt. Dabei war die Liebe einst da, zu sich selbst, zu ihrem Mann und vor allem
zum Leben. Aber der Alltag und die Angst ihres Mannes vor dem gesundheitsschädlichem Kontakt seiner…mehrEntschleunigend, atmosphärisch und mit einer Sprache wie gemalt
Ein Buch der leisen Töne, der Intimität und vor allem der Farben. Der Leser erfährt von Jeanne, die eine lieblose Ehe voller Gewohnheiten und Einsamkeit führt. Dabei war die Liebe einst da, zu sich selbst, zu ihrem Mann und vor allem zum Leben. Aber der Alltag und die Angst ihres Mannes vor dem gesundheitsschädlichem Kontakt seiner Frau mit Frischluft als auch den Anstaltsinsassen der Anstalt, die er leitet, hat ihre Ehe zu etwas werden lassen, das vor allem auf Pflicht basiert. Nachdem die Kinder aus dem Haus sind, bleibt Jeanne nichts, als ihren Mann zu versorgen, denn die Gegend, in der sie lebt, ist abgeschieden, wenn auch landschaftlich voller Zauber. Nun handelt es sich um ein historisches Setting, dennoch sind Jeannes Gefühle in einer Ehe, in der sie sich ungesehen fühlt, absolut nachvollziehbar und zeitlos.
Die Eintönigkeit ihres Lebens hat Jeanne blind gemacht für das, was das Leben schön, bunt und abwechslungsreich macht. Mit dem Maler van Gogh, der sich in die Anstalt ihres Mannes einweisen lässt, tritt endlich die ersehnte Abwechslung in ihr Leben. Jeanne, selbst ungesehen, beobachtet den Maler, von dem sie gehört hat, dass er so unerhörte Ideen kultiviert, wie sich splitterfasernackt zu zeigen, zunächst von fern. Dann sorgt sie dafür, dass ihr Mann ihm gestattet, außerhalb der Anstalt zu malen, um daraufhin seine Nähe zu suchen. Zwischen ihm und ihr entwickelt sich eine Intimität, die rein gar nichts Körperliches an sich hat und dennoch vermag, zu berühren.
Dieses Buch ist keine Biografie von van Gogh, auch wenn hier interessante Details aus seinem Leben vermittelt werden. Die Hauptfigur ist und bleibt auch nach van Goghs Eintritt in ihr Leben Jeanne. Und die lernt, dass sie wieder gesehen werden möchte. Dass sie mehr vom Leben möchte, als nützlich zu sein.
Was an diesem Buch besticht, ist vor allem seine gewählte, fast malerische Sprache, die den Leser tief in die Atmosphäre des Ortes Saint-Rémy-de-Provence im Jahr 1889 eintauchen lässt und einfach perfekt auf die Geschichte abgestimmt ist.
Für die Lektüre dieser Geschichte darf man sich Zeit nehmen, um sie mit allen Sinnen zu erkunden und darin zu versinken wie in einem der Gemälde van Goghs, die darin beschrieben werden.