Die Idee für meine Elternzeit vor zwei Jahren klang verlockend: Ein Jahr lang nur die Hälfte. Weniger Sitzungen, weniger E-Mails, weniger Bürokram. Das hörte sich irgendwie avantgardistisch an, nach neuen Vätern, New Work, Minimalismus und so. Damit das auch klappt, hatte ich sogar extra eine Coachin um Unterstützung gebeten. Sie stellte schon im ersten Gespräch eine einfache Frage: "Warum wollen Sie das eigentlich machen?" – "Um mal runterzukommen und weniger zu machen." Schon mit ihrem nächsten Satz war es allerdings mit der avantgardistischen Atmosphäre vorbei: "Weniger ist keine Motivation. Mehr ist eine Motivation. Sie müssen schon wissen, wovon Sie mehr wollen." Zack. Das war eine klare Ansage. Und eine wertvolle. Weniger ist nicht automatisch mehr. Gleichzeitig spüren viele, dass es eine Reduktion der Überfülle braucht, um zu Neuem zu kommen. Im Kopf und im Körper, im Kalender, in der Kirche und auf dem Planeten. Wie geht es, gepflegt kleiner zu werden? Unsere Autorinnen und Autoren nähern sich den verschiedenen Facetten dieser Frage. Den Auftakt machen mit Jan Loffeld, Björn Szymanowski und Jörg Seip drei Pastoraltheologen. Uwe Habenicht erzählt im Interview, wie er zu einer minimalistischen Spiritualität kam. Im Praxisteil finden Sie schließlich Erfahrungen mit dem Mehr im Weniger, zum Beispiel im Älterwerden, in der Architektur, im Fasten, in der Muße und im Ordensleben. Mittendrin erwartet Sie ein Schmankerl: Ursula Hahmann und Valentin Dessoy stellen mit dem Fokusfinder ein Werkzeug vor, mit dem man beispielsweise im eigenen Team an der Frage arbeiten kann, wovon es sich lohnt, Abschied zu nehmen. Lassen Sie sich inspirieren!