Über das Konzept der Lebensqualität des Volkswirts und Philosophen Amartya Sen bin ich erst vor einigen Jahren gestolpert. Nachdem mich die Weltfremdheit vieler volkswirtschaftlichen Modelle schon in meinem Studium beschäftigt hatte, fing mich Sens „neuer“ Ansatz, der mit Begriffen wie Fähigkeiten, Handlun- möglichkeiten und eben Lebensqualität hantiert, an zu faszinieren. Tatsächlich waren Sens Gedanken gar nicht mehr so neu, sondern gingen auf die Mitte der 80er Jahre zurück. In Deutschland wurde Sen jedoch erst ab Ende der 90er v- stärkt rezipiert – und zunächst auch nur innerhalb seiner eigenen Fächer Philo- phie und Volkswirtschaft. Ich bekam schon bald den Eindruck, dass der Ansatz von Sen die Chance böte, ökonomische Probleme „näher am Menschen“ und dennoch theoretisch fundiert zu diskutieren, was den Anlass zu dieser Arbeit gab. Eigentlich stellen Lebensqualitätsdissertationen ja ein Paradox dar, da - mindest das Verfassen einer solchen Arbeit meist nur sehr bedingt die Lebe- qualität steigert. Für die Soziologie stellt Sens Werk eine Herausforderung – man könnte auch sagen: eine schwerverdauliche Kost – dar. Viele seiner Ausführungen - schäftigen sich mit volkswirtschaftlichen und philosophischen Detailfragen, die sich nur aus der disziplin-geschichtlichen Entwicklung und dem formalen D- ken dieser Fächer ergeben. Sen selbst hat sein Betätigungsfeld stark gegen die Soziologie abgegrenzt und macht stets Kurven um sie herum – enge Kurven, die aus soziologischer Sicht erstaunen. Selbst wenn er sich auf einem Terrain - wegt, welches die Soziologie schon lange und mit Erfolg beackert, bleibt er den Denkweisen seiner Disziplinen treu.