Geschlechtliche Codierung von Lesesituationen im 18. Jahrhundert – Analysen der vielfältigen Möglichkeiten. Die Ausbreitung des Lesens bis hin zur "Lesesucht" im 18. Jahrhundert ist sowohl zeitgenössisch als auch rückblickend in geschlechtsspezifischen Begriffen verhandelt worden. Gängig wurde eine bis heute wirksame, dichotomisierend vereinfachende Gegenüberstellung von ›männlicher‹ Vernunft und ›weiblichem‹ Gefühl, die die Bewertung der Gegenstände, der Akteure und Akteurinnen sowie der Praktiken des Lesens bestimmte. Der aktuellen Hinwendung der Aufklärungsforschung zu praxeologischen Fragestellungen folgend, richten die Autorinnen und Autoren den Blick auf situative Zusammenhänge, in denen die geschlechtliche Codierung von Lektüren verkompliziert wird. Indem sie ein weites Spektrum von Lesesituationen und Lektürepraktiken im Spannungsfeld zwischen Einsamkeit und Geselligkeit auffächern und so die facettenreiche Situativität des Lesens im Aufklärungsjahrhundert veranschaulichen, hinterfragen die Beiträge des Bandes die tradierte Dichotomie von Gelehrsamkeit und Empfindsamkeit und revidieren überkommene Annahmen der historischen Leseforschung im Lichte aktueller Theoriebildung und unter Berücksichtigung neu erschlossener Quellen.
»Der Sammelband räumt auf überzeugende Art und Weise mit wissenschaftlichen Vorurteilen zur Lektüre vom ausgehenden Barock bis zum Ende der Aufklärung auf, die das Bild des Lesens geprägt haben.« (Miriam Seidler, literaturkritik.de, 28.09.2021) »Was durchweg frappiert, ist die Vielfalt der Lesepraktiken und das ausgeprägte Bewusstsein davon, das das Unterlaufen dichotomischer Geschlechterrollen einschließt.« (Helga Meise, Das Achtzehnte Jahrhundert, 45:2, 2021) »It offers meaningful nuance to the subject matter« (Karin A. Wurst,Monatshefte, Vol. 114, No. 1 2022)