"Kalliste" wurde Korsika im Altertum genannt: die Schöne. Wo die Steilküste über die karibisch anmutenden Traumstrände triumphiert, preschen die Wellen gegen den Fels, der sich im Landesinneren zu mächtigen Gebirgen türmt. Alte Städte erzählen vom Widerstand gegen die Mächte der Natur und der Eroberer, die jahrhundertelang versuchten, Korsika unter ihre Herrschaft zu zwingen. Großzügigkeit, Mut und Gastfreundschaft gehören zu den Tugenden einer Gesellschaft, die seit jeher eng zusammensteht.Susanne Schaber ist mit den Hirten auf die Hochebenen gestiegen, hat verwunschene Dörfer durchstreift, die bodenständig-raffinierte Küche und die Hotels der Belle Époque erkundet. Und sie hat mit Ethnologen, Historikern und selbstbewussten Patriotinnen gesprochen, die für Korsika und seine Identität eintreten, um das kulturelle Erbe zu bewahren.
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 22.03.2018Rauher Fels und parfümierte Erde
Rot-graue Felsen, nach einem Vulkanausbruch wild aufeinandergeschichtet, von Stürmen gebeutelt und vom Meer umtobt, ein Gewirr kantiger Brocken, die sich in Graten und Kämmen nach oben recken: Korsika wirkt oft unzugänglich. Wo die Steilküste über karibisch anmutende Strände triumphiert, preschen die Wellen gegen Schiefer, Kalk und Granit. Etliche der Städte geben sich abweisend, thronen auf Flanken hoch über dem Meer oder wachsen schroffe Hänge hinauf. Sie erzählen die Geschichte einer Insel, die sich seit Menschengedenken widersetzt: der Unbill der Natur, den Eroberern, die jahrhundertelang versuchten, das Eiland unter ihre Herrschaft zu bringen, und den lokalen Fürsten und deren ausbeuterischen Direktiven. Zugleich öffnete man sich den Sehnsüchten der Touristen, in die Verlockungen der ungebändigten Natur einzutauchen. Davon berichtet Susanne Schaber in ihrem Band "Lesereise Korsika - Wo Belle Époque auf Wildnis trifft". Sie hat mit leidenschaftlichen Patrioten gesprochen, die gegen Frankreich und für die Bewahrung ihrer kulturellen Identität kämpfen, und ist mit den Hirten auf die Hochebenen gestiegen, wo eine alte Form der nomadischen Weidewirtschaft gepflegt wird. Die Autorin hat den Köchinnen über die Schulter geschaut, verwunschene Dörfer erkundet und mit den Besitzern jener prächtigen Paläste gesprochen, die sich reich gewordene Auswanderer nach ihrer Rückkehr aus Amerika errichten ließen. Bei ihren Streifzügen hat sie die Großzügigkeit und den Mut einer Gesellschaft kennengelernt, die seit jeher eng zusammensteht. Von der parfümierten Erde Korsikas schwärmte Antoine de Saint-Exupéry in einem Brief kurz vor seinem Tod. An jenem Tag hatte er den Geruch der Macchia in der Nase, den Duft von Rosmarin, Wacholder und Minze, wenn die Sonne die ätherischen Öle freisetzt. All diese Pflanzen wurzeln auf hartem Boden: ein Spiegelbild für das Leben auf Korsika. Wer hier siedelt, dies- oder jenseits des Gebirgszugs, der die Insel in ihrer Mitte teilt, weiß um magische Rituale und die Höhenflüge der Phantasie und schickt sich gelassen in Fatalismus und eine heitere Melancholie.
F.A.Z.
"Lesereise Korsika - Wo Belle Époque auf Wildnis trifft" von Susanne Schaber. Picus Verlag, Wien 2018. 131 Seiten. Gebunden, 15 Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Rot-graue Felsen, nach einem Vulkanausbruch wild aufeinandergeschichtet, von Stürmen gebeutelt und vom Meer umtobt, ein Gewirr kantiger Brocken, die sich in Graten und Kämmen nach oben recken: Korsika wirkt oft unzugänglich. Wo die Steilküste über karibisch anmutende Strände triumphiert, preschen die Wellen gegen Schiefer, Kalk und Granit. Etliche der Städte geben sich abweisend, thronen auf Flanken hoch über dem Meer oder wachsen schroffe Hänge hinauf. Sie erzählen die Geschichte einer Insel, die sich seit Menschengedenken widersetzt: der Unbill der Natur, den Eroberern, die jahrhundertelang versuchten, das Eiland unter ihre Herrschaft zu bringen, und den lokalen Fürsten und deren ausbeuterischen Direktiven. Zugleich öffnete man sich den Sehnsüchten der Touristen, in die Verlockungen der ungebändigten Natur einzutauchen. Davon berichtet Susanne Schaber in ihrem Band "Lesereise Korsika - Wo Belle Époque auf Wildnis trifft". Sie hat mit leidenschaftlichen Patrioten gesprochen, die gegen Frankreich und für die Bewahrung ihrer kulturellen Identität kämpfen, und ist mit den Hirten auf die Hochebenen gestiegen, wo eine alte Form der nomadischen Weidewirtschaft gepflegt wird. Die Autorin hat den Köchinnen über die Schulter geschaut, verwunschene Dörfer erkundet und mit den Besitzern jener prächtigen Paläste gesprochen, die sich reich gewordene Auswanderer nach ihrer Rückkehr aus Amerika errichten ließen. Bei ihren Streifzügen hat sie die Großzügigkeit und den Mut einer Gesellschaft kennengelernt, die seit jeher eng zusammensteht. Von der parfümierten Erde Korsikas schwärmte Antoine de Saint-Exupéry in einem Brief kurz vor seinem Tod. An jenem Tag hatte er den Geruch der Macchia in der Nase, den Duft von Rosmarin, Wacholder und Minze, wenn die Sonne die ätherischen Öle freisetzt. All diese Pflanzen wurzeln auf hartem Boden: ein Spiegelbild für das Leben auf Korsika. Wer hier siedelt, dies- oder jenseits des Gebirgszugs, der die Insel in ihrer Mitte teilt, weiß um magische Rituale und die Höhenflüge der Phantasie und schickt sich gelassen in Fatalismus und eine heitere Melancholie.
F.A.Z.
"Lesereise Korsika - Wo Belle Époque auf Wildnis trifft" von Susanne Schaber. Picus Verlag, Wien 2018. 131 Seiten. Gebunden, 15 Euro.
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