Pizza fritta oder pizza a portafoglio – das ist eine der elementaren Fragen in Neapel. Denn außer der legendären Margherita, die in Neapel erfunden wurde, gibt es pizza hier auch frittiert oder in Papier eingeklappt als Streetfood. Darüber hinaus entdeckt Barbara Schaefer in der süditalienischen Stadt Alltägliches und Überraschendes: Sie befragt eine linke Stadträtin zur Flüchtlingspolitik, lässt sich von einer Sängerin die Wurzeln des neapolitanischen Belcanto erklären, stromert durch den Bauch Neapels entlang der Straßenschlucht Spaccanapoli und spricht mit Frauen über den Ferrante-Effekt.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 24.06.2021Den Espresso bezahle ich dir
"Prendiamo un caffè!" Das bekommt man gerade noch hin. "Lass uns Kaffee trinken" übersetzt selbst der, der des Italienischen nicht mächtig ist. Doch Halt, ruft Barbara Schaefer, und erklärt in ihrem Buch, worin zumindest für Neapel der Fehler liegt. Das mit dem Caffè ist ein Ritual, etwas Besonderes, was alle eint, womit hier Arm und Reich gemeint ist. So erfährt man, wie es zum "caffè sospeso" kam: Wer diesen in einer Bar bestellt, bezahlt zwei. Der zweite ist für jemanden, der sich den Espresso nicht leisten kann. Es geht dabei weniger um Almosen als um Teilhabe. Schaefer taucht ein in die Unterwelt, auch im realen Sinn bei Touren in die unterirdische Stadt und Fahrten mit der Kunst-Metro. Natürlich geht es um Pizza, weil die einfachste Version, die Margherita, hier mit gutem Grund zum besonderen Anlass erfunden wurde, aber auch um den Ferrante-Effekt, den Einfluss des Buches auf das Leben der Frauen in Italien. Schaefer befragte eine linke Stadträtin zur Flüchtlingspolitik, ließ sich von einer Sängerin das neapolitanische Volkslied erklären, stromerte durch die Straßenschlucht Spaccanapoli und wartete mit den Einheimischen, ob sich das Blutwunder des San Gennaro ereignen würde. Und am Ende versteht man sogar, warum Maradona für Neapel so bedeutend war wie San Gennaro.F.A.Z.
"Neapel. Wo die Fische nach Vulkan schmecken" von Barbara Schaefer. Aus der Reihe "Lesereise". Picus Verlag, Wien 2021. 132 Seiten. Gebunden, 16 Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
"Prendiamo un caffè!" Das bekommt man gerade noch hin. "Lass uns Kaffee trinken" übersetzt selbst der, der des Italienischen nicht mächtig ist. Doch Halt, ruft Barbara Schaefer, und erklärt in ihrem Buch, worin zumindest für Neapel der Fehler liegt. Das mit dem Caffè ist ein Ritual, etwas Besonderes, was alle eint, womit hier Arm und Reich gemeint ist. So erfährt man, wie es zum "caffè sospeso" kam: Wer diesen in einer Bar bestellt, bezahlt zwei. Der zweite ist für jemanden, der sich den Espresso nicht leisten kann. Es geht dabei weniger um Almosen als um Teilhabe. Schaefer taucht ein in die Unterwelt, auch im realen Sinn bei Touren in die unterirdische Stadt und Fahrten mit der Kunst-Metro. Natürlich geht es um Pizza, weil die einfachste Version, die Margherita, hier mit gutem Grund zum besonderen Anlass erfunden wurde, aber auch um den Ferrante-Effekt, den Einfluss des Buches auf das Leben der Frauen in Italien. Schaefer befragte eine linke Stadträtin zur Flüchtlingspolitik, ließ sich von einer Sängerin das neapolitanische Volkslied erklären, stromerte durch die Straßenschlucht Spaccanapoli und wartete mit den Einheimischen, ob sich das Blutwunder des San Gennaro ereignen würde. Und am Ende versteht man sogar, warum Maradona für Neapel so bedeutend war wie San Gennaro.F.A.Z.
"Neapel. Wo die Fische nach Vulkan schmecken" von Barbara Schaefer. Aus der Reihe "Lesereise". Picus Verlag, Wien 2021. 132 Seiten. Gebunden, 16 Euro.
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