Erinnerungen an Königsberg
Ella Aschmoneit wächst recht behütet in Königsberg auf, als Tochter eines Weinhändlers ist sie gut versorgt. Doch das Verhältnis zur Mutter ist für das eigenwillige junge Mädchen nicht leicht. Dennoch verlebt sie unbeschwerte Sommer an der Küste des Samlandes in
Ostpreußen, das zu diesem Zeitpunkt noch zum Deutschen Reich gehört.
Anfang 1945 befindet sich die etwas…mehrErinnerungen an Königsberg
Ella Aschmoneit wächst recht behütet in Königsberg auf, als Tochter eines Weinhändlers ist sie gut versorgt. Doch das Verhältnis zur Mutter ist für das eigenwillige junge Mädchen nicht leicht. Dennoch verlebt sie unbeschwerte Sommer an der Küste des Samlandes in Ostpreußen, das zu diesem Zeitpunkt noch zum Deutschen Reich gehört.
Anfang 1945 befindet sich die etwas ältere Ella jedoch mit ihren beiden Kindern in Potsdam, wo sie unter den Auswirkungen des Krieges leben und Hunger leiden. Nicht selten denkt Ella an die vielen Vorräte, die noch im Haus der Familie in Königsberg lagern. Schließlich fasst sie sich ein Herz und reist entgegen jeglichen guten Rats der Schwester und auch des eigenen Ehemanns ein letztes Mal nach Königsberg, um von den reichlichen Vorräten zu holen, die sie in Potsdam lange über Wasser halten würden. Doch Ellas Vorhaben ist aberwitzig, denn die russische Armee marschiert unaufhaltsam auf Königsberg zu und aus anderen Gegenden Ostpreußens kursieren angsterregende Geschichten ...
Der Autor Ulrich Trebbin hat in diesem Buch die Geschichte seiner Großmutter literarisch verarbeitet. Zeitlebens stand bei Ella das Foto eines Mannes auf dem Sekretär, der nicht Ellas Ehemann war. Während Ella sich auf die Reise nach Königsberg begibt, erstehen die Stadt und das Umland in vielen Rückblenden wieder auf. Ella erinnert sich an ihre Jugend, die erste Verliebtheit und auch die Heirat mit einem Mann, mit dem sie 1945 schon nichts mehr gemein hat. Diese Episoden vermitteln ein Gefühl von Heimat, nach dem sich Ella den Rest ihres Lebens sehnen wird, denn sie wird schließlich eine Geflüchtete bleiben, Königsberg zu Russland gehören. Aber nicht nur Heimweh, sondern auch Sehnsucht nach einem anderen Mann als dem eigenen bestimmen viele Gedanken Ellas und so stehen beide Themen im Mittelpunkt des Buches. Die Liebesgeschichte ist absolut unkitschig, stattdessen manchmal sogar eher unterkühlt, denn sie scheint oft auf Einseitigkeit zu beruhen. So wird bis zu einer gewissen Stelle des Buches nicht ganz ersichtlich, warum (die literarische) Ella so sehr an dieser Liebe hängt. Der Bogen schloss sich für mich tatsächlich erst am Ende. Eindringlich wird dagegen das Leid der Vertriebenen geschildert, die Blauäugigkeit der Menschen ist Ostpreußen, die immer noch der Nazi-Propaganda glauben und das böse Erwachen, dass sie schließlich ereilt. Trebbin greift ein eher tabuisiertes Thema auf, nämlich dass Menschen sich nicht als Opfer betrachten dürften, die zum Volk eines Kriegsaggressoren gehören. Und so zeigt sich auch hier und da die ein oder andere unschöne Szene, was die Geschichte noch glaubhafter macht, da der Autor nicht verklärend schreibt, sondern die Mentalität der damaligen Zeit meiner Meinung nach realistisch einfängt. Er macht jedoch auch deutlich, wie wenig jeder einzelne dennoch die Rache verdient hat, die über das eingekesselte Ostpreußen kommt.
Insgesamt hat mir dieses Buch gut gefallen. Besonders Ellas letzte Fahrt nach Königsberg war beklemmend und gleichzeitig spannend. Diese Spannung hält nicht durchweg an. Zu großen Teilen ist es eher eine einfühlsame Geschichte in ein Einzelschicksal, das jedoch nicht allein von Kriegsereignisse handelt, sondern auch dem Verlust von Heimat und individuellen Träumen und Wünschen. Einige Passagen in den Rückblenden wirken etwas zu ausschweifend. Sie machen die Figuren zwar lebensnaher, drosseln aber auch das Tempo der Handlung etwas. Alles in allem ist dieses Buch jedoch empfehlenswert. Es ist eine liebenswerte Ode an eine starke, eigenwillige Frau und auch die Herkunft und Heimat einer ganzen Familie, deren Verlust die ganze Familie geprägt hat.