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Krimis in Kürze: Kiko Amat, Craig Russell, Elmore Leonard
Handelte es sich um einen Kinofilm oder eine Serie, wäre jüngeren oder empfindlicheren Zuschauenden wohl davon abzuraten. Auch wer lieber nicht lesen möchte, wie jemandem der Daumen abgesägt oder der Augapfel herausgerissen wird, sollte den Roman von Kiko Amat meiden. "Revanche" (btb, 448 S., br., 17,- Euro) spielt im Milieu der Ultras des FC Barcelona, und wenn das nur halbwegs anschaulich werden soll, dann führt kein Weg an der alltäglichen Gewalt vorbei, deren Darstellung nie reißerisch ist.
Um Fußball geht es Amats Roman so gut wie gar nicht. Die "Lokos", wie sie sich nennen, randalieren und prügeln auch nicht nur; vor allem handeln sie mit Drogen und kontrollieren brutal das Geschäft. Im Zentrum des Buchs stehen ein Ultra, der um jeden Preis verbergen muss, dass er schwul ist, und ein "hässlicher Riese", der als eine Art Vollstrecker Menschen bestraft, die Minderjährige missbraucht haben. Die Wege von Fran und César kreuzen sich, weil der Freund von Césars Schwester mit Drogengeld abgetaucht ist und die "Lokos" die Schwester und deren Tochter bedrohen.
Die Erzählung wechselt zwischen beider Perspektiven, wobei Amat für Fran die ungewöhnliche Du-Perspektive gewählt hat. Das funktioniert nicht immer, beschädigt jedoch die dichte, harte Prosa nur geringfügig. Dringlicher wäre eine Anmerkung zur Übersetzung gewesen. Da werden ständig Neuschöpfungen wie "Wolki" (Handy), "Batschi" (Wohnung) oder "Okulyten" (Augen) verwendet, und man wüsste schon gerne, ob Amat sich im Spanischen seinen eigenen Slang gebastelt hat oder den realen Soziolekt der Ultra-Szene benutzt, was auch Folgen für die Einschätzung der Übersetzung hat.
Hollywood in seiner goldenen Zeit, vor dem Tonfilm, so wild, dekadent, orgiastisch und gefährlich wie in dem Film "Babylon", ist der Schauplatz von "Devil's Playground" (Rütten & Loening, 496 S., br., 18,- Euro). Neben der Gier nach Ruhm und Geld sind im Roman von Craig Russell auch Voodoo und andere düstere Praktiken im Spiel. Der Verlag versucht das etwas hilflos mit dem deutschen Titelzusatz "Ein Film - ein Fluch - ein tödliches Geheimnis" einzufangen. Wäre gar nicht nötig gewesen
Ein weiblicher Star wird tot aufgefunden. Beim Versuch, den Selbstmord zu vertuschen, stellt sich heraus, dass es Mord war. Mary Rourke, die "Problemlöserin", die im Studio dafür sorgt, dass aufgeräumt wird, bevor Skandale entstehen, begreift schnell, in welchen Sumpf sie da geraten ist. Die Mächte, die am Werk sind, passen zu dem Horrorfilm, der dem Buch seinen Titel gibt und der kurz nach seiner Fertigstellung angeblich verschollen ist.
Russell ist ein erfahrener Autor. Mühelos arbeitet er zwischen den Zeilen der Historie, lässt seine fiktiven Akteure mit realen Stars interagieren, schürt Spannung durch geschickte Cliffhanger und unterbricht die Haupthandlung im Jahr 1927 immer wieder durch Rück- und Vorblenden. Nur am Ende übertreibt er es ein bisschen mit der mehrfach geäußerten Devise, nichts sei, was es scheine. Das ist kein Buch für den Pulitzer-Preis oder gediegene Crime Awards, aber man verschlingt es in einem Zug, wenn einen das Sujet interessiert und fasziniert.
Ein Western ist kein Krimi, aber er kann schon einige Elemente einer Crime Story enthalten. Und wenn der Autor der junge Elmore Leonard vor seinem ersten Kriminalroman ist, liest man diesen Roman von 1959 natürlich sofort. "Letztes Gefecht am Saber River" (Liebeskind, 256 S., geb., 22,- Euro) ist gut gealtert, hat zwar noch nicht ganz Brillanz und Lässigkeit der späteren Leonard-Dialoge, aber schon diese klare, ökonomische Erzählweise, wo kein Wort zu viel und keine Wendung unnötig ist.
Die Geschichte spielt am Ende des Amerikanischen Bürgerkriegs, ihr Protagonist ist ein zum Zivilisten gewordener Konföderierter mit seiner jungen Familie, denen man ohne rechtliche Grundlage ihr Land weggenommen hat. Er ist bereit zu kämpfen, gerät in eine fiese Intrige und große Gefahr, doch er wahrt dabei eine elementare Anständigkeit, die entscheidender ist als sein Dienst in der Südstaatenarmee und auch seinem Yankee-Widersacher imponiert. Ein Buch für alle, die ihre Vorurteile über Westernromane loswerden wollen. Und für Bewunderer von Elmore Leonard sowieso. PETER KÖRTE
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Perlentaucher-Notiz zur Dlf Kultur-Rezension
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