Mit fünfzehn Vorschlägen für eine feministische Erziehung wirft die Bestseller-Autorin Chimamanda Ngozi Adichie so einfache wie wichtige Fragen auf und spannt den Bogen zwischen zwei Generationen von Frauen. Chimamanda Ngozi Adichie, Feministin und Autorin des preisgekrönten Weltbestsellers >Americanah<, hat einen Brief an ihre Freundin Ijeawele geschrieben, die gerade ein Mädchen zur Welt gebracht hat. Ijeawele möchte ihre Tochter zu einer selbstbestimmten Frau erziehen, frei von überholten Rollenbildern und Vorurteilen. Alles selbstverständlich, aber wie gelingt das konkret? Mit ihrem Manifest >Liebe Ijeawele. Wie unsere Töchter selbstbestimmte Frauen werden< zeigt Chimamanda Adichie, dass Feminismus kein Reizwort ist, sondern eine Selbstverständlichkeit. Mit fünfzehn simplen Vorschlägen für eine feministische Erziehung öffnet sie auch den Blick auf die eigene Kindheit und Jugend. Die junge nigerianische Bestseller-Autorin steht für einen Feminismus, mit dem sich alle identifizieren können. Ein Buch für Eltern und Töchter. We should all be feminists!
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Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 22.03.2017Puppen & Fußball
Chimamanda Ngozi Adichie
will selbstbestimmte Töchter
Mit ihrem rassismuskritischen Roman „Americanah“ wurde die nigerianische Schriftstellerin Chimamanda Ngozi Adichie weltbekannt. Jetzt hat sie einen kleinen Ratgeber zur feministischen Kindererziehung geschrieben, er ist nach „Mehr Feminismus!“ ihr zweites Buch zum Thema Gleichberechtigung. „Liebe Ijeawele – Wie unsere Töchter selbstbestimmte Frauen werden“ heißt der schmale, 80-seitige Band, der aus Briefen der Autorin an ihre Freundin Ijeawele hervorging und Vorschläge zur Erziehung der Töchter enthält.
Da die eigenen Einstellungen erst mal überprüft werden müssen, bevor sie weitergeben werden können, setzt die Autorin in den 15 Vorschlägen immer wieder bei den jungen Müttern selbst an: „Mutterschaft ist ein großartiges Geschenk, aber definiere dich nicht nur über die Mutterrolle. Sei eine vollständige Person.“ Eine Mutter ist zuallererst eine Frau, die eigene Bedürfnisse und einen Beruf hat – ein Umstand, der nach der Geburt eines Kindes oft vergessen wird, findet die 39-Jährige, die selbst Mutter einer 15 Monate alten Tochter ist. „Hausarbeit und Kindererziehung sollten geschlechtsneutrale Aufgaben sein“, schreibt Adichie. „Erwarte, dass Dir geholfen wird“, wobei „Hilfe“ nicht der richtige Ausdruck ist – ein Vater erledige bei der Versorgung seines Kindes einfach seine Pflicht. Eine Wahrheit, die man sicher schon dutzendfach las, die aber, wie die anderen Wahrheiten des Buches, nicht oft genug betont werden können, bis sie endlich in den Köpfen angekommen sind – und selten werden sie so einfach wie von Adichie auf den Punkt gebracht.
Mädchen sollen mit Puppen spielen und fußballverrückt sein dürfen – es gibt kein mädchen- und jungenhaftes Verhalten: „Bitte betrachte Chizalum als Individuum. Nicht als Mädchen, das gewissen Standards entsprechen muss.“ Bei manchen der Vorschläge mögen auch selbstbewusst erziehende Eltern sich ertappt fühlen, vielleicht bei Nr. 6, in dem sie dafür plädiert, die eigene Tochter lieber nicht „Prinzessin“ zu nennen – wer will schon ein hilfloses Persönchen sein, das von einem starken Prinzen gerettet wird! „Sie soll wissen, dass sie nicht allen gefallen muss.“ Mädchen sollten dazu ermutigt werden, ihre Meinung zu sagen, egal wie unpopulär sie ist, mit Abenteuerlust die Welt erkunden.
Als „Mehr Feminismus!“ herauskam, erklärte ihr ein männlicher Fan ihres belletristischen Werkes, dass er nun nicht mehr wüsste, ob er sie als Autorin noch wertschätzen könne, berichtete Chimamanda Ngozi Adichie kürzlich dem Guardian. Für ihr unbefangenes Verständnis von Feminismus wurde sie von vielen Seiten – auch aus den eigenen Reihen – kritisiert. Zusammen mit Dior brachte Adichie ein T-Shirt mit einem feministischen Slogan heraus, dass sie Werbung für ein Make-up machte, wurde belächelt. Ein Faible für Mode und Make-up schließt bei ihr den Einsatz für Frauenrechte nicht aus. Sie sei „eine glückliche afrikanische Feministin, die Männer nicht hasst und Lippenstift und hohe Absätze“ mag, schrieb sie in „Mehr Feminismus!“. Auch dieser kleine Ratgeber steht für eine spielerische und intuitive Herangehensweise, die ihr Ziel dennoch nicht aus den Augen verliert: „Vielfalt zu etwas Gewöhnlichem“ und Mädchen zu unabhängigen Persönlichkeiten zu machen.
ANNA FASTABEND
Chimamanda Ngozi Adichie: Liebe Ijeawele. Wie unsere Töchter selbstbestimmte Frauen werden. Aus dem Englischen von Anette Grube. S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2017. 80 Seiten, 8 Euro. E-Book 7,99 Euro.
Nein, eine rettungsbedürftige
Prinzessin will kein Mädchen sein
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Chimamanda Ngozi Adichie
will selbstbestimmte Töchter
Mit ihrem rassismuskritischen Roman „Americanah“ wurde die nigerianische Schriftstellerin Chimamanda Ngozi Adichie weltbekannt. Jetzt hat sie einen kleinen Ratgeber zur feministischen Kindererziehung geschrieben, er ist nach „Mehr Feminismus!“ ihr zweites Buch zum Thema Gleichberechtigung. „Liebe Ijeawele – Wie unsere Töchter selbstbestimmte Frauen werden“ heißt der schmale, 80-seitige Band, der aus Briefen der Autorin an ihre Freundin Ijeawele hervorging und Vorschläge zur Erziehung der Töchter enthält.
Da die eigenen Einstellungen erst mal überprüft werden müssen, bevor sie weitergeben werden können, setzt die Autorin in den 15 Vorschlägen immer wieder bei den jungen Müttern selbst an: „Mutterschaft ist ein großartiges Geschenk, aber definiere dich nicht nur über die Mutterrolle. Sei eine vollständige Person.“ Eine Mutter ist zuallererst eine Frau, die eigene Bedürfnisse und einen Beruf hat – ein Umstand, der nach der Geburt eines Kindes oft vergessen wird, findet die 39-Jährige, die selbst Mutter einer 15 Monate alten Tochter ist. „Hausarbeit und Kindererziehung sollten geschlechtsneutrale Aufgaben sein“, schreibt Adichie. „Erwarte, dass Dir geholfen wird“, wobei „Hilfe“ nicht der richtige Ausdruck ist – ein Vater erledige bei der Versorgung seines Kindes einfach seine Pflicht. Eine Wahrheit, die man sicher schon dutzendfach las, die aber, wie die anderen Wahrheiten des Buches, nicht oft genug betont werden können, bis sie endlich in den Köpfen angekommen sind – und selten werden sie so einfach wie von Adichie auf den Punkt gebracht.
Mädchen sollen mit Puppen spielen und fußballverrückt sein dürfen – es gibt kein mädchen- und jungenhaftes Verhalten: „Bitte betrachte Chizalum als Individuum. Nicht als Mädchen, das gewissen Standards entsprechen muss.“ Bei manchen der Vorschläge mögen auch selbstbewusst erziehende Eltern sich ertappt fühlen, vielleicht bei Nr. 6, in dem sie dafür plädiert, die eigene Tochter lieber nicht „Prinzessin“ zu nennen – wer will schon ein hilfloses Persönchen sein, das von einem starken Prinzen gerettet wird! „Sie soll wissen, dass sie nicht allen gefallen muss.“ Mädchen sollten dazu ermutigt werden, ihre Meinung zu sagen, egal wie unpopulär sie ist, mit Abenteuerlust die Welt erkunden.
Als „Mehr Feminismus!“ herauskam, erklärte ihr ein männlicher Fan ihres belletristischen Werkes, dass er nun nicht mehr wüsste, ob er sie als Autorin noch wertschätzen könne, berichtete Chimamanda Ngozi Adichie kürzlich dem Guardian. Für ihr unbefangenes Verständnis von Feminismus wurde sie von vielen Seiten – auch aus den eigenen Reihen – kritisiert. Zusammen mit Dior brachte Adichie ein T-Shirt mit einem feministischen Slogan heraus, dass sie Werbung für ein Make-up machte, wurde belächelt. Ein Faible für Mode und Make-up schließt bei ihr den Einsatz für Frauenrechte nicht aus. Sie sei „eine glückliche afrikanische Feministin, die Männer nicht hasst und Lippenstift und hohe Absätze“ mag, schrieb sie in „Mehr Feminismus!“. Auch dieser kleine Ratgeber steht für eine spielerische und intuitive Herangehensweise, die ihr Ziel dennoch nicht aus den Augen verliert: „Vielfalt zu etwas Gewöhnlichem“ und Mädchen zu unabhängigen Persönlichkeiten zu machen.
ANNA FASTABEND
Chimamanda Ngozi Adichie: Liebe Ijeawele. Wie unsere Töchter selbstbestimmte Frauen werden. Aus dem Englischen von Anette Grube. S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2017. 80 Seiten, 8 Euro. E-Book 7,99 Euro.
Nein, eine rettungsbedürftige
Prinzessin will kein Mädchen sein
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Noch Fragen? Lesen! Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung 20170312