Nach Uwe Haucks autobiographischer Aufarbeitung seiner Depression, der Angststörung und des Selbstmordversuchs, die unter dem Titel “Depression abzugeben” nachzulesen ist, kommt nun seine Tochter Katja im gemeinsamen Briefwechsel zu Wort, der einen Blick auf die andere Seite freigibt. Auf die
Angehörigen, auf die Familie, Frau und Kinder, auf die Personen, die zurückgeblieben wären, wenn sein…mehrNach Uwe Haucks autobiographischer Aufarbeitung seiner Depression, der Angststörung und des Selbstmordversuchs, die unter dem Titel “Depression abzugeben” nachzulesen ist, kommt nun seine Tochter Katja im gemeinsamen Briefwechsel zu Wort, der einen Blick auf die andere Seite freigibt. Auf die Angehörigen, auf die Familie, Frau und Kinder, auf die Personen, die zurückgeblieben wären, wenn sein Selbstmordversuch ein tragisches Ende gefunden hätte.
Wie lebt es sich nun als Familie mit dem Wissen um Uwe Haucks Depression und Ängste? Wie hat die Familie, insbesondere die Kinder, die Zeit vor dem Selbstmordversuch empfunden?
Im Brief kommt nicht allein Katja Hauck zu Wort, ihr Vater Uwe Hauck hat all ihre Briefe beantwortet, aber auch Sibylle Hauck – Mutter von Katja und Ehefrau von Uwe Hauck -, sowie Katjas Brüder kommen zumindest indirekt zu Wort.
Dabei wird nicht nur Uwe Haucks Depression und Angststörung weiter aufgearbeitet, man erfährt auch endlich mehr Details aus seiner Kindheit und Jugend, sowie zu dem gestörten Verhältnis zu seiner Mutter, welches in “Depression abzugeben” immer wieder angedeutet wurde.
Nicht zuletzt erzählt dieses Buch davon, dass auch die Kinder der Haucks nach dem tragischen Vorfall Therapiebedarf hatten und wie weit die Kreise sind, die psychische Erkrankungen tatsächlich ziehen, denn sie machen nicht vor der Türschwelle eines Betroffenen halt.
“Lieber Papa, bist du jetzt verrückt?” verdeutlicht am Beispiel der Familie Hauck, dass Depressionen und andere psychische Erkrankungen nicht bei der Person enden, die an ihnen erkrankt ist. Eine Depression, Angststörung, oder Hypersensibilität, die hier ebenfalls ein großes Thema ist, schlägt Wellen, und um sie zu verstehen und zu bekämpfen, muss auch immer das Umfeld einbezogen werden. Dies betrifft bei weitem nicht nur Familie und Freunde, bei Kindern sollten auch Kindertagesstätten und Schulen sensibilisiert und aufgeklärt werden, im Erwachsenenalter dann die Arbeitgeber.
Ich meine das nicht nur fallbezogen in akuten Situationen, sondern generell sollten psychische Erkrankungen weiter entstigmatisiert und thematisiert werden in der Öffentlichkeit. Die Vorurteile sind immer noch groß, die Hilfe dagegen gering oder schwer zu finden. So erzählen Katja und Uwe Hauck davon, wie viel Glück die gesamte Familie hatte relativ schnell passende Therapeuten zu finden, mit denen sie auf einer Wellenlänge lagen. In der Realität ein viel zu seltener Glücksfall!
Auch wenn Katja Haucks Buch in meinen Augen vielleicht sogar noch wichtiger ist als Uwe Haucks “Depression abzugeben”, so ist es durch den Briefwechsel und die Themenfülle etwas schwerfälliger zu lesen. Dennoch ist es in meinen Augen ein absolutes Lesemuss, egal, ob man persönlich betroffenen ist oder nicht.
Ich finde es unheimlich wichtig, dass psychischen Erkrankungen eine Stimme gegeben wird, da unsere Gesellschaft häufig deren Ernsthaftigkeit nicht in vollem Maße erfasst oder sie im schlimmsten Fall als Anlass zur Belustigung und Mobbing dienen.
Für mich wäre durch eine verständnisvolle und sensibilisierte Gesellschaft ein sehr großer Schritt in die richtige Richtung getan, um Menschen mit psychischen Erkrankungen ein Sicherheitsnetz zu bieten, das in der heutigen Zeit noch viel zu oft große Löcher aufweist.