Ein junges Paar zieht in ein genossenschaftliches Mehrfamilienhaus. Von dieser alltäglichen Situation geht die Autorin aus, und Kapitel für Kapitel lernt der Leser nun die anderen Mitbewohner kennen, die der Zufall hier zusammengebracht hat: Singles, Paare, Familien, alle in unterschiedlichen
Lebensphasen und mit unterschiedlichen Sorgen und Nöten belastet. Das Dachgeschoss entwickelt sich zu…mehrEin junges Paar zieht in ein genossenschaftliches Mehrfamilienhaus. Von dieser alltäglichen Situation geht die Autorin aus, und Kapitel für Kapitel lernt der Leser nun die anderen Mitbewohner kennen, die der Zufall hier zusammengebracht hat: Singles, Paare, Familien, alle in unterschiedlichen Lebensphasen und mit unterschiedlichen Sorgen und Nöten belastet. Das Dachgeschoss entwickelt sich zu einem gemeinsamen Treffpunkt der Wohngemeinschaft, hier kreuzen sich die Wege, werden Neuigkeiten ausgetauscht und die Gemeinschaft wird lebendig gehalten.
Die namenlose Ich-Erzählerin, aus deren Perspektive wir die Hausgemeinschaft erleben, ist eine junge Frau, Ende 20, die sich nach ihrem Studium mit dem Schreiben von Horoskopen für eine Zeitschrift durchschlägt. Passend dazu teilt die Autorin ihren Roman in 12 Kapitel auf, je eines für je ein Sternzeichen im Jahresverlauf. Die einzelnen Kapitel ähneln sich vom Aufbau her. Immer steht ein Horoskop am Anfang, das in seiner verschwurbelten Sprache alles und nichts besagt. Aber die Schlagworte des Horoskops werden im Kapitel aufgegriffen, sodass das Horoskop weniger als Vorhersage denn als Ideen-Steinbruch bzw. Assoziationsspeicher für den Fortgang des Kapitels dient, der wiederum aus einzelnen „Liedern“ besteht: „Lied von der Hygge“, „Lied vom Pärchenabend“, „Lied vom Duschabzieher etc.
Hier erfahren wir dann Einzelheiten zur Wohngemeinschaft. Der Roman folgt dabei keinem Handlungsverlauf, sondern geht eher anekdotisch vor. Manchmal holt die Ich-Erzählerin weiter aus, etwa wenn sie die anrührende Geschichte der lesbischen Großmutter und ihrer Gefährtin Ruth erzählt. Andere Personen werden nur in Schlaglichtern vorgestellt, bei anderen Figuren wieder erkennt der Leser plötzlich das große Leid, das das Leben der Figur bestimmt. Auch für Skurrilität ist gesorgt mit der Figur der Lisa, einer verbohrten, aber liebenswerten Mediävistin, die die Welt mit den Weisheiten altnordischer Sagas retten will. Ihre Tochter Gudrun sieht das allerdings anders. Gudrun leidet unter ihrem Saga-Namen, sie möchte lieber Emma oder Laura heißen so wie alle, worauf die Mutter in aller Ernsthaftigkeit kontert: „Es hätte ja noch viel schlimmer kommen können, sagt Lisa, Torod Digtstump oder Torbjörg Skudebrust“.
Es ist aber nicht nur dieser Humor, der den Roman so lesenswert macht, sondern eher diese Mischung aus Skurrilem, Traurigem, Besonderem und Alltäglichem. Der Blick der Ich-Erzählerin auf ihre Mitmenschen ist freundlich, niemals belehrend, sondern immer verständnisvoll. Niemals erhebt sie den moralischen Zeigefinger oder wird besserwisserisch, sondern sie betrachtet auch die Unzulänglichkeiten ihrer Mitbewohner freundlich und wohlwollend. Und auch wenn sie mit ihren unberechenbaren Assoziationen und sprachlichen Kapriolen für Verblüffung beim Leser sorgt und dort eigene Assoziationen freisetzt, bleibt sie dieser grundsätzlichen Menschenfreundlichkeit treu.
Das letzte Kapitel, „Lied vom Dessert des Lebens“ endet mit dem „Lied über die Liebe“, und mit diesem liebe- und verständnisvollen Blick auf ihre Mitmenschen endet dieser originelle Roman.
LESENSWERT!