Ronald Goffart beschreibt in »Lily« das Leben seiner Großmutter und ihrer Familie als typisches Beispiel dafür, was die große Politik mit den kleinen Leuten macht, die nur ihr Leben leben wollen und von den Herrschaftswechseln wie ein Spielball hin- und hergeworfen werden. Lily leidet unter den Folgen eines Nationalismus, den wir heute in Europa hoffentlich überwunden haben. Malmedy kam durch den Wiener Kongress im Jahre 1815 zum Königreich Preußen. Die »Preußische Wallonie« war gut 100 Jahre lang frankophoner Landesteil Preußens. Nach dem Ersten Weltkrieg, in dem Deutschland das neutrale Belgien (und Luxemburg) überfallen hatte, regelten die Pariser Vorortverträge, dass Eupen-Malmedy Belgien zugeschlagen wurde. 20 Jahre später marschierte die deutsche Wehrmacht unter Hitler wiederum trotz deren Neutralität in Belgien, Luxemburg und den Niederlanden ein. Eupen-Malmedy wurde ans Deutsche Reich angegliedert. 1945 brach dann Deutschland zusammen und die Verhältnisse in Malmedy kehrten sich wieder um. Was bei all diesen Umwälzungen mit den Menschen geschah, wie sie sich jeweils anpassten oder auflehnten, wird meist wenig beachtet. Genau das aber steht in Goffarts berührender Biografie im Mittelpunkt.
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