Die Studie beschreibt und deutet das Verhältnis von Literatur und Politik in Deutschland. Das Verhältnis von Geist und Macht war in Deutschland von vielen wechselseitigen Missverständnissen und falschen Erwartungen bestimmt. Die politische Macht versuchte oft, Einfluss auf die Künste zu nehmen, insbesondere auf die Literatur. Die Schriftsteller näherten sich häufig der Macht an, da sie sich Vorteile davon versprachen. Nur wenige Autoren aber setzten sich in der Diktatur kritisch mit der Macht auseinander, und auch in der Demokratie standen Schriftsteller lange Zeit abseits des politischen Diskurses. Günther Rüthers Leitfrage ist daher: Wurde das Verhältnis von Geist und Macht den Deutschen zum Verhängnis? Im ersten Teil der Untersuchung wird Thomas Mann behandelt, der gleichermaßen in der wilhelminischen Kaiserzeit, in der Weimarer Republik, während des Nationalsozialismus im Exil wie auch während der jungen Bundesrepublik geschrieben hat. Der zweite Teil konzentriert sich auf das Schreiben in der Diktatur, der dritte analysiert die unterschiedlichen Situationen im geteilten Deutschland.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 04.04.2013Große Debatten?
Günther Rüther, Leiter der Abteilung "Begabtenförderung und Kultur" der Konrad-Adenauer-Stiftung, hat seit der Wende eine Reihe von Aufsätzen zum Verhältnis von Schriftstellern und Politik vorgelegt. An Autoren aus der DDR, von Franz Fühmann, Christa Wolf über Volker Braun zu Günter de Bruyn und Hans Joachim Schädlich, hat er so kenntnisreich wie redlich und weitgehend auch ohne retrospektives Besserwissen den Raum zwischen Paktieren mit der Macht, Anpassung und subversiver oder offener Widerständigkeit ausgelotet. Diese Beiträge fasst Rüther nun in einem Buch zusammen, ergänzt um allgemeine Überlegungen zur Situation in Deutschland nach der Wiedervereinigung. Nicht unerwartet kommt der Autor zu dem Ergebnis, dass das Verhältnis zwischen Literatur und Politik kein verhängnisvolles mehr ist. Mit den Schriftstellern ist Rüther aber dennoch nicht zufrieden, selbst mit der von ihm verehrten Herta Müller nicht. Sie beschäftigten sich zu sehr mit den Nachwirkungen des zwanzigsten Jahrhunderts. Dagegen mangele es "an einer Auseinandersetzung über die große globale Perspektive des Zusammenlebens der enger miteinander verbundenen Kontinente in den nächsten Jahrzehnten". Was diese kulturpolitische Phrase bedeuten soll, erfährt der Leser nur negativ: jedenfalls nicht eine Stellungnahme wie "Was gesagt werden muss" von Günter Grass, der sich notorisch überschätze. Obwohl Rüther selbst die Situation nach dem angeblichen Ende der Ideologien als "unklar" beschreibt, sagt er große "Debatten in der Politik, mit der Politik und zwischen den Schriftstellern und Intellektuellen" voraus. Worüber auch immer, der Konrad-Adenauer-Stiftung wird jedenfalls die Arbeit nicht ausgehen. (Günther Rüther: "Literatur und Politik - Ein deutsches Verhängnis?" Wallstein Verlag, Göttingen 2013. 325 S., geb., 14,90 [Euro]). fap
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Günther Rüther, Leiter der Abteilung "Begabtenförderung und Kultur" der Konrad-Adenauer-Stiftung, hat seit der Wende eine Reihe von Aufsätzen zum Verhältnis von Schriftstellern und Politik vorgelegt. An Autoren aus der DDR, von Franz Fühmann, Christa Wolf über Volker Braun zu Günter de Bruyn und Hans Joachim Schädlich, hat er so kenntnisreich wie redlich und weitgehend auch ohne retrospektives Besserwissen den Raum zwischen Paktieren mit der Macht, Anpassung und subversiver oder offener Widerständigkeit ausgelotet. Diese Beiträge fasst Rüther nun in einem Buch zusammen, ergänzt um allgemeine Überlegungen zur Situation in Deutschland nach der Wiedervereinigung. Nicht unerwartet kommt der Autor zu dem Ergebnis, dass das Verhältnis zwischen Literatur und Politik kein verhängnisvolles mehr ist. Mit den Schriftstellern ist Rüther aber dennoch nicht zufrieden, selbst mit der von ihm verehrten Herta Müller nicht. Sie beschäftigten sich zu sehr mit den Nachwirkungen des zwanzigsten Jahrhunderts. Dagegen mangele es "an einer Auseinandersetzung über die große globale Perspektive des Zusammenlebens der enger miteinander verbundenen Kontinente in den nächsten Jahrzehnten". Was diese kulturpolitische Phrase bedeuten soll, erfährt der Leser nur negativ: jedenfalls nicht eine Stellungnahme wie "Was gesagt werden muss" von Günter Grass, der sich notorisch überschätze. Obwohl Rüther selbst die Situation nach dem angeblichen Ende der Ideologien als "unklar" beschreibt, sagt er große "Debatten in der Politik, mit der Politik und zwischen den Schriftstellern und Intellektuellen" voraus. Worüber auch immer, der Konrad-Adenauer-Stiftung wird jedenfalls die Arbeit nicht ausgehen. (Günther Rüther: "Literatur und Politik - Ein deutsches Verhängnis?" Wallstein Verlag, Göttingen 2013. 325 S., geb., 14,90 [Euro]). fap
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