Die vorliegende kurze Literaturgeschichte der Bundesrepublik stellt Romane, Theaterstücke und Gedichte vor, um zu fragen, wie sie auf Herausforderungen und Probleme der Bundesrepublik reagieren: auf das Verhältnis zur nationalsozialistischen Vorgeschichte, auf die Durchsetzung einer offenen Gesellschaft, auf das Verblassen der Utopien und auf die Pluralisierung der Denkweisen und Lebensstile.
Da die Literatur ihre Antworten zu einem großen Teil über die Form gibt, wird das Fortwirken avantgardistischer Errungenschaften genauso betrachtet wie das grundsätzliche Festhalten am Realismus, wird erläutert, wie die
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Was bleibt, wenn man deutsche Lyrik, Prosa und Dramatik auf 120 Seiten komprimiert? Bei von Petersdorff erstaunlich viel. Wie schon in seiner kurzen Lyrikgeschichte in derselben Reihe vermeidet er zu viele Namen, simuliert also keine Vollständigkeit. Die Kunst besteht im Weglassen und der prägnanten Charakterisierung ausgewählter Stücke. Die vier Köpfe auf dem Umschlag erfüllen die Funktion von Signaturen des Zeitalters: Grass als bekanntester Romancier, Enzensberger als scharfsinniger Essayist und Lyriker, Gernhardt als Verteidiger eines poetischen Witzes und Judith Hermann als Sprecherin der coolen Jugend. Dem Buch liegt die These zugrunde, die Literatur sei vornehmlich realistisch orientiert gewesen, ohne deshalb avantgardistische Züge auszusparen. Deshalb rückt von Petersdorff seine Beispiele in den jeweiligen politisch-historischen Kontext. In den fünfziger Jahren gehört Koeppen zu den ersten, die den mental unbewältigten Faschismus aufgreifen, mit der Gruppe 47 entsteht der Geist der Kritik. Für die Sechziger stehen Studentenbewegung, "Kursbuch" und Peter Weiss' und Siegfried Lenz' Flankenangriff auf das Dritte Reich. In den siebziger Jahren betreten mit Botho Strauß erstmals Kinder der Demokratie die Szene und werden wie Peter Schneider zu Chronisten der Protestrepublik. Petersdorff interessiert, was erfolgreich war und wirkte, in den Achtzigern etwa "Das Parfüm" oder "Momo", im Hintergrund gar Udo Lindenberg. Thomas Brussig, Daniel Kehlmann, Christian Kracht, Heiner Müller oder Ingo Schulze dürfen nicht fehlen, wenn sich in den Neunzigern Ost und West durchmischen. (Dirk von Petersdorff: "Literaturgeschichte der Bundesrepublik Deutschland". Von 1945 bis zur Gegenwart. Verlag C.H. Beck, München 2011, 128 S., br., 8,95 [Euro]) kos
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