Dieser Download kann aus rechtlichen Gründen nur mit Rechnungsadresse in A, D, L ausgeliefert werden.
Alex Capus in der Frankfurter Romanfabrik
Erst einmal gibt es etwas zu erzählen in der Romanfabrik, denn dass Alex Capus' neuer Roman "Léon und Louise" in Paris spielt, hat nicht zuletzt mit der Mutter des Autors zu tun. Die blieb auf dem Weg von der Schweiz nach Oxford, wo sie einen Sprachkurs gebucht hatte, auf halber Strecke in Paris hängen, was mit einem kleinen, unsicheren Auto, viel Regen und einem geheimnisvollen Fremden zu tun hatte. "Einen Monat später war sie immer noch in Paris", berichtet Capus, "schon schwanger, und kann bis heute kein Wort Englisch." Der Vater des geheimnisvollen Fremden, Alex Capus' Großvater, hatte zudem ein Geheimnis, eine Geliebte nämlich, mit der er nach dem Tod seiner Frau die letzten 20 Jahre seines Lebens verbrachte. Und daraus, aus Paris, dem Großvater und dem Geheimnis, entstand der Liebesroman um Léon und Louise, die sich in den Wirren zweier Weltkriege immer wieder verlieren und finden.
In seinen bisherigen Romanen nahm sich der Schweizer Autor oft fester umrissene Biographien oder überlieferte Ereignisse zur Vorlage. Diesmal jedoch fabuliert er frei um die dürren Rahmendaten herum. Oder - fabuliert er gar nicht, stimmt es am Ende wirklich, dass der Großvater auf einem Trauergottesdienst in Notre Dame bestand? Und dass dann plötzlich diese Frau auftaucht, die keiner in der Familie je gesehen hat, die sich mit so flinken Händen bekreuzigt, dass die soliden Bauernköpfe gleich erkennen: Das ist keine von uns?
Was Capus auch erzählt oder vorliest, es ist stets sorgfältig durchformt, anekdotisch und schlüssig, mit viel Liebe zum mitunter allzu putzigen charakterlichen Spleen. Ein so grundsympathisches, leicht angeschrägtes Völkchen kennt man ja aus der "Fabelhaften Welt der Amélie". "Alles hängt mit allem zusammen", lautet der dazu passende Gemeinplatz, den Capus dann leider auch auf der Bühne verkündet. Vielleicht liege das an seiner Umgebung, der schweizerischen Kleinstadt Olten, einem anscheinend ebenfalls sehr putzigen Örtchen, in dem er "megaconnected" sei. Dort wohnen allerlei skurrile Charaktere, von denen Capus uns des Weiteren erzählt, und irgendwann verwischt sich alles: Was ist Olten? Was ist Paris? Sind die beiden Städte etwa auch megaconnected? Ist das Leben eine Anhäufung von Anekdoten?
Die Frage bleibt an diesem Abend in der Romanfabrik unbeantwortet, zu gut unterhält sich das kichernde Publikum. Eventuell ist Olten ja überall und besonders da, wo Alex Capus sich gerade aufhält.
ANDREA DIENER
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Perlentaucher-Notiz zur FR-Rezension
© Perlentaucher Medien GmbH
"Die Geschichte einer Liebe, die sich gegen die Weltgeschichte durchsetzen muss. ... Ein fein gearbeitetes Stück Literatur über Glücksverlangen, Sich-Bescheiden und Davonkommen." Martin Ebel, Tages-Anzeiger, 22.02.11
"Dieses Buch wählt sich seine Leser aus: Alex Capus hat mit "Léon und Louise" die bezaubernde Geschichte einer Liebe über die Zeiten hin geschrieben. ... Es geht um viel mehr als eine Liebe im besetzten Paris. ... Eine wunderschöne Geschichte, deren Kraft in ihrer Sprache liegt, zugleich jedoch in all den Dingen, die nicht in die Sprache gezerrt sind." Rose-Maria Gropp, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 12.03.11
"Alex Capus schildert diese ebenso tragischen wie komischen Begebenheiten vor dem Hintergrund der europäischen Geschichte ... Es gelingen ihm fabelhafte Charakterzeichnungen, und mit Feingefühl erkundet sein Roman die traurige Geometrie einer Dreiecksgeschichte, die sogar Léons zart-robuster Ehefrau ein kleines Glücksgefühl beschert." Roman Bucheli, Neue Zürcher Zeitung, 19.03.11
"Ein Paar zum Verlieben." Angela Wittmann, Brigitte, 11/2011
"Unter allen Liebespaaren, glücklichen und unglücklichen, die uns die Literatur je ans Herz gelegt hat, sind Léon und Louise eines der originellsten und überzeugendsten Exemplare." Kristina Maidt-Zinke, Süddeutsche Zeitung, 07.09.11