Young flippert zwischen Bude, Hörsaal und den Betten seiner letzten Tinder-Matches hin und her. Er studiert in Seoul, zusammen mit Jaehee, seiner BFF und Mitbewohnerin, zieht er durch die glitzernden Bars und queeren Clubs der Stadt. Mit noch einem Glas Soju in der Hand und eisgekühlten Marlboro Reds zwischen den Lippen beschwören sie die Euphorie, jede Nacht. Gegen die Ängste, gegen die Liebe, gegen die Ansprüche der Familie und die Not mit dem Geld. Doch als auch Jaehee endlich ankommen will, bleibt Young allein zurück im Partymodus. Mit seiner altgewordenen Mutter, mit dutzenden Liebhabern, von denen kaum einer seinen Namen kennt, mit der Leidenschaft fürs Schreiben und einer Frage: Ist in diesem Land für einen wie mich überhaupt eine Zukunft vorgesehen? Kann ich sie erreichen?
Love in the Big City ist eine Heldengeschichte von gewaltiger Zärtlichkeit und Lässigkeit. Sang Young Park erzählt von Chaos, Freude, Leichtigkeit des Jungseins, und seinen schmerzhaften Grenzen, in einer Gesellschaft, deren Vergangenheit trotz allem Blitzen, Blinken, Träumen seltsam mächtig bleibt … Das Kultbuch aus Südkorea, Porträt einer Generation, Psychogramm eines faszinierenden Landes.
Love in the Big City ist eine Heldengeschichte von gewaltiger Zärtlichkeit und Lässigkeit. Sang Young Park erzählt von Chaos, Freude, Leichtigkeit des Jungseins, und seinen schmerzhaften Grenzen, in einer Gesellschaft, deren Vergangenheit trotz allem Blitzen, Blinken, Träumen seltsam mächtig bleibt … Das Kultbuch aus Südkorea, Porträt einer Generation, Psychogramm eines faszinierenden Landes.
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Rezensent Steffen Gnam liest Sang Young Parks Bestseller von 2019 in der "brillanten" Übersetzung von Jan Henrik Dirks als semiautobiografische Anklage gegen Homophobie in der südkoreanischen Gesellschaft. Das Buch mit seinen Referenzen zu Barthes und Spinoza bietet laut Gnam auch Ansätze zu einer philosophischen Abhandlung über die Liebe und ist zugleich ein Porträt der Stadt Seoul. Wie der Autor die von Demütigungen geprägte Jugend und Militärzeit des homosexuellen Protagonisten und seine hoffnungsvolle Zeit in Seoul schildert, humorvoll, traumartig mitunter, findet der Rezensent bemerkenswert.
© Perlentaucher Medien GmbH
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 26.07.2022Die missbrauchten Liebesbriefe
Dieser Kuss führt direkt in die Psychiatrie: In seinem Roman "Love in the Big City" untersucht Sang Young Park das urbane Leben junger Koreaner.
Sang Young Parks in Korea 2019 erschienener Bestseller, der auf der Longlist des International Booker Prize 2022 stand, ist eine einzige Anklage gegen eine Homosexuellen gegenüber toleranzresistente Gesellschaft. Zugleich ist "Love in the Big City" die Protestschrift eines in eine "Welt des Ignorierens und Ignoriertwerdens" Hineingeworfenen. Als Ergebnis dieser Situation wächst in ihm "das Gefühl, fehl am Platz zu sein, das ich jeden Tag, jeden Augenblick empfand".
Der 1988 in Daegu geborene Autor schildert in seinem halbautobiographisch grundierten Roman die Jugend und Sozialisation eines Homosexuellen im konfuzianischen, von Hierarchien und Stereotypen der Geschlechter und Generationen geprägten Südkorea. Um dem gerecht zu werden, vereinigt Parks Werk eine Reihe teils widersprüchlicher Schattierungen in sich: Es ist zugleich nihilistisch, hedonistisch, ironisch, dunkel und vital, vor allem aber überzeugt der Roman mit seinem gesellschaftliche Brüche und Widersprüche Koreas spiegelnden und überwindenden Sinn für Humor.
Im Zentrum des von Jan Henrik Dirks brillant übersetzten Werks steht das Alter Ego des Autors Young, ein Romanistik-Student und angehender Schriftsteller in Seoul. Park entwirft eine bittere Chronik der Gefühle: von Youngs Jugendzeit, als ihm das Küssen mit einem Oberschüler die Einweisung in eine psychiatrische Klinik, Tabletten und Therapien einbrachte und als er lernte, sich "still zu fügen", über die Zeit beim homophoben Militär, als er sich Fake-Liebesbriefe einer "offiziellen" Freundin zuschicken ließ, bis zu dem vorgetäuschten Liberalismus und üblen Nachreden der Studienzeit.
Parks Bericht rekapituliert Arten der Liebe wie die platonische, mütterliche und romantische Liebe. Die erste Episode "Jaehee" zeigt Analogien in der strukturellen Benachteiligung von Frauen und Homosexuellen. Jaehee ist Youngs Kommilitonin, Trinkkumpanin und beste Freundin, mit der er eine WG teilt: Sie diskutieren ihre aktuellen Männerbekanntschaften oder helfen sich beim Texten von Absagen aus. Ein weiterer Erzählstrang ist die Beziehung zur von Young gepflegten krebskranken Mutter, die als Heiratsvermittlerin arbeitete und auch ihren Sohn unter die Haube bringen möchte. Reminiszenzen an unterdrückte Gefühle der Jugend, versäumte Aussprachen und vergebliches Warten auf eine Entschuldigung der Mutter prägen das Verhältnis.
Die Liaisons und namenlosen Bekanntschaften in Seouls Clubs im Stadtteil Itaewon oder auf Tinder verdichten sich zu einem melancholischen Liebesreigen. Als Young im Kurs "Philosophie der Emotionen" einen antiimperialistischen Aktivisten kennenlernt, scheint sich Ernsteres anzubahnen. Doch die Unfähigkeit des vorgeblich progressiven Freundes, zu sich und seinen Gefühlen zu stehen, gipfelt im Abschiedsgruß, Young solle eine "gute Frau" kennenlernen.
Park kritisiert Fremdsteuerung, Verleugnungsstrategien und programmierte Lebensläufe der Wettbewerbsgesellschaft. Wahre Gefühle verbinden Young nur mit dem Barkeeper Gyuho. Als dieser ihn an der alten Stadtmauer Seouls fragt: "Wollen wir zusammen sein?", erzählt Young von "Kylie", wie er Aids, woran er erkrankt ist, nennt: Sein Freund müsse wissen, dass "ich ich bin, aber auch Kylie". Gyuhos Liebe tut das zunächst keinen Abbruch. Doch auch in der Großstadt Seoul, die als Utopia und platonisches Ideal junger Suchender der eigentliche Protagonist des Buches ist, währt die Liebe trotz der blinkenden Freiheitsversprechen der scheinliberalen Glitzerwelt nicht ewig.
In traumartigen Sequenzen überblendet das Buch die ephemeren Liebschaften des Helden und amouröse Schauplätze wie Seoul und Bangkok, wohin Youngs und Gyuhos Urlaubsreise führt: "Auch in der späten Regenzeit fiel noch Regen, auch wenn alles schon zu spät war, fielen noch Tränen." Mit Referenzen an "Fragmente einer Sprache der Liebe" von Roland Barthes und Spinozas 48 Arten der Emotionen trägt der Roman Züge einer universalphilosophischen Abhandlung über das Mysterium der Liebe und ist zugleich eine Liebeserklärung an die Vielfalt des Universums. STEFFEN GNAM
Sang Young Park: "Love in the Big City". Roman.
Aus dem Koreanischen von Jan Henrik Dirks. Suhrkamp Verlag, Berlin 2022. 251 S., br., 16,- Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Dieser Kuss führt direkt in die Psychiatrie: In seinem Roman "Love in the Big City" untersucht Sang Young Park das urbane Leben junger Koreaner.
Sang Young Parks in Korea 2019 erschienener Bestseller, der auf der Longlist des International Booker Prize 2022 stand, ist eine einzige Anklage gegen eine Homosexuellen gegenüber toleranzresistente Gesellschaft. Zugleich ist "Love in the Big City" die Protestschrift eines in eine "Welt des Ignorierens und Ignoriertwerdens" Hineingeworfenen. Als Ergebnis dieser Situation wächst in ihm "das Gefühl, fehl am Platz zu sein, das ich jeden Tag, jeden Augenblick empfand".
Der 1988 in Daegu geborene Autor schildert in seinem halbautobiographisch grundierten Roman die Jugend und Sozialisation eines Homosexuellen im konfuzianischen, von Hierarchien und Stereotypen der Geschlechter und Generationen geprägten Südkorea. Um dem gerecht zu werden, vereinigt Parks Werk eine Reihe teils widersprüchlicher Schattierungen in sich: Es ist zugleich nihilistisch, hedonistisch, ironisch, dunkel und vital, vor allem aber überzeugt der Roman mit seinem gesellschaftliche Brüche und Widersprüche Koreas spiegelnden und überwindenden Sinn für Humor.
Im Zentrum des von Jan Henrik Dirks brillant übersetzten Werks steht das Alter Ego des Autors Young, ein Romanistik-Student und angehender Schriftsteller in Seoul. Park entwirft eine bittere Chronik der Gefühle: von Youngs Jugendzeit, als ihm das Küssen mit einem Oberschüler die Einweisung in eine psychiatrische Klinik, Tabletten und Therapien einbrachte und als er lernte, sich "still zu fügen", über die Zeit beim homophoben Militär, als er sich Fake-Liebesbriefe einer "offiziellen" Freundin zuschicken ließ, bis zu dem vorgetäuschten Liberalismus und üblen Nachreden der Studienzeit.
Parks Bericht rekapituliert Arten der Liebe wie die platonische, mütterliche und romantische Liebe. Die erste Episode "Jaehee" zeigt Analogien in der strukturellen Benachteiligung von Frauen und Homosexuellen. Jaehee ist Youngs Kommilitonin, Trinkkumpanin und beste Freundin, mit der er eine WG teilt: Sie diskutieren ihre aktuellen Männerbekanntschaften oder helfen sich beim Texten von Absagen aus. Ein weiterer Erzählstrang ist die Beziehung zur von Young gepflegten krebskranken Mutter, die als Heiratsvermittlerin arbeitete und auch ihren Sohn unter die Haube bringen möchte. Reminiszenzen an unterdrückte Gefühle der Jugend, versäumte Aussprachen und vergebliches Warten auf eine Entschuldigung der Mutter prägen das Verhältnis.
Die Liaisons und namenlosen Bekanntschaften in Seouls Clubs im Stadtteil Itaewon oder auf Tinder verdichten sich zu einem melancholischen Liebesreigen. Als Young im Kurs "Philosophie der Emotionen" einen antiimperialistischen Aktivisten kennenlernt, scheint sich Ernsteres anzubahnen. Doch die Unfähigkeit des vorgeblich progressiven Freundes, zu sich und seinen Gefühlen zu stehen, gipfelt im Abschiedsgruß, Young solle eine "gute Frau" kennenlernen.
Park kritisiert Fremdsteuerung, Verleugnungsstrategien und programmierte Lebensläufe der Wettbewerbsgesellschaft. Wahre Gefühle verbinden Young nur mit dem Barkeeper Gyuho. Als dieser ihn an der alten Stadtmauer Seouls fragt: "Wollen wir zusammen sein?", erzählt Young von "Kylie", wie er Aids, woran er erkrankt ist, nennt: Sein Freund müsse wissen, dass "ich ich bin, aber auch Kylie". Gyuhos Liebe tut das zunächst keinen Abbruch. Doch auch in der Großstadt Seoul, die als Utopia und platonisches Ideal junger Suchender der eigentliche Protagonist des Buches ist, währt die Liebe trotz der blinkenden Freiheitsversprechen der scheinliberalen Glitzerwelt nicht ewig.
In traumartigen Sequenzen überblendet das Buch die ephemeren Liebschaften des Helden und amouröse Schauplätze wie Seoul und Bangkok, wohin Youngs und Gyuhos Urlaubsreise führt: "Auch in der späten Regenzeit fiel noch Regen, auch wenn alles schon zu spät war, fielen noch Tränen." Mit Referenzen an "Fragmente einer Sprache der Liebe" von Roland Barthes und Spinozas 48 Arten der Emotionen trägt der Roman Züge einer universalphilosophischen Abhandlung über das Mysterium der Liebe und ist zugleich eine Liebeserklärung an die Vielfalt des Universums. STEFFEN GNAM
Sang Young Park: "Love in the Big City". Roman.
Aus dem Koreanischen von Jan Henrik Dirks. Suhrkamp Verlag, Berlin 2022. 251 S., br., 16,- Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
»Mit Referenzen an Fragmente einer Sprache der Liebe von Roland Barthes und Spinozas 48 Arten der Emotionen trägt der Roman Züge einer universalphilosophischen Abhandlung über das Mysterium der Liebe und ist zugleich eine Liebeserklärung an die Vielfalt des Universums.« Steffen Gnam Frankfurter Allgemeine Zeitung 20220726