Studienarbeit aus dem Jahr 2012 im Fachbereich Geschichte Europas - Mittelalter, Frühe Neuzeit, Note: 1,0, Universität Wien (Geschichte), Sprache: Deutsch, Abstract: Lucrezia Borgia – eine bis heute aufsehenerregende Frauengestalt der Renaissance: Engel oder Hure? Naive unschuldige Schönheit oder skrupellose Giftmischerin? Kaum eine überspitzte Zuschreibung wird ausgelassen, wenn es um die berühmte Papsttochter geht. In der Rezeptionsgeschichte ihrer Person findet man je nach den aktuellen Moralvorstellungen der Zeit sowie den Interessen und Absichten der jeweiligen Autorinnen und Autoren zahlreiche sich widersprechende Charakterisierungen und Bewertungen. Ihre bloße Existenz zeugte in den Augen der katholischen Welt bereits von verwerflicher Unsittlichkeit, ist sie doch die Tochter des späteren Papstes Alexander VI. und einer Kurtisane. Ihr Vater, das Haupt der berühmt-berüchtigten Borgia-Familie, übte nicht nur zentralen Einfluss auf ihr Leben aus, er spielte auch eine wesentliche Rolle bei der Beurteilung ihrer Person. Für viele warf sich die Frage auf, ob Lucrezia, ein Produkt der Unkeuschheit und Unterdrückung ihres Vaters, überhaupt eine moralisch einwandfreie Persönlichkeit entwickeln konnte. War sie der Herrschsucht und Macht des Vaters willenlos ausgeliefert oder war sie gar eine grausame Komplizin bei den skandalösen Machenschaften der Borgias? Welches der differierenden Frauenbilder ihr auch zugeschrieben wurde, eines wird bei der Beschäftigung mit der Geschichte der Lucrezia Borgia klar: Definiert wurde sie in den überwiegenden Fällen durch ihre Familie und ihr Äußeres, was im Anbetracht der Umstände wenig verwundert, war die absolute Deutungs- und Wertungsmacht dieser Zeit doch einer geistigen und weltlichen Männerelite vorbehalten. So lassen sich hinter den verschiedenen Werturteilen über Lucrezia meist auch individuelle Wünsche und Idealvorstellungen oder Konflikte der Männer mit der Frauenwelt insgesamt kontrastieren, damals sowie auch heute.