»Vorzüglich geschrieben und vorzüglich zu lesen (…) – ohne Zweifel ein Gewinn.« MITTELBAYERISCHE ZEITUNG »Ein zitatenreiches und unterhaltsames Porträt. « FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG Er hasste Krieg und führte zwei bewaffnete Kämpfe. Er sah sich als König von Gottes Gnaden und ordnete sich dem Kaiser unter. Er bevorzugte die Einsamkeit und suchte ständig nach einem Vertrauten. König Ludwig II. von Bayern (1845–1886) reagierte auf seine Zeit mit einem veralteten und religiös verklärten Verständnis vom Königtum. Sein Beharren auf das »wahre, echte« Königsamt bewirkte das Gegenteil: Ludwig II. verlor sich selbst in der Realität eines mäßig mächtigen Staates und wurde 1886 seines Thrones und seines Lebens beraubt. Die Biografie berücksichtigt den neuesten Forschungsstand und bietet zugleich überraschende Einblicke und Deutungen.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 27.04.2011Volksfern
Ludwig II. von Bayern
Immer wieder Ludwig, dessen 125. Todestag bevorsteht. Hermann Rumschöttel konzentrierte sich mehr auf die Stellung im außen- und innenpolitischen Machtgefüge sowie die Wirkung in der Nachwelt (F.A.Z. vom 7. März), während Marcus Spangenberg jetzt das selbst gefühlte Gottesgnadentum und den vereinsamten Menschen in den Mittelpunkt eines zitatenreichen und unterhaltsamen Porträts stellt. Der Leser erfährt, dass die Lockenpracht "ein Ergebnis täglicher Frisier-Kunst mit dem Brennstab war", dass Ludwig die Zahnpflege vernachlässigte, in seinen letzten Lebensjahren an starkem Mundgeruch litt und ab und zu ein parfümiertes Tuch vor seinen Mund hielt: "Es ist gut nachvollziehbar, dass der König sich selbst gegenüber und den Menschen zunehmend unleidlich wurde und der körperliche Verfall die Distanz zur Öffentlichkeit vergrößerte." Den Umgang mit Frauen empfand der Monarch "entnervend" und den mit Reitknechten schätzte er so sehr, dass der Justizminister dem Kabinettssekretär Ende 1865 über Gerüchte berichtete, "Seine Majestät sei ein Spinatstecher".
Es gibt laut Spangenberg keine Beweise für sexuelle Handlungen an Untergebenen oder gar "für Missbrauch", aber die Tagebucheintragungen des Königs über Umarmungen und Küssen von Männern: "Er war nicht rein und sündenlos wie Lohengrin oder Parzival, sosehr er auch nach diesem Ideal strebte." Ludwig habe als Erster die künstlerische Ausnahmeerscheinung Richard Wagners erkannt, die Dramen von Friedrich Schiller geschätzt und in Ludwig XIV. sein größtes Vorbild gesehen. Herrenchiemsee sei "nicht nur in Teilen eine Kopie von Versailles, sondern eine Weiterentwicklung". Im Bau von Schlössern sah er nach eigener Aussage seine "Hauptlebensfreude", ob es sich um Linderhof oder Neuschwanstein oder die nicht über das Planungsstadium hinausgekommene Raubritterburg auf dem Falkenstein bei Pfronten im Allgäu handelte. Er habe nicht begriffen, dass die Macht eines Königs "im 19. Jahrhundert von der Akzeptanz und der Zuneigung des Volkes abhing". Attentatsängste hätten ihn geplagt, besonders bei Aufenthalten in München, und der modernen Sozialgesetzgebung Ende der sechziger Jahre habe er keine besondere Aufmerksamkeit entgegengebracht. Durch den "nicht vollständig geklärten Tod" des gerade entmündigten und in Schloss Berg festgesetzten 41 Jahre alten Königs am 13. Juni 1886 im Starnberger See wurde "ein Mythos geboren, der es bis heute ermöglicht, dass Menschen sich in der Person König Ludwigs mit Bayern identifizieren. Zugleich gilt Ludwig als Symbol für die Königsverehrung schlechthin. Zu Lebzeiten blieb ihm diese landläufige Bewunderung allerdings versagt", resümiert der Autor.
RAINER BLASIUS
Marcus Spangenberg: Ludwig II. Der andere König. Verlag Friedrich Pustet, Regensburg 2011. 176 S., 14,90 [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Ludwig II. von Bayern
Immer wieder Ludwig, dessen 125. Todestag bevorsteht. Hermann Rumschöttel konzentrierte sich mehr auf die Stellung im außen- und innenpolitischen Machtgefüge sowie die Wirkung in der Nachwelt (F.A.Z. vom 7. März), während Marcus Spangenberg jetzt das selbst gefühlte Gottesgnadentum und den vereinsamten Menschen in den Mittelpunkt eines zitatenreichen und unterhaltsamen Porträts stellt. Der Leser erfährt, dass die Lockenpracht "ein Ergebnis täglicher Frisier-Kunst mit dem Brennstab war", dass Ludwig die Zahnpflege vernachlässigte, in seinen letzten Lebensjahren an starkem Mundgeruch litt und ab und zu ein parfümiertes Tuch vor seinen Mund hielt: "Es ist gut nachvollziehbar, dass der König sich selbst gegenüber und den Menschen zunehmend unleidlich wurde und der körperliche Verfall die Distanz zur Öffentlichkeit vergrößerte." Den Umgang mit Frauen empfand der Monarch "entnervend" und den mit Reitknechten schätzte er so sehr, dass der Justizminister dem Kabinettssekretär Ende 1865 über Gerüchte berichtete, "Seine Majestät sei ein Spinatstecher".
Es gibt laut Spangenberg keine Beweise für sexuelle Handlungen an Untergebenen oder gar "für Missbrauch", aber die Tagebucheintragungen des Königs über Umarmungen und Küssen von Männern: "Er war nicht rein und sündenlos wie Lohengrin oder Parzival, sosehr er auch nach diesem Ideal strebte." Ludwig habe als Erster die künstlerische Ausnahmeerscheinung Richard Wagners erkannt, die Dramen von Friedrich Schiller geschätzt und in Ludwig XIV. sein größtes Vorbild gesehen. Herrenchiemsee sei "nicht nur in Teilen eine Kopie von Versailles, sondern eine Weiterentwicklung". Im Bau von Schlössern sah er nach eigener Aussage seine "Hauptlebensfreude", ob es sich um Linderhof oder Neuschwanstein oder die nicht über das Planungsstadium hinausgekommene Raubritterburg auf dem Falkenstein bei Pfronten im Allgäu handelte. Er habe nicht begriffen, dass die Macht eines Königs "im 19. Jahrhundert von der Akzeptanz und der Zuneigung des Volkes abhing". Attentatsängste hätten ihn geplagt, besonders bei Aufenthalten in München, und der modernen Sozialgesetzgebung Ende der sechziger Jahre habe er keine besondere Aufmerksamkeit entgegengebracht. Durch den "nicht vollständig geklärten Tod" des gerade entmündigten und in Schloss Berg festgesetzten 41 Jahre alten Königs am 13. Juni 1886 im Starnberger See wurde "ein Mythos geboren, der es bis heute ermöglicht, dass Menschen sich in der Person König Ludwigs mit Bayern identifizieren. Zugleich gilt Ludwig als Symbol für die Königsverehrung schlechthin. Zu Lebzeiten blieb ihm diese landläufige Bewunderung allerdings versagt", resümiert der Autor.
RAINER BLASIUS
Marcus Spangenberg: Ludwig II. Der andere König. Verlag Friedrich Pustet, Regensburg 2011. 176 S., 14,90 [Euro].
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