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Ludwig II. von Bayern
Am 13. Juni 2011 jährt sich der Tod des "Märchenkönigs" zum 125. Male. Bayern wird ihm von Mitte Mai an die diesjährige Landesausstellung widmen. Wer sich darauf vorbereiten will, dem bietet Hermann Rumschöttel, früherer Generaldirektor der Staatlichen Archive Bayerns, einen sehr kurzweiligen und informationsreichen Einstieg. Im Anschluss an Forschungen von Christoph Botzenhart plädiert er dafür, das lange vorherrschende Urteil über Ludwigs "Abwendung von den Regierungsgeschäften" zu revidieren. Obwohl die meisten Unterlagen des Kabinetts bewusst vernichtet wurden oder im Zweiten Weltkrieg verbrannten, finden sich in Akten der Ministerien Zehntausende von königlichen Willensäußerungen in Form von Signaten. Außerdem habe sich Ludwig täglich mit einem Dutzend Anträgen befasst und darüber entschieden. Rumschöttel weist auf die sogar für Preußen als Vorbild dienende Sozialgesetzgebung - nicht zuletzt wegen der großen Angst vor der politischen Arbeiterbewegung - und auf den 1878 eingesetzten Verwaltungsgerichtshof hin, der "eine umfassende Kontrolle der öffentlichen Verwaltung sicherstellen soll und als eine der größten Errungenschaften des sich entwickelnden Rechtsstaates angesehen werden kann".
Die maßlose Verehrung für Richard Wagner interpretiert der Biograph als eine Form der Kunsthörigkeit, die wesentlich zur Reform des Musiktheaters beitrug. Überhaupt müsse der vor Einfällen sprühende Bauherr als Grenzgänger verstanden werden: "Immer wieder überschreitet er nach beiden Seiten eine Grenze zwischen Vergangenheit und Gegenwart, Traum und Wirklichkeit, Realität und Irrationalismus, absolutistischem Majestätsbewusstsein und volksnahem Herrschertum, Natur und Kunst, Regierungspflicht und Künstlerfreiheit, Gesundheit und Krankheit, sexueller Konvention und Libertinage."
Was die Absetzung des erst 41 Jahre alten Monarchen im Juni 1886 auf der Grundlage des Gutachtens des Psychiaters Bernhard von Gudden betrifft, so enthalte dies "keine ausreichenden Anhaltspunkte für die Diagnose einer Schizophrenie nach heute gültigen Kriterien". Die genauen Todesumstände am Pfingstmontag sind ungeklärt. Es sei davon auszugehen, dass Ludwig II. nach dem Abtransport von Neuschwanstein seine demütigende Lage erkannt und bei seinem Gang in den Tod im Starnberger See den Arzt Gudden mitgerissen habe. "Ludwigs Schulden in Höhe von etwa 14 Millionen Mark sind ohne Zuhilfenahme des Staatshaushalts bis Ende 1901 restlos getilgt", bilanziert Rumschöttel. Mobiliarverkäufe und Einnahmen aus Urheberrechten einiger Werke Wagners trugen dazu bei. Der oft verklärte, verkitschte und vermarktete "Kini" und seine Prachtschlösser sind für Bayerns "Tourismus und Medienproduktion ein Wirtschaftsfaktor erster Ordnung".
RAINER BLASIUS
Hermann Rumschöttel: Ludwig II. von Bayern. Verlag C. H. Beck, München 2011. 128 S., 8,95 [Euro].
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
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