Studienarbeit aus dem Jahr 2006 im Fachbereich Germanistik - Komparatistik, Vergleichende Literaturwissenschaft, Note: 1,7, Freie Universität Berlin (Peter Szondi Institut für Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft), Veranstaltung: Hauptseminar Berlin-Bilder der 30er und 40er Jahre, Sprache: Deutsch, Abstract: Noch nicht lange hat das Thema Bombenkrieg gegen deutsche Städte in den Medien Konjunktur. 1995, als sich das Kriegsende zum 50. Mal jährte, wurden (wie Klaus Neumann dargestellt hat) die Erlebnisse der deutschen Stadtbevölkerung noch eher zaghaft und unsicher diskutiert. Noch 50 Jahre nach den Ereignissen gab es keinen Konsens des Gedenkens, kein gefestigtes Geschichtsbild. Es wurde schnell deutlich, dass die Zeit, in der der Krieg aus den fernen Ländern in die Heimat kam, keinen festen Platz im kulturellen Gedächtnis der Deutschen hatte. Und so war diese erstmalige Diskussion des Luftkriegs gegen deutsche Zivilisten ein Wagnis. Denn die Bahnen, in denen sie verlaufen würde und die Erinnerungen, die zutage treten würden, waren weitgehend unbekannt. Vielleicht aus der Erkenntnis, nicht mehr lange diese Möglichkeit zu haben, wurden in diesen Wochen viele Zeitzeugen angehört und lebendige Erinnerungen festgehalten. Für viele der Betroffenen war dies eine ungeahnte Aufwertung und erstmalige gesellschaftliche Anerkennung ihrer Erinnerungen, denn zum ersten mal seit Bestehen der Bundesrepublik (in der DDR war an eine ehrliche Debatte über dieses Thema gar nicht zu denken) wurde plötzlich über den Luftkrieg - und auch über mögliche Gründe für das lange Schweigen darüber - gesprochen. Die Präsenz des Themas in den Medien mag ein Anlass für den Schriftsteller und Literaturwissenschaftler W.G. Sebald gewesen sein, eine von ihm schon 1982 zum ersten mal geäußerte und damals kaum wahrgenommene These wieder aufzugreifen und 1997 in einer dreiteiligen Zürcher Universitätsvorlesung weiterzuentwickeln: Die These vom Versagen der gesamten deutschen Literatur vor dem Luftkrieg gegen deutsche Städte. Die Bombennächte und -tage seien, geradezu von einem Tabu belegt, in der deutschsprachigen Literatur nie angemessen zur Sprache gekommen, so Sebald. Nun - in den Jahren nach 1997 - schien die Zeit für eine breite Diskussion dieser These endlich gekommen. Zunächst fand sie im deutschsprachigen Feuilleton und nach Veröffentlichung der Vorlesung als Essay im Jahre 19994 auch in einigen wissenschaftlichen Untersuchungen statt. Weitgehend missachtet oder gar ignoriert wurde in der Diskussion um die Fragen, welche literarischen Zeugnisse des Luftkriegs es gibt und wie Literatur überhaupt reagieren kann auf solch ein kollektives Trauma, das eigentlich Naheliegendste: die dokumentarische und insbesondere die Tagebuchliteratur derer, die dabei waren.
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