Volker Stolle fördert in seinem Beitrag »Lutherische Gemeinde formende Predigt« Erstaunliches zutage. Er führt uns in die Tage Johann Gottfried Scheibels an die Elisabethkirche zu Breslau in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts und greift damit zurück auf den Anfang der Ereignisse, die das erwähnte Gespräch zwischen SELK und UEK in unseren Tagen erst nötig machen. Stolle unterstreicht, dass sich Scheibel für seinen Einspruch gegen die preußischen Unionsbemühungen darauf berief, er sei Vertreter einer lutherischen Gemeinde. Begründet ist dies für Scheibel aber in seiner lutherischen Predigttätigkeit und nicht etwa im Vorhandensein einer körperschaftlich verfassten lutherischen Gemeinde an St. Elisabeth. Scheibel macht dabei ganz ernst mit CAVII und vertraut darauf, dass evangeliumsgemäße Verkündigung gar nicht anders kann als schließlich (lutherische) Gemeinde zu konstituieren. Unberücksichtigt lässt er dabei zunächst, dass es diese Gemeinde als konkrete Sozialgestalt (noch) gar nicht gab. Dies mag aus heutiger Sicht kurios anmuten, besonders wenn man die immer stärkeren Bemühungen unserer Tage um die Kirchensoziologie bedenkt. Umso bemerkenswerter ist es von daher, dass sich tatsächlich eine solche lutherische Gemeinde und Kirche in Breslau und Preußen gebildet hat. Vielleicht kann das auch heute noch eine Ermutigung an Prediger sein, von ihrem Tun mehr zu erwarten ? wenn es denn evangeliumsgemäß ist. Dass die Berücksichtigung der Kirchensoziologie samt ihrer theologischen Implikationen einen eigenen Erkenntniswert hat und dass es eine Kirche ohne sichtbare Sozialgestalt dauerhaft nicht gibt, steht auf einem andern Blatt.
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