Den Beiträgen des vorliegenden Hefts von Lutherische Theologie und Kirche liegt als geheimes gemeinsames Thema die Frage nach der Wahrheit zugrunde. So fragt zuerst Christian Neddens in seinem Text mit dem Titel »Glaubensgewissheit und Anerkennung« nach den Möglichkeiten, von einem bewusst lutherischen Standpunkt aus den offenen Dialog auch mit anderen Religionen zu führen. In einer pluralistischen Gesellschaft, die in der beginnenden zweiten Dekade des 21. Jahrhunderts zunehmend von Intoleranz und Fundamentalismen bedroht ist, scheint gerade interreligiöse Gesprächsfähigkeit ein wichtiges Desiderat zu sein. Neddens spielt mehrere Möglichkeiten durch, wie Gewissheit und Anerkennung zusammenklingen können. Wir geben einen Text von Andreas Pflock wieder, der danach fragt, wie festgeklopft eigentlich vermeintliche »Wahrheiten« seines Faches, des Neuen Testaments, sind. Dabei geht es namentlich darum, ob der Jakobusbrief - wie in der Fachwelt angenommen - tatsächlich ein ungeordnetes Florilegium einzelner Gedanken ist, oder ob sich nicht doch ein durchdachter Aufbau und damit eine gedankliche Gliederung ausmachen lässt Pflock findet: beides, und mich jedenfalls überzeugt das. Es folgt ein Beitrag von Jonathan Rehr mit dem Titel »Der Gnadenstuhl als Abbild und Vorbild Christi« eine Auslegung von Texten über die Bundeslade durch den Württemberger Reformator Johannes Brenz. Seine Beobachtungen an den Auslegungen des 16. Jahrhunderts stellen vermeintliche »Wahrheiten« unserer zeitgenössischen Exegese, z.B. über das Verhältnis von Altem und Neuem Testament, auf den Prüfstand. Im nächsten Beitrag lässt uns Volker Stolle an einer echten Entdeckung teilhaben. Er dokumentiert einen bisher unedierten Brief des altlutherischen Superintendenten Wilhelm Brachmann (Halle/Saale) aus dem August 1945. Brachmann verfasst eine Art Rundschreiben und gibt Auskunft über den Zustand seiner Kirche sowie zahlreicher ihrer Pastoren nach dem Zusammenbruch von Nazi-Deutschland und in den Wirren dieser Zeit Insbesondere Stolles detaillierte Anmerkungen zu den vielen erwähnten Personen lassen den Text zu einem Zeitdokument werden. In eigener Sache: Mit dem folgenden Jahrgang wird die Schriftleitung dieser Zeitschrift auf Christian Neddens übergehen. Nachdem ich diese Aufgabe nun annähernd zwölf Jahre innehatte, wende ich mich anderen Dingen zu. Ich danke allen, die in dieser Zeit Texte verfasst oder mich mit Rat und Tat begleitet haben! (Editorial von Schriftleiter Achim Behrens)
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